Nick, ihr hattet bei den ersten Tests einige technische Probleme. Normalerweise heißt es: Lieber bei den Tests als beim ersten Rennen. Somit war es ja ein guter Start für euch...
Nick Heidfeld: Jein, am liebsten hätten wir natürlich gar keine Probleme. [lacht] Aber wir haben noch ein bisschen Zeit bis zum ersten Rennen. Hoffentlich bekommen wir es bis dahin in den Griff. Wenn wir mehr Runden abgespult hätten, wären wir glücklicher, aber es sieht so aus, als ob wir uns jetzt von Tag zu Tag verbessern und immer mehr fahren können.

Ihr habt zuletzt auch Lob von der Konkurrenz bekommen. Felipe [Massa] meinte, dass ihr auf Long Runs ziemlich schnell seid.
Nick Heidfeld: Das ist einerseits schön zu hören, andererseits ist es ein bisschen übertrieben, dass er uns als Favorit sieht. Da will er vielleicht ein bisschen die Favoritenrolle abschieben und jemand anderes aufdrücken. Dennoch sieht unser Speed momentan ganz gut aus. Nicht, wenn man Weltmeister werden will, aber das ist ja nicht unser realistisches Ziel in diesem Jahr. Irgendwann wollen wir das sicher erreichen, aber in dieser Saison möchten wir uns vom 5. Platz steigern und dafür sieht es nicht schlecht aus. Allerdings haben wir erst drei Wintertests mit dem neuen Auto absolviert, bis zum Saisonstart kann sich also noch viel tun. Alle Teams werden bis Melbourne noch einige neue Teile bringen, so auch wir, aber genau weiß niemand, wo er steht. Mit der aktuellen Einordnung können wir aber zufrieden sein.

Nick hält noch Ausschau nach dem wahren Kräfteverhältnis., Foto: BMW
Nick hält noch Ausschau nach dem wahren Kräfteverhältnis., Foto: BMW

Bei den großen Tests mit (fast) allen Teams wird zur Einordnung gerne über die Testzeiten diskutiert. Viel Aussagekraft haben die Bestzeiten aber nicht...
Nick Heidfeld: Die Bestzeiten vielleicht nicht, aber man kann probieren Tendenzen zu sehen. Das versuche ich genauso wie die Fans zuhause. Dabei kommt es aber auf die besagten Long Runs viel mehr an als auf eine schnelle Runde. Als Fahrer und Team hat man da mehr Möglichkeiten und Daten, um die Zeiten zu analysieren. Allerdings weiß man dann immer noch nicht, wer mit wie viel Sprit unterwegs gewesen ist. Und zehn Kilo mehr oder weniger Sprit machen dreieinhalb Zehntel aus...

Wie sieht die Herangehensweise bei den ersten Tests mit dem neuen Auto aus? Geht man auch hier schon ans Limit oder fährt man eher vorsichtig, weil es noch keine Ersatzteile und kein zweites Auto gibt?
Nick Heidfeld: Ganz am Anfang beim Roll-Out fährt man natürlich vorsichtig und überprüft die Temperaturen und Systeme. Aber ab dem ersten Testtag danach geht man voll ans Limit, sonst erhält man keine verlässlichen Daten.

Die Materialknappheit spielt dann keine Rolle?
Nick Heidfeld: Es spielt schon eine Rolle, aber wie sagen die Engländer so schön? Touch wood - normalerweise baue ich recht wenige Unfälle, also muss ich nicht zurückschrauben. Wenn ich unheimlich viele Autos zerstören würde, müsste ich mir am Anfang wahrscheinlich Gedanken machen und etwas vorsichtiger fahren.

Die Reifen waren wieder einmal ein großes Thema bei den Tests. Du gehst eh immer sehr sorgfältig mit den Reifen um - wie sieht deine Bilanz nach den ersten Tests mit dem neuen Auto-Reifen-Paket aus?
Nick Heidfeld: Bis jetzt sieht es nicht schlecht aus, allerdings fanden alle Tests bei kühlen Bedingungen statt. Erst in Bahrain treffen wir auf heißere Temperaturen. Deshalb müssen wir erst die beiden Bahrain-Tests abwarten, bevor wir mit Gewissheit darüber sprechen können.

Die Saison verspricht momentan viel Spannung. Das Feld ist zusammengerückt, es gab jede Menge Veränderungen vor und hinter den Kulissen - worauf freust du dich am meisten?
Nick Heidfeld: Das Ziel ist es, immer vorne zu sein. Allerdings stimmt es, dass das Feld näher zusammengerückt ist. Das hat sich schon bei den ersten Tests im Dezember angedeutet, die Reifen scheinen alles etwas angeglichen zu haben. Das sollte uns eine spannende Saison bescheren.