Das erste Freie Training, das erste Qualifying, die erste Startaufstellung - all das haben wir hinter uns. Jetzt warten wir gespannt auf das erste Rennen. Bis es soweit ist wird es gleich zweimal Nacht. Einmal ist es das schon - in Melbourne. Ein weiteres Mal wird es das in der europäischen Heimat. Dann geht es los - und zwar so...

1. - S wie Startaufstellung

Die erste Startreihe der ersten Startaufstellung des ersten Rennens hatten einige so erwartet. Kimi Räikkönen und Fernando Alonso wurden schon vorher als Favoriten gehandelt. Das gilt auch für Felipe Massa, aber dessen Fehlen an der Spitze ist auf sein technisches Problem, nicht auf eine große Überraschung zurückzuführen. Für die Überraschung sorgten andere.

Gefeiert wie ein Sieg: Satos 10. Platz., Foto: Sutton
Gefeiert wie ein Sieg: Satos 10. Platz., Foto: Sutton

Etwa Nick Heidfeld, der seiner Rolle als Geheimtipp gerecht wurde und von Platz 3 starten wird. Oder Lewis Hamilton, der in seinem ersten Qualifying direkt in die zweite Reihe fuhr. Oder Heikki Kovalainen der erst gar nicht in die Runde der letzten Zehn kam.

Das gelang dafür beiden Toyota und Takuma Sato im Super Aguri. "Ich bin sehr überrascht, dass Toyota und Super Aguri die Reifen auf einer Runde so gut benutzen können", war auch Alexander Wurz baff. "Das heißt aber, dass sie auf Long Runs nicht so schnell sind." Nicht so schnell wie im Vorjahr war Renault. "Wie erwartet wurde unsere Rolle als Außenseiter statt Favorit bestätigt", war Motorenmann Denis Chevrier davon nicht überrascht. "Aber wir haben heute nicht das Maximum herausgeholt", glaubt Giancarlo Fisichella. "Meine Position hinter McLaren und Ferrari haben wir erwartet, aber ich verlor auf meiner letzten schnellen Runde Zeit im Verkehr." Die BMW wähnt man bei Renault in Reichweite.

2. - S wie Start

Der Start ist in Melbourne eine heikle Angelegenheit, fast in jedem Jahr kam es hier in der Vergangenheit zu einem Unfall. Im letzten Jahr schaffte Felipe Massa keine Umrundung des Kurses, Jacques Villeneuve und Ralf Schumacher gaben schon Flugeinlagen. "Hier kann einiges passieren", betont Alex Wurz. "In der ersten oder auch in der zweiten Kurve."

Bei Renault weiß man um dieses Problem, gerade im dicht gepackten Mittelfeld. "Heikki muss vor allem zunächst verhindern, an der ersten Kurve in jedwede Scharmützel verwickelt zu werden", sagte Technikchef Bob Bell. Andererseits hofft er vorne auf einige Platzgewinne für Fisichella. "Für Giancarlo wäre es das Beste, wenn er direkt beim Start einige Konkurrenten passieren und dann ein konstantes Rennen fahren könnte."

Das wünscht sich auch der Italiener. "Hoffentlich kann ich am Start Plätze gutmachen und dann um einen Podestplatz kämpfen", hegt er sogar große Pläne. Aber auch Kovalainen hat einen Punktgewinn noch nicht aufgegeben. "Ich muss mich gleich beim Start durchboxen, so durch die erste Kurve kommen, dass ich noch alle Flügel dran habe und die Räder in die richtige Richtung zeigen."

Nico Rosberg ist mit seinem Platz nicht zufrieden., Foto: Sutton
Nico Rosberg ist mit seinem Platz nicht zufrieden., Foto: Sutton

Ob Renault noch immer mit den Raketenstarts aus den Vorjahren punkten kann, lässt sich momentan nicht sagen. "Wir hatten auch immer gute Starts", sagt Nick Heidfeld, "aber ob wir noch immer stärker sind, sehen wir erst morgen." Einen Reifenvorteil sieht Nick beim Start nicht. "Weiche Reifen sollten einen kleinen Vorteil bieten, aber nicht genügend, um einen Platz zu gewinnen."

