Selten wird in der Formel 1 noch Klartext gesprochen, doch im Rahmen der Fahrzeugpräsentationen und Saisonvorbereitung wird immer wieder einmal gerne eine optimistische Prognose, eine waghalsige Vorhersage oder ein übertriebenes Wort zu viel riskiert. Aber sehen Sie selbst, wie sich die Probanden auf unserem Prognose-Prüfstand schlagen...

Renault: Das ging fast gut

Nicht jeder mag Flavio Briatore verstehen - rein akustisch gesehen. Doch seine Saisonprognose war ebenso vorsichtig wie goldrichtig: "Das letzte Jahr war außergewöhnlich und wir möchten es wiederholen." Mit der erfolgreichen Titelverteidigung in beiden WM-Wertungen ist ihm und seinem Team das gelungen. Nur Giancarlo Fisichella dürfte rückblickend mit seiner Kampfansage an seinen Teamkollegen Fernando Alonso und den Rest der F1-Welt nicht so glücklich gewesen sein: "Ich möchte Punkte holen, Rennen gewinnen und im Titelkampf bis zum letzten Rennen eine Rolle spielen." Andererseits: Ganz so falsch lag Fisico damit nicht; er holte Punkte, er gewann zumindest ein Rennen und er spielte bis zuletzt eine Rolle im Titelkampf - allerdings nur im Konstrukteurstitelkampf und als Helfershelfer in der Fahrer-WM.

McLaren: Das ging nicht gut

Bei McLaren Mercedes macht man kein Geheimnis daraus, dass Siege und der WM-Titel das Ziel sind - jedes Jahr. Erst recht, wenn man in der Vorsaison nur knapp am Titelgewinn gescheitert ist und anerkanntermaßen das schnellste Auto besaß. "Wir beginnen jede Saison mit dem Ziel, so viele Rennen wie möglich zu gewinnen", lautete die Prognose von Martin Whitmarsh. "Wenn wir das schaffen, sollte der WM-Titel die logische Folge sein." 18 Rennen später musste nicht nur Mr Whitmarsh eingestehen, dass die logische Folge von null Siegen eindeutig kein WM-Titel ist.

Ferrari: Zur Hälfte erfüllt

"Eigentlich kann nur der Gewinn der Weltmeisterschaft unser Ziel sein", sagte Michael Schumacher zu Saisonbeginn. Nach der enttäuschenden Saison 2005 war das aber mehr eine Motivationshilfe, denn eine ernsthafte Kampfansage. Vor Saisonbeginn waren Ross Brawns Worte realistischer: "Ich vertraue unseren Leuten, aber ich kann mir nicht sicher sein, dass wir einen oder beide Titel gewinnen werden." Stattdessen gab Teamboss Jean Todt ein einfacheres Ziel aus: "Das gesamte Team möchte wieder an die Spitze zurück." Das ist geglückt. Aber eigentlich hätte es ja doch mindestens ein Titel sein sollen...

Toyota: Das war nichts

Mike Gascoyne gehörte in diesem Jahr zu den großen Hellsehern der Formel 1. Nicht was die Performance oder Erfolge seines TF106(B) anging, sondern was seine eigene Zukunft betraf: "Unser Schicksal liegt in diesem Jahr in unseren Händen", sagte Gascoyne bei der Toyota-Präsentation. Wie wahr: Nach wenigen Rennen wurde Gascoyne von den Japanern zur Gartenpflege abgestellt - Pascal Vasselon übernahm seinen Posten. Der Grund ist schnell erklärt, er konnte diese Ziele nicht erfüllen: "Wir beginnen die Saison natürlich mit dem Ziel das oberste Podesttreppchen zu betreten. Außerdem wollen wir das beste Bridgestone-Team werden." Bam. Diese Zielsetzung von Teamchef Tsutomu Tomita wurde weit verfehlt. Aber auch die Fahrer hatten sich mehr erhofft: "Ich möchte meinen ersten Sieg für Toyota feiern!", hatte Jarno Trulli gehofft. Und auch Ralf Schumacher war nicht minder erwartungsfroh: "Das Ziel für 2006 ist es, einige Rennen zu gewinnen und das sollte nach den Podestplätzen im letzten Jahr realistisch sein." Es wurde aber nicht Realität.

