Das Bild des Jahres

Die Formel 1 ist steif, humorlos und langweilig - noch schlimmer sind ihre Teamchefs, die erst recht steif, humorlos, langweilig und nie einer Meinung sind. Red Bull Racing-Sportdirektor Christian Horner bewies in Monaco das Gegenteil. Er hielt sein Wort: "Wenn wir in Monaco auf dem Podium landen, springe ich nackt in den Pool der Energy Station." Gesagt, gesprungen: Erst hüpfte David Coulthard im Superman-Cape auf das Podium, dann flog Horner nur mit dem Cape bekleidet ins kühle Nass.

Der Rundengeiz des Jahres

Der Rundengeiz ist an den GP-Freitagen allgegenwärtig. Man könnte dessen Auswirkungen nun mühsam zusammenzählen und so herausfinden, wer am wenigsten Runden in den Freien Trainings zurückgelegt hat. Man könnte auch Rookie Nico Rosberg über die fehlende Fahrpraxis und Zeit zum Streckenlernen jammern lassen, aber selbst das gab er irgendwann auf und fand sich damit ab, dass er "eh nicht fahren" würde. Man kann den Rundengeiz des Jahres aber auch an nur einem Mann festmachen: Robert Kubica hatte bis Ungarn das Glück zu den wenigen glücklichen Fahrern zu zählen, die am Freitag beinahe unzählige Runden und Testkilometer abspulen durften. Ab Budapest war damit Schluss: Dann durfte er zwar auch am Samstag und Sonntag ins Auto steigen, aber an den Freitagen wanderte er von Hero to Zero - statt einer GP-Distanz durfte er nur noch ein paar Installationsrunden fahren. Die Leiden eines modernen Einsatzpiloten...

Der Spruch des Jahres

"Das war doch nur ein Spaß." Diesen Satz musste Flavio Briatore gleich mehrmals bemühen. Zum ersten Mal, als die Bild-Zeitung ihn bei einer für sie eindeutigen "Grußpose" mit ausgestrecktem Arm abdruckte. Zum zweiten Mal kam der Satz zum Einsatz, nachdem Flavio mehrfach die FIA der absichtlichen Manipulation bezichtigt hatte - die Strafen für Fernando Alonso und Renault sprachen für ihn eine ebenso eindeutige Sprache wie er selbst. Am Ende war es aber wohl doch nicht so eindeutig: Beide Male dementierten Renault und Briatore via eines Presseschreibens; ein bisschen "Spaß" muss sein...

Der Forenpost des Jahres

"Wie habt ihr euch eigentlich zu uns verirrt?" lautet der Titel eines Threads in unserem motorsport-magazin.com-Forum. Unser User "Icemanogood" beantwortete diese Frage rekordverdächtig: "Bei mir war's recht unspektakulär. Ich hatte einfach mal wieder das Internet nach Motörhead abgesucht und kam dann auf diese Seite hier. Eigentlich wäre mir natürlich eine Motörhead-Seite viel lieber gewesen, aber was soll's, Hauptsache laut." Suchmaschinen sind eben auch nicht mehr das, was sie einmal waren - und nein: wir haben sie nicht gekauft. Mit so einem billigen, kleinen Laden geben wir uns doch nicht ab...

Die Einigung des Jahres

FIA, FOM, CVC, GPMA, Hersteller, Teams, Bernie, Max - all diese Köpfe unter einen Hut oder deren Unterschriften auf ein Stück Papier zu bekommen, schien bis zu diesem Jahr unmöglich. Doch auch unmögliche Dinge werden manchmal möglich. Nach laaaaangwierigen Verhandlungen, Diskussionen, Meetings und Treffen, deren genaue Abfolge wir aus Rücksicht auf unsere Leser hier nicht noch einmal Revue passieren lassen - schließlich beginnt im März 2007 die neue Saison und bis dahin würde es mit einer kompletten Chronologie recht knapp werden -, kam es endlich zu einer Einigung, nein, nicht nur zu irgendeiner Einigung, es war die Einigung des Jahres und der gesamten jüngeren Vergangenheit des Sports.

