Zu Zeiten des Reifenkriegs hatten beide Seiten nicht viel gemeinsam, außer einem Feind - das Graining. Mit dem Rückzug von Michelin scheint Bridgestone gleich beide Gegner geschlagen zu haben. "Graining ist kein Thema mehr", sagte Bridgestone-Reifenchef Kees van der Grint in Barcelona.

Selbst für ihn kam das überraschend. "Beim ersten Barcelona-Test im Dezember waren wir schon überrascht, weil wir aufgrund unserer Erfahrungen und der Streckencharakteristik ein bisschen Graining erwartet hatten", gab er zu. Aber es gibt noch mehr Erstaunliches zu berichten: "Die härteren Reifen halten länger, die Lebensdauer der Reifen spielt aber keine Rolle mehr. Wir können mit jedem Reifen jede Strategie wählen." Die Teams werden durch ihre Reifenwahl also nicht weiter in ihrer Strategie eingeschränkt. "Man kann jede Stintlänge mit allen Reifen fahren. Auch Abnutzung ist kein Thema."

Entsprechend stolz ist van der Grint auf seine Truppe. "Wir haben unsere Hausaufgaben im Winter sehr gut gemacht. Aber wir können erst am Jahresende sagen, ob es perfekt war." Die bisherigen Tests verliefen jedoch zufrieden stellend. "Das ist unser 15. Testtag mit dem Einheitsreifen und fast alle Teams haben sich gut angepasst. Natürlich haben einige noch Probleme mit dem Grip, aber das Positive ist, dass gestern einige Teams bewiesen haben, dass man mit einem Reifen einen vollen Stint fahren kann", spielte er auf den Tod der Auflösungserscheinungen an. "Einige Teams wurden gegen Ende sogar schneller. Es ist auch schön zu sehen, dass viele verschiedene Autos schnell sind. Uns erwartet eine sehr spannende Saison."

Kees van der Grint trauert nicht um das Graining., Foto: Sutton
Kees van der Grint trauert nicht um das Graining., Foto: Sutton

Dennoch gibt es noch Anpassungsschwierigkeiten bei einigen Teams. "Wir können allerdings nichts dagegen unternehmen - nur Ratschläge geben. Der Reifen ist für alle der gleiche", betonte van der Grint. "Wir haben die Reifenmischungen für das gesamte Jahr festgelegt. Nur wenn die Teams ein mechanisches Problem finden, werden wir darüber nachdenken, etwas zu ändern. Bislang haben die Tests aber bewiesen, dass unsere Planungen sehr gut waren. Es gibt keinen Grund, etwas zu ändern."

Unter den Teams gebe es auch keines, das beim Anpassungsprozess herausstechen würde. Alle Ex-Michelin-Teams seien auf Anhieb schnell gewesen. "Deswegen haben wir ihnen auch schon im September und Oktober Daten geliefert, damit sie ihre Autos an die neuen Reifen anpassen konnten." Zwischen den Teams der beiden Reifenhersteller von 2006 gebe es keine unterschiedlichen Anpassungsprobleme. "Schließlich ist der Reifen für alle neu und hat nichts mit dem letztjährigen Reifen zu tun", sagte uns van der Grint. "Alle bekamen die gleichen Daten und verstanden, was sie an der Aufhängung und der Charakteristik ihrer Autos ändern mussten. Alle begannen auf dem gleichen Level, deshalb ist das Kräfteverhältnis mehr oder weniger das gleiche." Allerdings räumte er schon ein, dass manche Teams vielleicht etwas "cleverer" vorgehen als andere.

"Aber die Leute vergessen gerne, dass wir auch schon einmal lange mit McLaren zusammengearbeitet haben. Auch alle anderen Teams kennen uns von früher." Somit werde der einzige Vorteil der letztjährigen Bridgestone-Partner zumindest etwas eingeschränkt - nämlich der Erfahrungsvorsprung im Umgang mit den Japanern und ihrer Arbeitsweise. "Jetzt liegt es an uns alle fair zu behandeln", sagte van der Grint.

Weiter geht es in Bahrain. Dort treffen die Bridgestone-Reifen und die Teams erstmals auf heiße Temperaturen. "Ich freue mich sehr auf die nächste Woche. Melbourne dürfte milder sein, aber danach kommt Sepang und dort wird es wieder heiß", weiß van der Grint um die Wichtigkeit der beiden Bahrain-Tests. "Solche Temperaturen können wir in Europa nicht simulieren. Aber ich erwarte keine Probleme. Allerdings sollte man niemals zu sehr von sich überzeugt sein." Vielleicht heißt es dann schon nächste Woche: Das Graining ist tot, lang lebe das Graining!