Bei Spyker war in den letzten beiden Jahren nur eines konstant: der Wechsel der Eigentümer. Nachdem Eddie Jordan das Team an Alex Shnaider verkauft hatte, startete es 2005 zunächst noch unter dem alten Namen Jordan GP. Für 2006 wechselte dann erstmals der Teamname zu MidlandF1. Aber der Name Midland blieb der F1 keine gesamte Saison erhalten. Die letzten Rennen bestritt der Rennstall bereits unter dem nächsten neuen Namen: SpykerF1.

Stabilität war bei den Teambesitzern also nicht gegeben. Dafür aber beim Team und seinem Chef: Colin Kolles schwingt seit der ersten Übernahme das Zepter, einige der Ingenieure sind noch aus Jordanzeiten. Wie ernst es dem neuen Eigentümer Spyker ist, ein niederländischer Flugzeug- und Sportwagenbauer, zeigt die Rückkehr von Mike Gascoyne. Der Ex-Renault und Toyota-Technikchef war schon früher in Silverstone für Jordan tätig und arbeitete an den größten Erfolgen mit.

Adrian Sutil ist der vierte Deutsche im Bunde., Foto: Hartley/Sutton
Adrian Sutil ist der vierte Deutsche im Bunde., Foto: Hartley/Sutton

Die Erwartungen für dieses Jahr sind gering, doch Spyker ist nicht nur zum Spaß oder aus völlig undurchsichtigen Gründen in der Formel 1. Natürlich wollen sie ihre Marke bekannt machen und mehr Autos verkaufen, aber sie wollen auch sportliche Erfolge. Schon von Anfang an sprach man von zukünftigen Siegen und dem WM-Titel. Wann auch immer es so weit sein wird, höchstwahrscheinlich nie, das Team scheint mit der Übernahme durch die Niederländer neuen Schwung bekommen zu haben. Die Aussichten sind jedenfalls besser als noch vor ein oder zwei Jahren.

Das Team 2007 wird wieder einmal ein Übergangsjahr, schon das dritte in Folge. Wieder einmal heißt es sich neu zu formieren, die Kräfte zu bündeln, in dieser Saison das Maximum herauszuholen und sich auf das kommende Jahr korrekt vorzubereiten. Mike Gascoyne ist der einzige namhafte Neuzugang der Technikabteilung, dafür aber gleich ein richtiger Star seiner Zunft. Gascoyne ist ein Organisator, der schon Renault und Toyota ordnete, seine größten Erfolge aber bei einem kleinen, unabhängigen Team feierte - nämlich Jordan. Entsprechend könnte seine Rückkehr zu den Wurzeln auch den Erfolg zum zuletzt bei Toyota geschassten Technikdirektor zurückbringen. Ansonsten ist das Personal das gleiche wie im Vorjahr. Nur mit dem Unterschied, dass die ewigen Verkaufsgerüchte der Jordan- und Midland-Zeit endlich verschwunden sind. Spyker hat sich langfristig zur Formel 1 bekannt, jedenfalls sagen sie das.

Erst die B-version des F8-VII wird ein echter Gascoyne., Foto: Hartley/Sutton
Erst die B-version des F8-VII wird ein echter Gascoyne., Foto: Hartley/Sutton

Das Auto Das auffälligste am ersten Spyker F1-Boliden ist seine Farbe: er ist grell-orange, auf manchen Fotos wirkt er allerdings rot. Heilsbringer Mike Gascoyne konnte noch keinen Einfluss auf das Design des F8-VII nehmen. Dafür stieß er zu spät zum Team. Das Auto entstand unter der Leitung von Chefdesigner John McQuilliam und Technikchef James Key. Die ersten Einflüsse von Gascoyne werden erst im Laufe der Saison zu sehen sein, spätestens mit der B-Version, die Gascoyne für die zweite Saisonhälfte vorgesehen hat.

Mit dem Ferrari-Motor ist dem Team ein Glücksgriff gelungen. Der Toyota-Motor war kein schlechter, aber durch den Wechsel der Japaner zu Williams, wäre die einzige Alternative der Cosworth-V8 gewesen. Dieser drehte zwar höher als jeder andere Motor in der vergangenen Saison (einschließlich des Ferrari, des Mercedes und des Weltmeistertriebwerks von Renault), aber das geringen Budget der Briten hätte in Verbindung mit dem ebenfalls finanziell nicht auf Rosen gebetteten Spyker Team sicher kein besonders schlagkräftiges Duo ergeben. Zumindest nicht so schlagkräftig, wie es Spyker mit einem standfesten, erprobten und gut entwickelten Ferrari-V8 ist. Denn für Spyker ist es - noch - nicht von Belang, dass noch nie ein Ferrari-Kunde Rennen gewonnen hat, vorerst gilt es sich zu etablieren, die direkten Gegner zu bezwingen und dafür ist der Ferrari genau der richtige Motor. Ganz abgesehen vom Marketingeffekt, im Zusammenhang mit der italienischen Nobelmarke genannt zu werden.

Die orange Hoffnung: Mike Gascoyne ist zurück., Foto: Sutton
Die orange Hoffnung: Mike Gascoyne ist zurück., Foto: Sutton

Die Tests Der Wechsel von Toyota zu Ferrari brachte ein großes Problem mit sich: die neuen Motoren passten nicht in das alte Auto, für ein Interimsmodell waren nicht genügend Geld und Ressourcen vorhanden. Folglich musste Spyker auf alle drei Dezember-Tests und alle Tests im Januar verzichten. Neben wichtiger F1-Erfahrung für Neuling Adrian Sutil gingen dabei auch wichtige Daten über die neuen Bridgestone-Einheitsreifen verloren. Beim Debüt des F8-VII Anfang Februar lief jedoch alles so weit glatt. Nur ein kleiner Unfall am zweiten Roll-Out-Tag trübte das Bild.

