Zwei Fahrerweltmeistertitel und 19 Siege sammelten Flavio Briatore und sein Vorzeigepilot in den vorangegangen zwei Jahren. Doch dann kam der Absturz. Statt dem Titelhattrick gab es nur WM-Rang 3. Kein einziger Sieg gelang, man musste sich mit 10 Podestplätzen und 68 WM-Zählkern zufrieden geben. Das war 1996. Die erste Benetton-Saison nach dem Abgang von Michael Schumacher.

Elf Jahre später steht das gleiche Team, mit neuem Namen, Eigentümer und Farbton, aber mit dem gleichen Teamchef vor der gleichen Herausforderung. Mit Fernando Alonso hat erneut ein zweifacher Titelträger das Team verlassen. In den letzten beiden Jahren hat man zudem zweimal die Konstrukteurskrone gewonnen, in der Schumacher-Zeit gelang dies nur einmal 1995.

Fisichella erwartet das Jahr der Entscheidung., Foto: Hartley/Sutton
Fisichella erwartet das Jahr der Entscheidung., Foto: Hartley/Sutton

Steht Renault wieder ein Absturz bevor oder kann man als erst drittes Team der F1-Geschichte drei oder mehr Weltmeisterschaften in Folge gewinnen? Bislang gelang dies nur McLaren (1988-1991) und Ferrari (2000-2004). Genau diese beiden Teams scheinen momentan die Pace vorzugeben. Wenn es darum geht, die Titelfavoriten für 2007 zu nennen, fallen drei Fahrernamen und ein Team: Alonso, Räikkönen, Massa (nicht unbedingt in dieser Reihenfolge) und Renault. Nur welcher Fahrer des Titelverteidigers soll es werden? Kaum jemand traut sich einen Namen festzulegen, höchstens das Team wird erwähnt.

Das Team Dieses Team geht nahezu unverändert ins neue Jahr, zwei entscheidende Änderung hat es aber gegeben. Die Köpfe hinter dem Team sind noch die gleichen: Briatore, White, Bell, Symonds sind alle noch da. Aber Ex-Chefrenningenieur und Chefstratege Symonds zieht sich langsam zurück, er wird 2007 in eine neue Rolle schlüpfen und Fisichellas altem Renningenieur Alan Permane die Leitung an der Rennstrecke überlassen. Für Fernando Alonsos bisherigen Renningenieur Rod Nelson blieb kein Platz zur Beförderung. Entsprechend setzte er sich zu Williams ab.

Stark genug für die Titelverteidigung?, Foto: Renault
Stark genug für die Titelverteidigung?, Foto: Renault

Das Auto Der R27 war bereits früh fahrtüchtig, zu diesem Zeitpunkt noch mit einer schicken sponsorlosen dunkelblauen Lackierung. Erst später präsentierte man das Auto kunterbunt, mit dem Renault den Neuanfang ohne Alonso wagt. Das frühe Rollt-Out passt zur Renault-Strategie der letzten Jahre. Man ging keine Risiken beim Design ein, wollte so viele Testkilometer wie möglich abspulen und so die Standfestigkeit von Anfang an gewährleisten. Nur bei der Aerodynamik wählte man teilweise eine aggressive Vorgehensweise wie bei den auf den Sichelflügeln angebrachten Rückspiegeln. Beim Fahrwerk ließ man sich alle Wege offen, um sich im Laufe der Saison noch besser an die Bridgestonereifen anzupassen. Da der Renault in den letzten Jahren perfekt auf die Michelin-Pneus abgestimmt war, gerade was die Aerodynamik betraf, könnten sie unter dem Wechsel mehr leiden als andere. Denn jetzt müssen sie die Aerodynamik des Autos für die Reifen bauen. 2007 wird sich zeigen, wie gut Renault ohne den Input von Alonso ist und wie viel der Fahrer wirklich ausmachte.