Das Versprechen des Jahres

Ich verstehe Euch nicht - Ihr wollt die Regeln ändern?, Foto: Sutton
Ich verstehe Euch nicht - Ihr wollt die Regeln ändern?, Foto: Sutton

Lange sah es danach aus, als ob das zukünftige Motorenreglement, die so genannte Motoreneinfrierung, und eine Gedächtnislücke von Max Mosley die Verhandlungen zum Scheitern verurteilen würden. Im März erklärte Mosley noch, dass alle Teams, die sich für die WM 2008 fristgerecht anmelden würden, bis zur Deadline am 30. Juni über das neue Reglement mitdiskutieren dürften. Jedes Element könne geändert werden, hieß es vor der Unterschrift der Teams. Einen Tag nach der Unterschrift der Hersteller unter die Absichtserklärung hörte sich das ganz anders an: Das Motorenreglement stehe fest und könne nicht mehr geändert werden. Es wäre nicht möglich einen solch gravierenden Punkt zu ändern, da sich alle Teams unter diesen Voraussetzungen angemeldet hätten. Mehrere Monate, etliche Briefwechsel, jede Menge Entwürfe und sehr viele Meetings später wurde dann doch noch etwas am Motorenreglement geändert, alles auf 2007 vorgezogen und bereits die nächsten Änderungen zwischen 2009 und 2011 in die Wege geleitet. Lang leben die Regeländerungen!

Die Vereinigung des Jahres

Grand Prix Driver's Association. So lautet der Gewinner in unserer Kategorie Vereinigung des Jahres. So aktiv und schlagzeilenträchtig wie 2006 war die GPDA schon lange nicht mehr. Den ersten Aufschrei aus den Reihen der Mitglieder gab es nach der Parkaktion ihres Präsidenten in Monaco. Danach wurden Meetings abgehalten, Off the Record-Aussagen getätigt und nie eine Konsequenz gezogen. Nach einigen Verschiebungen wurde in Shanghai dann das neue Triumvirat gewählt - Alonso, Webber und Ralf Schumacher führen die Fahrer nun an. Sie müssen sich jetzt mit der Sicherheit bei Testfahrten herumschlagen, die das gesamte Jahr über von der GPDA angeprangert wurde. Vor dem Rennen in Monza kam es sogar zu einer Auseinandersetzung mit Max Mosley, die noch immer anhält.

Das Press Release des Jahres

Pressemitteilungen sind eine feine Sache. Denn ihre Rückseiten sind meistens weiß, so dass man sie gut für Notizen verwenden kann. Ihre digitalen Ausgaben machen sich zumindest in diversen Ordnern gut, die Outlook verstopfen. Hin und wieder trifft man aber auch etwas Spektakuläres an, meistens aus der Feder der Schreiberlinge bei Red Bull oder deren Schwesterteam. Die Scuderia Toro Rosso zeichnet auch für unser Press Release des Jahres verantwortlich. Das erste Multiple-Choice-PR zum Ankreuzen. Wie uns das gefallen hat?
. Genial!
. Spitze!
x Unbedingt zur Nachahmung empfohlen!

Das (Un-)Wort des Jahres

Die Saga des Jahres war diesmal keine Button-Gate-Affäre, sondern das leidige Dämpfer-Gate. Das Verbot der Masse-Dämpfer bescherte uns folgerichtig auch das Wort des Jahres - oder gibt es etwas Schöneres als zehn Mal hintereinander "Masse-Dämpfer" zu sagen? Das genaue Gegenteil ist leider auch damit verbunden: die unsäglichen Schwingungstilger.

Der Skandal des Jahres

Auch hier werden wir schnell fündig. Mit den größtenteils auf Unverständnis stoßenden Bestrafungen von Fernando Alonso in Ungarn und Italien gab es zwar harte Konkurrenz, aber letztlich qualifizierte sich nur eine Szene für den Skandal des Jahres: Rascasse-Gate - die Parkplatzsuche am Rande Fürstentums.

Das Rennen des Jahres

18 Rennen standen zur Auswahl, für uns war das letzte Rennen auch das Rennen des Jahres. Ja, Überholen ist in Brasilien schwierig, weshalb es nicht in jeder Runde zu unzähligen Manövern kam, ja, es war kein unvorhersehbares Regenchaos wie in Ungarn, es war auch kein Thriller mit Wetterwechseln, schwanken Kräfteverhältnissen und unerwarteten Wendungen wie in Shanghai und es war kein harter Zweikampf wie in Imola und am Nürburgring. Aber der Brasilien GP war aus so vielen anderen Gründen das Rennen des Jahres. Zuallererst war er natürlich das letzte Rennen in der langen, erfolgreichen Karriere eines gewissen Michael Schumacher. Obwohl der Titelkampf - fast - entschieden war, war das Rennen trotzdem spannungsgeladen, voller Action, Dramatik und den letzten Meisterleistungen des Rekordchampions. Es war ein würdiger Abschluss.

