In der Formel 1 geht es um Tausendstel, Millimeter und Arbeit am Limit. Und gerade weil sich alle Teams um das Ausreizen dieser Grenzen bemühen, ist es schwer, selbst einen Vorteil zu erringen. Das sieht auch der BMW Sauber Rennstall in Person von Mario Theissen so. "Wenn du die Großen, Erfahrenen und Etablierten fangen willst, dann musst du außerhalb der Box denken. Wenn du alles so tust, wie sie es tun, dann wirst du ihnen bestenfalls näher kommen", sagte der Teamchef gegenüber Autosport

Wie so ein anderer Zugang aussehen könnte, wird von dem Rennstall auch vorgezeigt. Anstatt einen zweiten Windkanal zu bauen, hat man sich entschieden, auf den neuen Supercomputer Albert 2 zu setzen, der das Verhalten neuer aerodynamischer Teile simuliert. Dadurch soll bereits vor der Fertigung der mögliche Vorteil von neuen Komponenten erkannt werden können.

Der dritte Platz in Monza war aus eigener Kraft eingefahren, Foto: Sutton
Der dritte Platz in Monza war aus eigener Kraft eingefahren, Foto: Sutton

Inwieweit kurzfristig große Erfolge damit zu erzielen sind, wollte Theissen nicht sagen, ihm ist aber bewusst, dass nach dem guten ersten Jahr als eigener Rennstall, die Erwartungen nicht gerade kleiner geworden sind. "Das Problem ist, sobald du etwas erreichst, steigen die Erwartungen schneller, als du ihnen folgen kannst. Um realistisch zu sein, wir haben immer gesagt, dass wir 2007 aus eigener Kraft auf das Podium kommen wollen - und das hat sich nicht geändert", sagte Theissen.

2006 habe es in Monza dank der Aerodynamik ein Podest aus eigener Kraft gegeben, 2007 müsse es das öfter geben, gab er als Ziel aus. Mit einem Sieg wollte er aber nicht spekulieren. "Wenn einige Autos vor uns ausfallen, dann müssen wir dort sein und vielleicht etwas mehr holen. Aber es wäre nicht realistisch, ein Rennen aus eigener Kraft zu gewinnen", meinte er.

Ganz genau legte sich vor kurzem Theissen beim Thema Kundenchassis fest. Hatte er vor Weihnachten noch von einer Sache gesprochen, die etwas für die Gerichte werden könnte, so äußerte er sich diesmal recht genau dazu. Zu der Problematik, dass Toro Rosso und Super Aguri im kommenden Jahr mit Chassis von Red Bull beziehungsweise Honda antreten könnten, meinte er auch bei Autosport: "Es gibt diese Diskussion um 2007, aber für mich ist die allgemeine Sicht viel wichtiger. Ich denke nicht, dass es gut ist, Chassis an ein zweites Team zu verkaufen."

Super Aguri will im kommenden Jahr mit einem sehr honda-ähnlichen Chassis starten, Foto: Sutton
Super Aguri will im kommenden Jahr mit einem sehr honda-ähnlichen Chassis starten, Foto: Sutton

Er meinte zwar, dass die ursprüngliche Idee gut war, kleineren Teams dabei zu helfen, in der Formel 1 konkurrenzfähig zu werden, da sie dadurch nicht 300 Leute einstellen hätten müssen, um ein Chassis zu designen und zu bauen. Doch er betonte auch die negative Seite: "Andererseits, wenn solche Regeln zur Anwendung kommen, dann denke ich, wird sich die Einstellung der unabhängigen Teams ändern. Heute haben wir unabhängige Teams, die konkurrenzfähig sein wollen, die sich als eines von zwölf Teams sehen, die für ihren eigenen Erfolg kämpfen. Mit dem Chassis-Verkauf werden wir bald sechs und sechs Teams haben, denke ich - oder sechs Programme mit je vier Autos."

Das könnte dann dazu führen, dass die unabhängigen Teams ihre Dienste den großen Teams anböten, damit sie das Chassis umsonst bekämen, erklärte Theissen weiter. "Man muss darüber nachdenken, ob das gut für die Formel 1 ist. Ich würde es vorziehen, 12 Teams zu haben, je zwei Autos, jeder kämpft für sein eigenes Schicksal und den eigenen Erfolg."

Zur genaueren Veranschaulichung, zeichnete er ein Szenario, bei dem es nur mehr sechs Hersteller gäbe und darunter vielleicht noch einen, der seine ganzen Bemühungen nur einem Fahrer zukommen ließe, obwohl er vier Autos im Bewerb habe - also quasi ein Nummer-Eins-Fahrer mit drei Assistenten. "Das ist eine ernste Angelegenheit. Ich denke, das könnte das Antlitz der Formel 1 verändern", gab Theissen zu bedenken. "Wir haben immer gesagt, dass wir die momentane Situation unterstützen, in der es Hersteller-Teams und unabhängige Teams gibt, die um Siege kämpfen. Es ist ein gesunder Plan und nur vier oder fünf große Player zu haben, die das Feld kontrollieren, wäre in unseren Augen keine Formel 1 mehr."