Toyota zählt mittlerweile zum Stamm des Fahrerfelds. Dabei sind die Japaner erst seit 2002 aktiv. Sie gehen also erst in ihre sechste F1-Saison. An den Fans geht das Rennteam des reichsten Automobilherstellers der Welt aber vorbei. Von den 91.000 Teilnehmern der großen FIA-Fanumfrage stimmte nur 1% für Toyota als sein Lieblingsteam. Damit lagen sie als Elfter abgeschlagen auf dem letzten Platz, noch hinter Super Aguri und weit hinter dem Erzrivalen Honda (6%). Auch die Toyota-Piloten sind nicht viel beliebter: Jarno Trulli belegte mit 1% den letzten Platz, Ralf Schumacher wird in der Ergebnisliste gar nicht geführt.

Wovor versteckt sich Ralf?, Foto: Patching/Sutton
Wovor versteckt sich Ralf?, Foto: Patching/Sutton

Für den Branchenprimus ist das nicht akzeptabel, vor allem, weil die F1 ja ein Marketinginstrument sein soll - dieses Ziel hat man bislang weit verfehlt. Im ersten Rennen gab es zum ersten Mal Punkte, seitdem fährt man dem ersten Sieg hinterher. Der Toyota-F1-Slogan lautet: One aim - ein Ziel. Das verfolgt man auch in dieser Saison, der Jubiläumssaison von Toyota Motorsport. Zum 50-jährigen Jubiläum möchte man eins ganz besonders zeigen: The passion to win - die Leidenschaft, zu siegen. Bislang fehlte es den Weiß-Roten an beidem: Leidenschaft und Siegen.

Das Team Sie haben Langeweile und ein paar Stunden Zeit? Dann werfen Sie doch mal einen Blick in das Toyota-Organigramm und versuchen Sie herauszufinden, wer für was zuständig, wem untergeordnet, vom wem überwacht und überhaupt wie in die Struktur eingebunden ist. Was wir damit meinen? Ein kleines Beispiel: Da ist Noritoshi Arai, seines Zeichens Director Technical Co-Ordination. Ihm unterstellt sind die Technischen Direktoren für die Bereiche Motoren und Chassis, Luca Marmorini und Pascal Vasselon. Nur Toyota nennt sie nicht Technische Direktoren, sondern Senior General Manager Engine und Chassis. Im Teammanagement finden sich wieder Tsutomu Tomita, Chairman und Teamboss, Tadashi Yamashina, TMG Vice President, John howett, TMG-President, und Yoshiaki Kinishita, Executive Vize-President. Um das Chaos und die Unübersichtlichkeit zu perfektionieren, kommen zu dieser Ebene in Köln-Marsdorf noch die Verantwortlichen der Toyota Motor Corporation in Japan. Deren Namen und Positionen ersparen wir Ihnen an dieser Stelle aber. Wenn neue Kontrolleure die bisherigen Kontrolleure kontrollieren und die Entscheidungswege so lang wie der alte Nürburgring werden, dann kann das in der Formel 1, mit ihren kurzen, flexiblen, situationsgebundenen Entscheidungen, nur zu Problemen führen.

Jarno hätte gerne einmal in Ruhe am Setup gearbeitet., Foto: Sutton
Jarno hätte gerne einmal in Ruhe am Setup gearbeitet., Foto: Sutton

Das Auto Weil es in der Führungsetage (oder muss man bei Toyota schon den Plural Führungsetagen verwenden?) so "gut" funktioniert, gab es in den letzten Jahren auch bei den Boliden eine große Vielfalt. Flavio Briatore stichelt gerne, dass Toyota auch die Formel 1-Autos am Fließband produziert. Der TF107 entstand komplett unter der Leitung des neuen Technikchefs (wir erinnern uns, das ist in der Toyota-Konzernsprache der Senior General Manager Chassis) Pascal Vasselon. Dessen Quasi-Vorgänger Mike Gascoyne musste bekanntlich schon zu Saisonbeginn 2006 gehen - und wetterte in der Winterpause heftig über die Konzernstruktur und Entscheidungswege seines Ex-Arbeitgebers. Vasselon gilt als ehemaliger Michelin-Mitarbeiter als Reifen- und Aufhängungsexperte, nicht als Aerodynamikgenie. Entsprechend muss er in diesem Jahr beweisen, wie gut er es versteht, ein Gesamtpaket zu entwickeln. Da die Reifennutzung 2006 ein großes Problem am TF106(B) war, scheint er aber durchaus am richtigen Platz zu sein.

