Montagabend, Circuit de Catalunya. Nacht ist über das Fahrerlager hereingebrochen. Es liegt etwas in der Luft. Kein Motorenlärm und auch keine Fangesänge. Es liegt ein beständiges Brummen über den Trucks. Ein Brummen aus den Lüftungsschächten der Klimaanlagen - sowohl der Teams als auch des Pressezentrums.

Wir durchschreiten die Paddock-Zeile und nähern uns dem Ausgang. Es liegt Musik in der Luft. Ganz am Ende beim Bridgestone Reifenzelt tönen Popklänge durch die Nacht; hier und dann unterbrochen von lautem Lachen. Es liegen Stimmen in der Luft.

Am nächsten Morgen interessiert sich niemand mehr dafür. Es liegt Spannung in der Luft. Die Tribünen sind für einen Test gut besetzt, sogar aus Deutschland sind Fans angereist, um BMW Sauber-Pilot Nick Heidfeld zu unterstützen. Der Zeitenmonitor im Media Centre weist nach der Montagsbestzeit von Pedro de la Rosa am Dienstag Felipe Massa als Schnellsten aus. Es liegt etwas in der Luft. Eine seit Jahren schwelende Diskussion um und über Testzeiten. Was sind sie wert? Was kann man herauslesen? Was bedeuten sie für den Saisonauftakt in Melbourne?

"Es ist Quatsch, darüber zu philosophieren", sagt uns BMW Sauber-Testpilot Sebastian Vettel. "Jeder macht sein eigenes Ding. Erst im ersten Qualifying der Saison sieht man wirklich, wer wie schnell ist." Momentan könne man höchstens die Long Runs analysieren und dabei erahnen, ob jemand schwer losgefahren sei. Vettels Teamkollege Nick Heidfeld sieht das etwas anders.

Es liegt etwas in der Luft..., Foto: Sutton
Es liegt etwas in der Luft..., Foto: Sutton

"Die Bestzeiten bedeuten vielleicht nichts, aber man kann probieren Tendenzen zu erkennen", verrät er uns. "Das versuche ich genauso wie die Fans zuhause, für die es aber schwieriger ist, weil wir als Team natürlich mehr Möglichkeiten und Daten zur Verfügung haben." Dennoch könne der Test-interessierte Fan und Leser aus den Live-Zeiten des Circuit de Catalunya einiges herauslesen. "Dabei kommt es aber auf die besagten Long Runs viel mehr an als auf eine schnelle Runde", weiß Nick. "Allerdings weiß man dann immer noch nicht, wer mit wie viel Sprit unterwegs gewesen ist. Und zehn Kilo mehr oder weniger Sprit machen dreieinhalb Zehntel aus..."

Deshalb macht es nur wenig Sinn, Zeiten mit der Konkurrenz zu vergleichen. "Es ist schwierig zu sagen, wer wie schnell ist - jeder fährt andere Testprogramme und es ist schwierig, etwas herauszulesen", stimmt Renault-Neuling Heikki Kovalainen zu. "Ja, die Long Runs sind etwas mehr eine Referenz. Aber ich glaube nicht, dass bislang jemand Quali-Runs gefahren ist. Bei den Long Runs sieht man deshalb etwas mehr, aber nicht genug, um es zu beurteilen." Teamintern ist es allerdings sehr wohl möglich, Zeiten zu vergleichen. Und wer dann schneller ist, hat natürlich das lachende Ende für sich. "Das ist auch eine gewisse Prestigesache", sagt Sebastian lächelnd.

Am dritten und letzten Testtag sichert sich David Coulthard das Prestige für die Tagesbestzeit. Wirklich ernst nimmt dies aber niemand; immerhin haben manche der Top-Teams schon am frühen Nachmittag ihre Tests beendet und die Heimreise vorbereitet. Während die Fahrer sich mit zwei bis drei Wörtern aus den letzten Interviews verabschieden, beginnt für die Mechaniker das große Abbauen.

Noch während die Motoren heulen, sind die BMW Sauber und Toyota-Hospitalitys fast komplett abgebaut. Auch bei Ferrari bleibt schnell nur noch der Teambus übrig. Nur bei Renault lässt man sich Zeit. Die Hospitality der Franzosen bleibt eisern bis zum Testende und darüber hinaus stehen. Dennoch liegt ein Hauch von Aufbruch über dem Fahrerlager.

Laderampen werden nach oben gefahren, Mechaniker rangieren mit Planen verdeckte Autos in luftiger Höhe hin und her. Die Gefahr eines Absturzes ist allgegenwärtig, die akrobatischen Leistungen mindestens genauso beeindruckend wie jene der Fahrer. Nur noch wenige Fans stehen in der Dunkelheit zwischen den Trucks, um das Spektakel zu beobachten. Bei McLaren sitzen einige Mechaniker entspannt auf der Laderampe der Trucks und verzehren ihr wohl verdientes Abendessen. In der Ferne verlassen bereits die ersten Lkw die Strecke. Bereit zum nächsten Einsatz in Bahrain. Menschen stehen auf den Motorhome-Dächern, demontieren Satellitenschüsseln und Antennen; ihre Silhouetten zeichnen sich gegen den Horizont ab. Es liegt etwas in der Luft - mindestens bis Melbourne.