Also gut, Sie kennen das Spielchen: Der erste Trainingstag ist vorbei, das Ergebnis steht, die Sessions sind gefahren, die Stimmen eingefangen. Jetzt geht es ans Eingemachte. Wie haben sich die fünf Deutschen und der eine Österreicher geschlagen?

Im wörtlichen Sinne natürlich gar nicht, auch wenn ein polnisches Boulevardblatt die Story ersann, dass Nick Heidfeld und Sebastian Vettel bei den Tests in Bahrain handgreiflich geworden sein sollen. Im übertragenen Sinne lief es wie erwartet. Aber der Reihe nach...

Beginnen wir wie gewohnt mit dem schnellsten Deutschen, er saß in einem Ferrari und fuhr die Bestzeit. Stopp. Die holte sich ja dessen Ex-Teamkollege Felipe Massa. Die Rolle des besten Deutschen musste somit ein anderer ausfüllen, und zwar genau der, dem das vor Saisonbeginn auch am ehesten zugetraut wurde. Nick Heidfeld bestätigte mit Platz 5 im zweiten Training die gute Testform von BMW Sauber.

Nur ein defekter Auspuff bremste ihn zwischenzeitlich aus. Für den Rest des Wochenendes hat er deshalb nur einen Wunsch: "Wir hatten beim Testen ein paar Probleme mit der Standfestigkeit, deswegen ist auch für uns das Ankommen das Wichtigste. Dann wollen wir ein paar Punkte einfahren und es wird hoffentlich nicht der achte Platz."

Ralf gibt sich optimistisch, doch er weiß es wohl besser..., Foto: Sutton
Ralf gibt sich optimistisch, doch er weiß es wohl besser..., Foto: Sutton

Diesen achten Platz belegte im 2. Training der nächste Deutsche. Das muss er nun aber sein, der Ferrari-Fahrer mit den vielen Titeln im Gepäck. Wieder falsch. Nico Rosberg ergatterte sich in seinem Williams die achtschnellste Zeit - auch er bestätigte damit die positiven Testeindrücke. Da störte es ihn auch nicht, dass er im 1. Training zuschauen musste, weil Testfahrer Kazuki Nakajima in seinem Auto saß. Durch den Regen waren die ersten 90 Minuten ohnehin ohne große Bedeutung.

Viel wichtiger stufte Nico das neue Aeropaket ein, an dem man aber noch ein bisschen feilen müsse. Ansonsten ist das Training für ihn sehr gut verlaufen. "Wir sind mit dem Endergebnis echt happy - aber es kommt natürlich noch etwas." Am liebsten in Form einer Top10-Startplatzierung.

Sein Teamkollege Alexander Wurz, der als Sechster bester und einziger Österreicher war, erwartet vom Qualifying nicht so viel. "Wir sehen etwas besser aus, als wir es tatsächlich sind", sagte er. "Nico und ich hatten am Schluss einen sehr guten Run mit neuen Reifen." Die Schlussfolgerung klingt niederschmetternd: "Wenn wir in die Top-10 kommen sollten, wäre das der Überhit. Wir müssen schon schauen, dass wir im ersten Shootout nicht auf der Strecke bleiben." Als Grund dafür gab er den mangelnden Grip an, der dem Williams nicht entgegen komme. Als versierter Techniker sollte der erfahrene Alex eigentlich wissen, wovon er spricht.

Das gilt auch für den nächsten Deutschen, immerhin hat er Titel und GP-Siege in wahren Massen gefeiert. Aber halt: der nächste Fahrer mit deutschem Pass hat einen anderen Vornamen. Ralf Schumacher sammelte am Freitag nicht viel, außer vielleicht Kilometer. Am Donnerstag hatte er sich noch zweckoptimistisch gegeben, heute belegte er nur Rang 16. Der Optimismus blieb ihm trotzdem erhalten: "Es ist nach dem Freitagstraining immer schwer zu sagen, wo man steht, aber wir hatten einen guten Arbeitstag." Dann gab er aber doch preis, dass es für ihn in Melbourne wohl kaum um den Sieg gehen wird. "Dieses Wochenende wird nützlich sein, um herauszufinden, wo wir am Auto den Hebel ansetzen müssen." Die Antwort dürfte einfach sein: beim Speed.

Adrian Sutil hatte einen guten ersten Freitag als Einsatzfahrer., Foto: Sutton
Adrian Sutil hatte einen guten ersten Freitag als Einsatzfahrer., Foto: Sutton

Langsam müsste jetzt der normalerweise bestplatzierte Deutsche an der Reihe sein, denn auf Platz 20 der Zeitentabellen finden wir schon den letzten des Stammfahrerquartetts wieder. Adrian Sutil war nicht zum ersten Mal an einem GP-Freitag im Einsatz, aber er fuhr zum ersten Mal in dem Wissen, dass er auch an den kommenden beiden Tagen im Cockpit sitzen wird. "Natürlich war etwas Aufregung dabei. Schließlich bin ich das erste Mal seit Suzuka wieder an einem Rennwochenende mit dem Auto gefahren, aber es lief alles gut", bilanzierte er. Ganz selbstbewusst spielte er sogar auf die Ausritte seines Teamkollegen Christijan Albers an. "Das zeigt wie sehr er pusht. Das gilt natürlich auch für mich, aber ich habe es meistens noch gerettet." Da bahnt sich ein deutsch-niederländisches Duell an.

Die beste Einzelplatzierung des Trainingstages vereinnahmte übrigens der Deutsche Nummer 5 für sich. Sebastian Vettel belegte im wechselhaften 1. Training den 3. Rang. Trotzdem war er nicht so richtig zufrieden. "Mit den Bedingungen heute Morgen konnte man wenig probieren, deswegen war es ein bisschen doof, weil sonst hätte man schon mehr in Richtung des Wochenendes arbeiten können." Generell sei die Tendenz aber okay gewesen, was der beste Deutsche später mit Platz 5 im 2. Training bestätigte. Dieser fuhr ebenfalls einen BMW Sauber und hieß wohlgemerkt Nick Heidfeld. Denn der Mann, dessen Namen wir in jeder der vorangegangenen Zeilen erwarteten, ist im Oktober in der letzten Ausgabe "Vier Deutsche in Sao Paulo" (die Österreicher waren damals alle ausgeflogen) aus der Serie ausgestiegen. Vergessen hat ihn sicher niemand, aber die Formel 1 lebt auch ohne ihn weiter.