Die Tests Am TF107 findet sich kaum noch ein Teil des Vorgängerautos (trotzdem sieht es fast genauso aus), das Getriebe wurde sogar in Kooperation mit dem neuen Partner Williams entwickelt. Im Gegensatz zum ausführlich getesteten Williams-Schnellschaltgetriebe macht das von Toyota selbst gebaute Getriebe aber noch viele Probleme. Ralf Schumacher empfand für sein neues Auto trotzdem Liebe auf der ersten Ausfahrt. Nach dem Abschluss der Wintertests sprach er jedoch von einer Katastrophe. Der Wagen schien an jedem Testtag an einem Defektwettbewerb teilzunehmen - und diesen gewann er meistens; nur BMW Sauber sammelte an manchen Tagen noch mehr technische Probleme. Dafür waren die Weiß-Blauen aber auch immer schnell unterwegs. Toyota fand sich hingegen grundsätzlich am Ende der Zeitenlisten wieder. Daran änderte auch das neue Aerodynamikpaket für die Auftaktrennen nichts. Jarno Trulli erwischte die Pechsträhne etwas schlimmer als Ralf. Immer wieder wurde Trulli von Problemen oder dem Wetter davon abgehalten, sinnvolle Setuparbeiten zu absolvieren.

Montagny kennt bessere Autos., Foto: Hartley/Sutton
Montagny kennt bessere Autos., Foto: Hartley/Sutton

Die Fahrer Apropos Trulli: Der Italiener hat im letzten Jahr seinen Vertrag um drei Jahre verlängert - wieso Toyota ihm so einen Rentenvertrag angeboten hat, verstehen die meisten Experten bis heute nicht. Jarno gilt als schnell, vor allem auf einer Runde im Qualifying, aber nicht als Racer und starker Pilot im Rennen. Bei Ralf sieht die Vertragssituation genau umgekehrt aus. Sein Kontrakt läuft mit der Saison 2007 aus. Er muss sich also beweisen und sich eine Vertragsverlängerung oder einen Vertrag bei einem Top-Team erkämpfen.

Vor den Wintertests sah er die Chancen dafür sehr gut, immerhin sei man eines der wenigen Teams, das eine gewisse Konstanz und Stabilität vorweisen könne. Mit Trulli und Schumacher hat man die gleichen Fahrer, mit Bridgestone den gleichen Reifenhersteller. Nur hinter die Kulissen scheint Ralf nicht geschaut zu haben, als er diese Aussage tätigte...

Als dritter Mann ersetzt Franck Montagny den abgewanderten Ricardo Zonta und Olivier Panis. Der Franzose ist durchaus Besseres gewohnt, er war Jahre lang Testfahrer bei Weltmeister Renault. Allerdings fiel sein Schock beim ersten Toyota-Test nicht allzu groß aus - zwischendrin fuhr er im letzten Jahr für Super Aguri.

Bei Toyota muss es schnell aufwärts gehen., Foto: Sutton
Bei Toyota muss es schnell aufwärts gehen., Foto: Sutton

Das Fazit Was wird also aus Toyotas Ziel des ersten Sieges? Im Moment sind sie davon genauso weit entfernt wie von einer übersichtlichen Teamstruktur. Das Auto ist unzuverlässig, nicht konkurrenzfähig und hat es mit so vielen starken Gegnern zu tun, wie es sie schon lange nicht mehr in der F1 gegeben hat. Einer davon wurde von Toyota selbst stark gemacht: Williams fährt mit Toyota-Kundenmotoren. Derzeit scheint es fast sicher, dass die Kundentriebwerke im FW29 - weit - vor den Werksautos ins Ziel kommen werden - sofern sie ins Ziel kommen sollten. Wie Köln-Marsdorf das gegenüber Tokio rechtfertigen wird, bleibt abzuwarten. Mit dem Williams Team schuf man sich aber nicht nur einen weiteren Konkurrenten, der im letzten Jahr weit abgeschlagen war, sondern sorgte auch für interne Ablenkung. Es muss viel passieren, damit man nicht auch Anfang 2008 erneut das gleiche one aim ausgibt.

Toyota

Pluspunkte Minuspunkte

+ Budget
+ Fahrerkonstanz

- Zuverlässigkeit
- Speed
- Struktur

Hausaufgaben gut gemacht? Saisonprognose

Der Anfang schien viel versprechend, dann ging es rapide bergab. Die Fahrer sammelten Defekte statt Testkilometer. Auch der Speed war viel zu mau. Note: 4

Toyota muss im Laufe der Saison stark nachbessern. Momentan fahren sie am Ende des Feldes spazieren. So wird es nichts mit dem ersten Sieg.