Williams: Mission fehlgeschlagen

Technikchef Sam Michael wusste es von Anfang an: "Der FW28 trägt eine große Last auf seinen Schultern, da er Williams an der Spitze zurückmelden soll." Aber Michael hatte sich ein Rezept zurecht gelegt: "Es gibt in der F1 viele gute Teams und der Weg sie zu bezwingen, ist ganz einfach: Man muss ein schnelleres Auto als sie bauen." Dummerweise ist ihm das nicht gelungen. Deshalb wurde auch Patricks Heads Ziel weit verfehlt: "Ich erwarte, dass der Wagen Rennen gewinnt", hatte Head gefordert. Nur Sir Frank Williams blieb bei der Präsentation wenigstens etwas zurückhaltender: "Es ist sehr gefährlich Vorhersagen zu treffen, aber wenn wir in der Konstrukteurs-WM 2006 Dritter werden sollten, hätten wir unsere Sache sehr gut gemacht." WM-Rang 8 ist demnach alles andere als gute Arbeit.

Honda: Fehlstart

"Wir werden um Siege kämpfen und wenn wir in diesem Jahr um Siege kämpfen können, dann vom ersten Rennen an." Dessen war sich Jenson Button sicher - genauso sicher wie im Vorjahr, allerdings hat es damals auch schon nicht geklappt. So auch diesmal. Immerhin gab es in der zweiten Saisonhälfte eine Belohnung für die Leiden des Fehlstarts: Der erste Sieg von Jenson und Honda sowie die meisten Punkte der Schlussrennen. Eins erreichte man aber nicht: "Wir möchten 2006 Rennen gewinnen - das ist Plural", hatte Nick Fry zu Jahresbeginn gefordert. Die Messlatte war dadurch hoch angesetzt, zu hoch für das Team und vor allem für Technikchef Geoff Willis. "2006 sollte eines der besten Jahre werden, das wir jemals hatten", prophezeite Willis beim Launch. "Wir müssen 2006 unbedingt Rennen gewinnen. Wir müssen aber nicht nur lernen, wie man gewinnt, sondern auch wie man regelmäßig gewinnt." All das lernte das Team ab der Saisonmitte ohne Geoffrey - er musste gehen. Rubens Barrichello durfte bleiben, auch wenn seine Saisonprognose ebenfalls kräftig daneben ging: "Ich möchte bei jedem Rennen um den Sieg fahren. Wenn man Rennen gewinnt, dann kann man auch um den Titel mitkämpfen. Also versuche ich Weltmeister zu werden."

Red Bull & Toro Rosso: Ja und nein

Zwei Teams, zwei Zielsetzungen - aber nur ein positives Endergebnis. Die Scuderia Toro Rosso durfte mit ihrer Debütsaison zufrieden sein. Teamchef Franz Tost hatte richtig vorhergesagt: "Es wird eine harte Saison und wir brauchen viel Glück, um Punkte zu holen." Genauso sollte es kommen - einmal durften die Jungbullen sich über einen WM-Zähler freuen. "Eins ist aber klar: Wir werden die Saison nicht auf dem gleichen Platz beenden, auf dem wir sie begonnen haben." Auch damit sollte Tost recht behalten: Von Platz 10 ging es auf Platz 9.

Ganz anders beim Schwesterteam, dort blieb man auf Platz 7 sitzen. Die Ziele wurden dennoch nicht erfüllt: "Wir möchten auf der Vorsaison aufbauen und unseren direkten Konkurrenten - BMW, Williams und Honda - noch mehr Kopfschmerzen bereiten", sagte Christian Horner. Auf den Kopfschmerzen blieben die roten Bullen diesmal selbst sitzen. Viel besser verlief es für Kollege Mario Theissen. Der durfte sich über eine erstaunlich gute Saison freuen, die seine Erwartungen übertraf: "Wir sind ein neues Team. Sauber wurde 2005 Achter in der Team-WM, unser Ziel ist es, uns zu verbessern." Mit Platz 5 ist das eindrucksvoll gelungen, sogar zwei ungeplante Podestplätze durfte man bejubeln.

Super Aguri & Midland/Spyker: Nichts Neues

Midland-Technikchef James Key ging das Jahr äußerst euphorisch an: "Wir zielen auf die Teams ab, die im letzten Jahr vor uns gelegen haben und das sind Red Bull Racing und BMW Sauber." Allerdings musste man diese Ziele schnell auf ein realistisches Niveau herunterregeln, wobei Red Bull vor allem gegen Saisonende einige Male mehr als nur in Reichweite herumeierte. Nur eins klappte nicht: "Wir wollen regelmäßig und ohne Mithilfe von Glück punkten", hatte sich Teamboss Colin Kolles gewünscht. Am Ende blieb sein Team ohne Zähler. Das gleiche gilt für Super Aguri, aber die waren schon froh, überhaupt bei allen Rennen dabei gewesen zu sein. "Unsere erste Saison wird ein Lehrjahr", wusste Aguri Suzuki, "aber vielleicht können wir in der zweiten Saisonhälfte in die Punkte fahren." Na ja, das war etwas übereifrig...