3. - S wie Strecke

Überhaupt finden Überholmanöver auf dem Stadtkurs im Albert Park nicht gerade im Überfluss statt. "Die Strecke bietet nicht gerade viele Stellen zum Überholen, aber man muss sie alle nutzen", sagt Kovalainen, der darauf angewiesen ist, wenn er von Platz 13 nach vorne kommen will.

Die beste Überholmöglichkeit bietet sich am Ende der Start- und Zielgeraden. Dort kann man mit einem mutigen Bremsmanöver am ehesten einen Ausbremsversuch starten.

Von der Charakteristik her ist der Kurs im Albert Park mittelspektakulär. Relativ kurzen Geraden schließen sich oft recht enge Kurven oder Schikanen an. Lediglich die Turns sieben und acht, sowie 11 und 12 versprechen höhere Kurvengeschwindigkeiten. Der Abtrieb ist trotz der zahlreichen Kurven nicht so hoch sein wie in Monaco, da es doch noch ein paar schnellere Abschnitte gibt. Deswegen ist die Durchschnittsgeschwindigkeit in Melbourne auch überraschend hoch, berücksichtigt man die vielen Turns, die im zweiten oder dritten Gang gefahren werden.

4. - S wie Setup

Melbourne ist ein Stop-and-Go-Kurs mit hohem Abtriebslevel, der die Bremsen stark beansprucht, weshalb man bei der Fahrzeugabstimmung besonders auf eine gute Bremsstabilität achtet. Bei der Aufhängung ist hier mehr noch als auf permanenten Rennkursen ein Kompromiss gefragt aus einem Setup, das steif genug ist, um in den Schikanen schnelle Richtungswechsel zu erlauben und weich genug, damit das Auto beim harten Bremsen stabil bleibt, ohne die Räder zu blockieren.

Die Reifen sind auch 2007 entscheidend., Foto: Sutton
Die Reifen sind auch 2007 entscheidend., Foto: Sutton

Das Abtriebslevel im Albert Park ist mittel bis hoch und soll den Piloten die bestmögliche Traktion beim Herausbeschleunigen aus den langsamen Kurven verleihen. Der Kurs in Melbourne weist sechs wichtige Bremszonen auf, in denen aus rund 300 km/h verzögert wird. Die Bremsen werden also stark beansprucht. Zu heiße Bremsanlagen neigen zum Oxidieren, weswegen die Bremskühlung besondere Beachtung findet.

Mit einem Vollgasanteil von 69 Prozent zählt Melbourne zu den anspruchsvolleren Kursen für das Triebwerk. Statt hoher Spitzenleistung ist im Sinne der Beschleunigung aus niedrigen Touren ein gutes Drehmoment gefragt. Durch die relativ niedrigen Temperaturen und den hohen Luftdruck (um 1010 Millibar) entwickeln die Motoren mehr Leistung. Dadurch werden einige bewegliche Teile größeren Belastungen ausgesetzt. Deswegen ist die Kühlung dieser Komponenten von großer Bedeutung.

5. - S wie Strategie

Sie ist das größte Fragezeichen vor dem ersten Saisonrennen - die Strategie. "Ich glaube nicht, dass es richtig große Strategiemanöver geben wird", sagt Alexander Wurz. Mario Theissen ist da ganz anderer Meinung. "Es wird ein richtiges Strategiespiel, das die ganze Saison knifflig bleiben wird."

Der Grund dafür ist an jeder Ecke der Autos zu finden: "Ein Reifen der am Freitag nichts getaugt hat, kann im Rennen plötzlich funktionieren", begründet Theissen seine Prognose. Verantwortlich dafür können gestiegene Temperaturen oder mehr Gummiabrieb auf der Strecke sein. Da die Fahrer seit diesem Jahr beide Reifenmischungen im Rennen einsetzen müssen, kann es zu wechselnden Kräfteverhältnissen kommen - je nach aktuell aufgezogener Reifenmischung. Im Zusammenspiel mit der Spritmenge wird die richtige Reifenwahl somit zum alles entscheidenden Schlüsselfaktor der Rennstrategie. Von diesen Strategien erwartet Theissen schon im ersten Rennen eine Vielzahl.