Danach blieb Spyker in Europa und scheute die weite sowie teure Reise nach Bahrain. Der Wagen hatte mit den üblichen Kinderkrankheiten zu kämpfen, aber besondere Schwierigkeiten sind nicht bekannt. Der Speed des F8-VII muss sich erst noch herausstellen. Beim ersten gemeinsamen Test in Barcelona war das Auto noch zu neu, um aussagkräftige Vergleiche zu ziehen, danach testete man nur zusammen mit Williams in Valencia und Barcelona. Gegen die Blauen war man immer chancenlos, aber das galt bei den Tests für einige Teams.

Spyker - eine große Familie., Foto: Sutton
Spyker - eine große Familie., Foto: Sutton

Die Fahrer Von Midland hat Spyker die große Anzahl an Testpiloten geerbt. Abgesehen von Markus Winkelhock erfüllen alle den Tatbestand des Pay Drivers, wobei man für Giedo van der Garde sogar rechtliche Auseinandersetzungen mit dessen bisherigem Team Super Aguri in Kauf nahm. Ansonsten muss das Team für seine Fahrerwahl gelobt werden: Mit Christijan Albers und Adrian Sutil verabschiedete man sich vom Pay Driver-Modell. Keiner der Fahrer bringt Geld mit. Stattdessen setzt man auf den Nachwuchs und sicherte sich mit Sutil die Dienste des Wunschfahrers von Teamboss Colin Kolles - gegen die Sponsoren-Dollar von Tiago Monteiro.

Bei den Testfahrern kann man sich dieses klare Zeichen noch nicht leisten. Deshalb werden diese auch am Freitagmorgen im 1. Freien Training in mindestens einem der beiden Autos sitzen. Für Sutil ist das insofern schlecht, dass ihm wichtige Trainingszeit verloren geht. Besonders weil er die Strecken nicht kennt, das Team ansonsten wenig testet und die Tests ohnehin stark limitiert sind. Er nimmt das jedoch gelassen hin, er kann es sowieso nicht ändern. Immerhin stehen ihm am Nachmittag 90 Minuten zur Verfügung. Mit freier Motoren- und Reifenwahl kann er da mehr fahren als die meisten Stammfahrer 2006 in zwei Sessions. Die Voraussetzungen dafür ist jedoch, dass es keine technischen Probleme gibt.

Das Team befindet sich mal wieder im Umbruch., Foto: Sutton
Das Team befindet sich mal wieder im Umbruch., Foto: Sutton

Ansonsten wird Sutil von allen Seiten gelobt und ist hoch angesehen, selbst bei der Konkurrenz. Sein Ex-F3-Teamkollege Lewis Hamilton zollte ihm Tribut und stellte fest, dass Sutil Christijan Albers Beine machen werde. Manche nennen so etwas seit letztem Jahr den Kubica-Effekt. Albers genießt im Fahrerlager nicht unbedingt den allerbesten Ruf und da das Team nicht aus Niederländern, sondern aus Briten besteht, werden diese ihn kaum bevorzugt behandeln. Somit hat Sutil de Chance das Team mit seinem Charme und seiner unbekümmerten, ehrlichen Art auf seine Seite zu ziehen. Nichtsdestotrotz geht es in seiner Debütsaison nur um eins: Erfahrung sammeln. Alles andere wäre eine Zugabe.

Das Fazit Wie alle Rookies wird auch Sutil in diesem Jahr Fehler machen. Dennoch könnte er als großer Gewinner aus der Saison hervorgehen. Mehr als ein glücklicher Punktgewinn ist für ihn und Albers aber nicht drin. Das Feld scheint in diesem Jahr enger denn je zusammen zu liegen und die Hauptgegner von Spyker, Toro Rosso und Super Aguri, wollen Kundenchassis ihrer großen Brüder einsetzen. Kein Wunder, dass Colin Kolles schon seit Monaten scharf gegen die Kundenchassisidee schießt, genauso wie letztes Jahr gegen die V10-Motoren für Toro Rosso. Sollte er sich durchsetzen können, drohen Super Aguri und Toro Rosso große Kopfschmerzen, wenn sie ein regelkonformes und konkurrenzfähiges Auto auf die Beine stellen wollen. Sollten aber die B-Teams Recht erhalten, sieht es für Spyker schlecht aus. So oder so wird sich 2007 zeigen, wie gut James Key und seine Technikriege wirklich sind. Wunderdinge darf man vom F8-VII aber nicht erwarten.

Spyker Ferrari

Pluspunkte Minuspunkte

+ Ferrari-Motor
+ Mike Gascoyne
+ Fahrerwahl
+ Unterstützung Spyker

- keine Tests 2006, Anfang 2007
- Auto spät fertig
- Gascoyne-Einfluss erst mit B-Version
- Budget vergleichsweise gering

Hausaufgaben gut gemacht? Saisonprognose

Jein, der F8-VII läuft so weit gut, aber das späte Testdebüt und die verpassten Tests mit einem Interimsauto fehlen. Note: 3-

Gegen die B-Autos und das starke Feld wohl chancenlos. Mehr als ein paar glückliche Punkte scheinen nicht drin zu sein.