Der R27 bringt Farbe ins Spiel., Foto: Renault
Der R27 bringt Farbe ins Spiel., Foto: Renault

Die Tests Schon beim ersten richtigen Test nach dem Shakedown hatte Renault zwei Autos parat stehen. Mit diesen gab es von Beginn an kaum Probleme. Sie waren schnell, wenn auch nicht so superschnell wie in den Vorjahren, da zählte Renault jeweils zu den Spitzenreitern der Wintertests. Diesmal waren McLaren und Ferrari eindeutig schneller, was das für das Kräfteverhältnis bedeutet, erfahren wir erst in Melbourne.

Die Fahrer Das größte Fragezeichen bei Renault sind die Fahrer; ganz besonders Giancarlo Fisichella. Der Italiener steht 2007 im Blickpunkt, es wird sein Jahr der Wahrheit. Ist er ein Nummer 1-Fahrer, kann er Weltmeister werden? Einst hat er alle seine Teamkollegen besiegt, egal wer da kam. Doch dann fuhr ein junger Spanier daher und fegte Fisichella von der Strecke. Nur ein, zwei Mal pro Saison blitzte das Talent des Römers auf.

Jetzt muss er beweisen, dass er ein Teamleader, ein Fahrzeugentwickler, ein Titelanwärter ist. Er muss seinen Teamkollegen Heikki Kovalainen schlagen und wenn das Auto gut genug ist, um den Titel fahren. Wenn nicht droht ihm nicht nur der Abschied von Renault, mit Nelsinho Piquet wartet schon ein Heißsporn in der zweiten Reihe. Sollte Fisichella der Durchbruch nicht gelingen, könnte es sein letztes Jahr in der Formel 1 gewesen sein.

Kovalainen blickt seiner Debütsaison entspannt entgegen., Foto: Sutton
Kovalainen blickt seiner Debütsaison entspannt entgegen., Foto: Sutton

Auf der anderen Seite beginnt Kovalainen gerade sein Abenteuer Formel 1. Er ist schnell, konnte als Testfahrer viel Erfahrung sammeln und hat in der GP2 bewiesen, dass er ein guter Racer ist. Natürlich muss er sich erst an die F1 gewöhnen, aber man darf von ihm schon im ersten Jahr gute Ergebnisse erwarten, vielleicht sogar seinen ersten Sieg - und das ab dem ersten Rennen. Wie für alle Neulinge gilt auch für ihn: Er wird Fehler machen, aber diese sollten sich im Rahmen halten und durch die Glanzpunkte überragt werden.

Das Fazit Was kann man von Renault erwarten? Das Auto sollte wieder top sein, wobei noch abzuwarten bleibt, ob es mit McLaren und Ferrari mithalten kann. Diesmal könnte die Renault-Taktik der letzten Jahre nicht aufgehen. Es scheint, als ob sie beim Saisonstart nicht das beste Paket haben sollten. Somit droht ihnen ein harter Kampf vom ersten bis zum letzten Rennen - sollten sie so lange im Titelkampf verbleiben. Im letzten Jahr verloren sie das Wettrüsten gegen Ferrari, aber nicht den Titel. Dafür hatten sie in den ersten Saisonrennen zu viel Vorsprung angehäuft. Ein Jahr zuvor bewiesen sie aber schon, dass auch sie Entwicklungspotenzial besitzen und im Laufe der Saison zulegen können. Renault verbesserte das Auto bis zum letzten Rennen und wurde so McLaren Mercedes nicht nur ebenbürtig, sondern sogar besser. Das große Fragezeichen bleiben die Fahrer: Kann Fisichella zum Titelkandidaten avancieren oder muss man sich mit dem unerfahrenen Kovalainen auf kleinere Ziele beschränken?

Renault

Pluspunkte Minuspunkte

+ Techniker
+ Auto früh fertig
+ Selbstbewusstsein

- kein Alonso
- Fisichella Titelkandidat?
- Reifenumstellung

Hausaufgaben gut gemacht? Saisonprognose

Die Tests verliefen gut. Es gab keine schwerwiegenden Probleme, aber der Speed war auch nicht überlegen. Note: 3

Renault merkt, dass das Feld enger zusammengerückt ist. McLaren und Ferrari scheinen sogar vorbeigezogen zu sein. Dennoch muss man Renault zu den Titelanwärtern zählen, wenn da nicht die Fahrerfrage wäre...