Damon Hill hat noch nie ein Blatt vor den Mund genommen und sagt, was er denkt. So auch jetzt wieder bei der Autosport International Show, als der Formel 1-Weltmeister von 1996 hart mit seinem britischen Landsmann David Coulthard ins Gericht ging. Coulthards Kritik, dass Lewis Hamilton wohl zu früh in die Königsklasse käme, sei wohl nur dem Gefühl entsprungen, dass seine eigene Karriere schön langsam dem Ende entgegengeht und Hamilton noch eine große Zukunft vor sich habe, holte Hill aus. Er sei von der Leistung des Schotten im Laufe seiner Karriere enttäuscht gewesen, erklärte Hill.

"David Coulthard hat so viel Erfahrung und es gibt keine Entschuldigung, dass er die Weltmeisterschaft nicht gewinnen könnte. Er kann Rennen gewinnen, aber vielleicht ist der Zug für ihn schon abgefahren." Natürlich könnte es aber auch sein, dass er, wenn er plötzlich ein sehr gutes Auto hat, das Blatt noch wendet, gab Hill zu. "Aber muss einfach sagen, dass er es in seiner Karriere nicht geschafft hat, die Gelegenheiten beim Schopf zu packen, die vielleicht direkt vor seiner Nase waren. Vielleicht kann er das ja gegen Ende seiner Karriere noch ändern - er ist jetzt 35 oder so und ich habe die WM mit 36 gewonnen. Er ist also noch jung genug, etwas zu ändern, wenn er die Chance dazu bekommt."

Hamilton hat noch eine Gnadenfrist, Foto: Autosport
Hamilton hat noch eine Gnadenfrist, Foto: Autosport

Angesprochen auf die Kritik, die Coulthard vor ein paar Monaten an der Entscheidung McLarens übte, Lewis Hamilton zu verpflichten, meinte Hill, das läge wohl daran, dass auch David Coulthard einmal einer jenen jungen Fahrer war, in die man große Hoffungen gesetzt habe. "Lewis ist die Zukunft, er wird viele Jahre in der Formel 1 sein und da kann man nur hoffen, dass er erfolgreicher sein wird und mehr aus seinen Möglichkeiten macht. Man muss zugeben, dass man jetzt schon von dieser Warte aus auf DCs Karriere zurückblicken kann." Außerdem sei die Kritik sowieso nicht angebracht, erklärte Hill weiter, denn Hamilton habe als GP2-Meister immerhin schon bewiesen, dass er schnell ist und auch bei McLaren unter den Fittichen von Ron Dennis ein gutes Zuhause gefunden hat.

Trotz allem müsse sich der junge Engländer anstrengen und müsste schnellstens in der Lage sein, auch seinen großen Teamkollegen Fernando Alonso zu schlagen. "Die erste Saison ist die schwierigste, aber er muss Fernando Alonso hart auf den Fersen bleiben und dann wird auch sein Selbstvertrauen wachsen." Sollte er es aber am Ende der Saison nicht geschafft haben, Alonso das eine oder andere Mal auszubremsen, dann werde es schwer für ihn. "Man muss sehen, dass große Fahrer wie Michael Schumacher, Alain Prost, Ayrton Senna mit einem Paukenschlag eingestiegen sind. Sie waren einfach da, waren schnell, schneller als ihre Teamkollegen und waren von Beginn an vorne dabei."

Hamilton sei sich des Drucks, der auf ihm lastet aber wohl bewusst, meinte Hill und wüsste, dass die Gnadenfrist, die er hat, nicht ewig andauert. Er spreche da aus eigener Erfahrung, erklärte Damon Hill, dessen erster Teamkollege in der Formel 1 kein geringerer als Alain Prost und dessen zweiter Teamkollege Ayrton Senna war. "Meine ersten beiden Teamkollegen waren großartige Fahrer. Ich wusste, dass keiner von mir erwartet, dass ich Alain Prost oder Ayrton Senna schlage und so hatte ich einen gewissen Schutz." Trotzdem sei ihm aber immer bewusst gewesen, dass er beide schlagen müsse, "denn, wenn ich Alain Prost schlagen kann, wozu macht mich das dann?"

Einen so starken Teamkollegen zu haben sei auf der einen Seite sehr schwer, auf der anderen aber auch ein Geschenk für Lewis im gleichen Team wie Fernando Alonso zu fahren. "Er weiß, dass alles, was er schaffen muss ist, Fernando Alonso zu schlagen und dann ist er schon möglicher Doppelweltmeister." Inwieweit es David Coulthard gelingen wird, in dieser Saison seinen Teamkollegen zu schlagen, darüber ließ sich Hill nicht weiter aus. Dafür sprach dem Briten aber sein Teamchef Christian Horner sein volles Vertrauen aus.

Horner hat Vertrauen in Coulthard, Foto: Sutton
Horner hat Vertrauen in Coulthard, Foto: Sutton

"David ist unglaublich motiviert. Er hat in den vergangenen beiden Jahren extrem hart mit dem Team gearbeitet, war ein wichtiger Teil des Teams und er hat auch nach der Saison mehr getan als je zuvor," erklärte Horner. "Er hat härter trainiert und ist physisch fitter denn je. Er ist motiviert, kann es kaum erwarten, dass es wieder losgeht und freut sich auf das neue Auto. Er erwartet sich viel von der neuen Saison und ich habe ihn noch nie motivierter oder fitter gesehen."

Eine Prognose, wie die neue Saison sich entwickeln wird, traute sich Horner aber nicht abzugeben - trotz des neuen Renault-Motors und Adrian Neweys Mitarbeit am RB3. "Wir haben einen sehr konkurrenzfähigen Motor, einen der erfolgreichsten Designer und sind sehr stark. Natürlich steigen die Erwartungen, aber man darf nicht vergessen, dass wir ein unabhängiges Team sind und in den Werksteams große Konkurrenz haben." Das Ziel für diese Saison sei aber klar gesteckt, erklärte der Red Bull Teamchef. "Wir wollen in der Formel 1 Erfolg haben und dieses Jahr sollte der erste Schritt in diese Richtung sein."