Das Team des Jahres

Kein Flügel, viel Speed: Das Bondauto ist unser Auto des Jahres., Foto: BAR
Kein Flügel, viel Speed: Das Bondauto ist unser Auto des Jahres., Foto: BAR

Das Team des Jahres? Es kann nur eines geben; allerdings hätte es dieses beinahe gar nicht gegeben. Im Dezember 2005 gab es sie sogar überhaupt noch nicht. Umso erstaunlicher und beachtlicher ist die Leistung, die Super Aguri seitdem vollbracht hat. Aguri Suzuki, Daniele Audetto & Co haben aus dem Nichts ein F1-Team aufgestellt, einen Oldtimer reaktiviert, die Finanzierung sichergestellt und eine komplette Saison bestritten. Super Aguri ist das Team des Jahres, allein dafür, dass es sie überhaupt gibt.

Das Auto des Jahres

Angesichts unserer Wahl zum Team des Jahres ist es natürlich verlockend, den wieder geborenen Arrows A22 alias SA05 respektive SA06 auch als Auto des Jahres zu küren. Aber irgendwie wäre es selbst für diese schräge Jahresbilanz fast schon zu schräg, das langsamste Auto zum Auto des Jahres zu machen. Oder etwa nicht? Nein, das Auto des Jahres muss schnell sein, verdammt schnell, fast schon wahnsinnig schnell. Wahnsinnige Geschwindigkeit erreichte in diesem Jahr nur ein Auto: das Bondauto. Aber nicht jenes im neuen Kinostreifen, sondern jener BAR Honda vom Typ 007, den das Team für einen Geschwindigkeitsweltrekordversuch auf dem 121 km² großen Salzsee von Bonneville umbaute.

Der ursprüngliche Rekordversuch war für Oktober 2005 angesetzt, musste aber wegen schlechter Wetterverhältnisse abgesagt werden. Bei einem Testlauf auf dem Mojave Flugplatz in Kalifornien erreichte das kleine Bonneville 400-Team im letzten November einen inoffiziellen Rekord von 413,205 km/h. Nach zwei Jahren Entwicklungszeit wurde es dann ernst, Ende Juli war Honda-Tester Alan van der Merwe drei Tage lang auf dem Salzsee unterwegs. Das Ergebnis waren mehrere neue FIA-Weltrekorde, darunter jener für die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit (397,481 km/h) und der für den höchsten Speed (400,459 km/h). Ein echtes Auto des Jahres eben.

Der Fahrer des Jahres

Michael Schumacher, klar, Fernando Alonso, sowieso - aber das wäre alles zu offensichtlich. Unser Fahrer des Jahres ist... Valentino Rossi. Warum? Der Doktor stellte den Mediendschungel mit seinen F1-Ausflügen und der Aussicht auf einen Wechsel auf vier Räder auf den Kopf. Er testete, war in allen Schlagzeilen, drehte sich in den Kies und gewann Rennen, wenn auch auf zwei Rädern in der MotoGP. Aber zuallererst wurde er mehr beachtet, als so mancher F1-Stammpilot und GP-Sieger. Aus diesem Holz sind wahre Fahrer des Jahres geschnitzt.

Die Meldung des Jahres

"Schumacher tritt zurück" - aber damit würden wir es uns zu einfach machen. "Hersteller einigen sich mit der FIA" - ja, aber das ist schon die Einigung des Jahres, zwei Titel hat dieser Vorfall nun wirklich nicht verdient. "Montoya wechselt in die Nascar Serie" - interessant, spannend, unerwartet, aber Meldung des Jahres? "Kubica ersetzt Villeneuve" - ebenfalls unerwartet, überraschend und spannend, aber Jacques' Titel war wohl etwas zu lange her, damit sein Abgang die absolut explosivste Meldung des Jahres hergegeben hätte. Unsere Meldung des Jahres trägt einen ebenso kurzen wie schlichten Titel: "Hi!"

Im kompletten Wortlaut sah sie so aus: Stammleser wissen: Wir lieben Press Releases! Sie sind so inhaltsgeladen und stecken voller überraschender Wendungen... Red Bull und die Scuderia Toro Rosso bilden da eine Ausnahme. Auf sie trifft das nämlich tatsächlich manchmal zu. So zum Beispiel nach dem Ende der heutigen Testfahrten. Da schrieben die roten Bullen: "Für jenen amerikanischen Journalisten, der sagt, dass er mit unseren Press Releases mehr anfangen könnte, wenn sie einen Kommentar von Scott Speed enthalten würden, hier ein Kommentar von ihm: Scott sagt.... 'Hi!'" Seinem Schwesterteamkollegen - was für ein Wort! - David Coulthard, hatte Scott bei der Stewards-Anhörung in Australien aber noch ein bisschen mehr zu sagen...