Wer in der letzten Woche eine Zeitung aufgeschlagen oder ein Nachrichtenportal aufgerufen hat, kam an zwei Themen nicht vorbei: dem Nichtraucherschutz und dem Klimawandel. Beide Themen sind auch in der Formel 1-Welt bekannt. Die F1 war der Zeit sogar voraus: Die Tabakwerbung ist schon seit dem letzten Jahr von den Autos verschwunden. Nur ein kleines Dorf aus Italien wehrt sich standhaft dagegen. Bei den Überseerennen prangt noch immer ein Tabakwerbeschriftzug auf dem Ferrari, bei allen anderen Rennen bleibt das Auto einfach rot.

Passend zur Klima-Diskussion enthüllte Honda am Montag die ganze Welt - nämlich als Lackierung für den RA107. Manche Betrachter rümpften darüber die Nase. "Was haben die Formel 1 und Motorsport mit Umweltschutz zu tun?", fragten sie. Die Teams fahren mit 800 PS-Boliden 17 Mal im Jahr im Kreis und fliegen Menschen, Material und Maschinen rund um die Welt, und zwar die echte, nicht den RA107. Wo schont das die Umwelt?

Honda und die FIA konterten mit der Statistik: die F1 ist schon seit 1997 "carbon neutral", also "kohlenstoff-frei" oder "klimaneutral". Zu diesem Zweck unterstützt die FIA das Scolel Te Projekt in Mexiko. Von diesem Geld werden neue Bäume gepflanzt und gefährdete Wälder geschützt. Mit diesen Maßnahmen gleicht der Weltverband den Schadstoffausstoß der F1 und der WRC aus. Ob dies das Problem behebt? Dazu mag man stehen, wie man möchte. Genauso wie zu Max Mosley. Das Thema Umweltschutz hat er aber, weitsichtig wie er bei solchen Dingen ist, schon im vergangenen Jahr vorausgesehen und zur Tagesordnung erklärt.

Aber zurück zur Weltkugelidee. Viele Kritiker warfen Honda vor, dass sie diesen Weg nur beschritten hätten, weil sie keine Sponsoren gefunden haben. Honda dementierte das - natürlich. Aber Intel, Vodafone, ING & Co sind dem Team durch die Lappen gegangen. Ein Ersatz für den langjährigen Sponsor und Mitgründer von British American Racing, nämlich British American Tobacco (BAT), wurde nicht gefunden. Das Weltkugelauto war aber keine Notlösung in allerletzter Sekunde. Schon seit einigen Monaten wurde über ein "grünes" Honda-Konzept spekuliert und die Vorbereitungen für die Kampagne gehen bis zu 10 Monate zurück.

Umweltschutz in der F1: In weiser Voraussicht..., Foto: Sutton
Umweltschutz in der F1: In weiser Voraussicht..., Foto: Sutton

Ganz entkräften lässt sich das Argument der fehlgeschlagenen Sponsorensuche damit aber nicht, zum Leidwesen von Honda. Denn große Sponsorendeals, wie sie Haupt- und Titelsponsoren nun einmal sind, brauchen eine Weile. Das hat nicht zuletzt Renault-Sponsor ING vor seinem F1-Einstieg gelernt, die übrigens ebenfalls für Honda in Frage gekommen wären. Entsprechend konnte das Weltkugelkonzept auch schon vor 10 Monaten aus der Not heraus geboren worden sein. Vielleicht zunächst nur als Notnagel, später als echte Alternative, deren Marketing- und Imagewert sicher nicht zu unterschätzen ist.

Nicht umsonst holte Honda vor einiger Zeit mit "19 Management" jene Marketingagentur ins Boot, die einst die Spice Girls und David Beckham zu Ruhm und Ehren verhalf. Böse Zungen würden nun behaupten, dass Popmogul Simon Fuller und seine Marketinggurus ja irgendwie ihre, sicher nicht gerade billigen, Dienste rechtfertigen mussten. Mit dem Weltauto ist ihnen das auf jeden Fall gelungen.

Der Einstieg eines Sponsors in die Formel 1 ist eine komplexe und langwierige Angelegenheit. Das erlebte der besagte neue Renault-Hauptsponsor ING am eigenen Leib. Als man sich für ein Sponsoring in dieser Größenordnung entschieden hatte, hagelte es zunächst Absagen von den Teams. Denn bei Sponsoren gilt wie bei allem in der F1: Wer keinen Segen von Bigboss Bernie Ecclestone hat, wird erst gar nicht als würdig angesehen, seine Aufkleber und Geldscheinchen im Paddock zu verteilen. Aber auch Bernie kann sich manchmal irren, wie ein kurzes Intermezzo aus der jüngeren Vergangenheit zeigte...