BMW Sauber ist immer noch ein Geheimtipp., Foto: Sutton
BMW Sauber ist immer noch ein Geheimtipp., Foto: Sutton

"Wenn du mit den weichen Reifen zurecht kommst, kann der Unterschied recht groß sein", sagt Wurz über die beiden zur Verfügung stehenden Mischungen. "Bei manchen Autos ist aber kein Unterschied vorhanden." Wie groß der Unterschied zwischen den beiden Mischungen am eigenen Auto ist, wollte erwartungsgemäß kein Fahrer verraten. Nur so viel: "Die weichere ist auf eine Runde die schnellere, langfristig aber nicht, weil die Vorderreifen Graining bilden", sagte Nick Heidfeld. "Für einen langen Stint ist klar der harte Reifen besser." Der Deutsche dürfte übrigens auf einer anderen Strategie unterwegs sein als sein Teamkollege Kubica. "Das kann ich natürlich nicht beantworten", sagte er lachend. "Sonst werde ich gefeuert." Sein Chef Mario Theissen möchte "erst nach dem Rennen" darüber sprechen, wie gut die Qualifyingleistung seiner beiden Schützlinge war. "Reicht das als Hinweis?"

6. - S wie Sonntagswetter

Bislang machte das Wetter in Melbourne was es möchte. Zwar findet des Rennen früher als im letzten Jahr statt, als es in den April gerutscht war, doch ist es kühler als bei früheren Saisonauftaktrennen Anfang März. Denn in Australien verabschiedet sich der Sommer so langsam. Am Freitag regnete es in beiden Sessions, am Samstag war es am Morgen leicht feucht. Für den Sonntag sagen die Wetterfrösche eine geringe Regenwahrscheinlichkeit voraus. Die Temperaturen sollen mittags um die 22 Grad liegen.

7. - S wie Spannung

Es ist das erste Rennen des Jahres, das allein sollte schon Spannung genug bieten. Wie sieht das Kräfteverhältnis wirklich aus? Wie schlagen sich Räikkönen, Alonso & Co in ihren neuen Teams? Welcher Deutsche fährt sich ins Rampenlicht? Ist BMW Sauber schon an den Spitzenteams dran? Die Spannungsmomente sind mannigfaltig.

Und nur weil Felipe Massa von Platz 16 starten muss, darf man auch den zweiten Ferrari-Fahrer nicht abschreiben. Mario Theissen hat das jedenfalls noch nicht. "Es hängt davon ab, wie der Reifen auf dem Long Run funktioniert", sagt er. Für sein Team wäre der große Coup ein Podiumsplatz, den auch Nick Heidfeld zum Ziel auserkoren hat.

Dazu muss er aber Lewis Hamilton und Giancarlo Fisichella hinter sich halten. "Ich bin davon überzeugt, dass unsere Renn-Pace sehr nah an der unserer Konkurrenten liegt", fordert Bob Bell die Weiß-Blauen heraus. "Und wir scheinen in dieser Beziehung auf jeden Fall besser aufgestellt als BMW." Nur mit Ferrari will sich niemand messen. "Die Stärke von Ferrari habe ich erwartet. Ich kann mir sogar vorstellen, dass deren Vorsprung im Rennen noch größer wird als auf eine einzelne schnelle Runde", sagte Heidfeld. Bell sieht trotzdem noch einen Hoffnungsschimmer. "Felipe Massas Problem beweist, dass derzeit alles noch am seidenen Faden hängt. Die Rennwagen sind noch neu. Und auch wenn wir alle viele tausend Testkilometer abgespult, können bei allen jederzeit Probleme mit der Zuverlässigkeit auftreten." Der Saisonauftakt ist also völlig offen.