Nachdem Bernie das Okay gegeben hatte, sprach man zunächst mit Ferrari. Jean Todt kam gleich zum Punkt: "Was wollt ihr?" Die Antwort war klar: einen orangen Ferrari. Damit war das Gespräch für Todt erledigt. Ferrari ist rot - die einzige Abweichung davon ist, dass man mittlerweile nicht mehr mit dem geschützten Ferrari-Rot fährt, sondern mit einem helleren Farbton, der den Hauptgeldgeber fröhlicher stimmt. Statt eines orangen Ferrari hat ING nun einen kunterbunten Renault. Der ist zwar kein mythischer Traditionsrennstall, aber immerhin der amtierende Weltmeister der letzten zwei Jahre.

Honda ging mit seinem Weltauto einen ganzen Schritt weiter als die Malermeister der Franzosen. Entsprechend darf man getrost sagen, dass es 2007 in der Formel 1 bunt zugehen wird. Eines darf man aber nicht denken, dass Honda für seine löbliche Umweltkampagne alle anderen Sponsoren in den Wind geschossen hat und nur noch das eigene Logo sowie jenes des Reifenpartners spazieren fährt. Auf den Fahreroveralls, der Teamkleidung, den Trucks und im Motorhome gibt es weiterhin viele Sponsorenlogos und Schriftzüge. Und nach der Bekanntgabe des neuen Weltkonzepts sollen weitere Sponsoren Interesse angemeldet haben - genau darauf wird man bei Honda gehofft haben. Man hat den alten Glimmstängeldunst vertrieben, aktuelle Umweltthematiken aufgegriffen und damit weitere Geldgeber angesprochen, die sich selbst diesem Thema verschrieben haben oder damit gerne in Verbindung gebracht werden.

Mit der ganzen Welt zu mehr Sponsoren? Die Welt ist Honda nicht genug., Foto: Moy/Sutton
Mit der ganzen Welt zu mehr Sponsoren? Die Welt ist Honda nicht genug., Foto: Moy/Sutton

Einen ähnlich positiven Effekt setzte Williams im vergangenen Jahr in Gang - sogar gleich doppelt. Zunächst verkündete man den Motorendeal mit Toyota. Cosworth ist ein traditionsreicher Name in F1-Kreisen und baute 2007 den stärksten Motor von allen, aber bei den Sponsoren zieht die kleine unabhängige Motorenschmiede nicht. Sie ist kein Sponsorenmagnet. Toyota ist hingegen ein global player, der größte und reichste Autohersteller der Welt. Das zieht. Da wollen alle mitmachen.

Nachdem der Bann gebrochen war, zog Williams sein zweites Ass aus dem Ärmel: Mit Hilfe des Toyota-Deals und viel Arbeit konnte man den Telekommunikationsgiganten at&t langfristig als neuen Titelsponsor gewinnen. Die Bekanntgabe in Brasilien wurde von einer großen, aber zunächst unterschätzten PR-Maschinerie angetrieben; nicht mit Werbekampagnen und großen Statements, sondern mit Aussagen der Teamverantwortlichen und Fahrer. Nico Rosberg betonte in seinen Pressegesprächen in Sao Paulo mehrmals geradezu beiläufig: "Mit unserem neuen Sponsor [der zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gegeben war] spielt Geld im nächsten Jahr keine Rolle mehr." Damit schürte man Erwartungen und Spekulationen über die Höhe des Deals.

Das wiederum zog weitere Geldgeber wie lenovo an. Wenn ein bekannter, großer Konzern Geld in ein Team steckt, stärkt dies automatisch dessen Ansehen, Ruf und Glaubwürdigkeit. Beim Launch des FW29 kam dann die Wahrheit ans Licht; nicht nur wir fragten uns beim ersten Anblick des blau-weißen Renners: "Wo sind denn die ganzen Logos von at&t?" Sie sind klein, verdammt klein für einen Titelsponsor. Aber sie hatten eine große Wirkung. Genau darauf setzt wohl auch Honda. Nur sie gehen stilecht nicht mit einem kleinen Logo eines Kommunikationsunternehmens protzen, sondern gleich mit der ganzen Welt...