Rob, erinnern Sie sich noch an die Turbo-Zeiten von Renault?
Rob White: Natürlich. Diese Ära prägte wesentlich meine Begeisterung für die Formel 1. Ich wage mir kaum vorzustellen, was wir mit dieser Motorenformel heute zustande bringen könnten. Meine erste persönliche Erinnerung an Renault ist der Anblick dieses großen Fabrikgebäudes von Viry, gleich neben der Autobahn A6 im Süden von Paris. Als ich das erste Mal daran vorbeifuhr, hätte ich nie daran gedacht, hier einmal arbeiten zu dürfen.

Was fällt Ihnen zu den V10-Jahren von 1989 bis 1997 ein?
Rob White: Daran habe ich ebenfalls sehr lebhafte Erinnerungen. Ich arbeitete damals schon an Rennmotoren, und die Leistungen der Renault Motoren überraschten uns. Du konntest die Siegesserien nur bewundern und dich fragen, wie Renault das macht.

Seit Sie bei Renault sind, haben Sie an vielen verschiedenen Motoren gearbeitet. Hatten diese V10 und V8-Aggregate irgendetwas gemeinsam?
Rob White: Die Philosophie hinter den unterschiedlichen Konzepten vereinte wohl alle diese Motoren. Der entscheidende Faktor heute sind schnelle Entscheidungsprozesse wenn es um die Wahl der richtigen Forschungsrichtungen und der Nutzung von Ressourcen geht. Einen Formel 1-Motor zu konstruieren, ist dabei noch die einfachste Aufgabe. Das Wichtigste ist das Funktionieren des Autos als Ganzes. Integration ist der Schlüssel zum Erfolg. Darauf zielen wir immer ab.

Ab 2005 galt es, einen Motor zu bauen, der zwei Rennwochenenden durchhält. Viry hat diese Aufgabe brillant gelöst ...
Rob White: Beim Triebwerk für 2005 galt es, einige innovativen Ideen des weitwinkligen RS23-V10 zu übernehmen und zugleich manches vom eher konventionellen R24 beizubehalten. Am Ende waren 98 Prozent der Komponenten des RS25-V8 komplett neu. Wir behielten den Zylinderbankwinkel von 72 Grad bei. Der Schwerpunkt lag aber erheblich tiefer als beim 2004er Motor. Auf diesem Gebiet konnten wir 70 Prozent der Differenz zwischen dem RS23 und dem RS24 wettmachen. Trotz der längeren Lebenszyklen wog der RS25 nicht mehr als sein Vorgänger. Und zu guter Letzt arbeiteten wir sehr intensiv an Leistungsabgabe und Drehmomentkurve.

Dieser V10 wurde zum Weltmeistermotor. Das müssen schöne Erinnerungen sein ...
Rob White: Allerdings. Und was uns besonders freute: 2005 war die letzte Saison der V10-Aggregate. Renault wurde so der erste und der letzte Hersteller, der mit diesem Konzept siegte. Die Fortschritte, die die Formel 1-Technik in dieser Zeitspanne gemacht hat, faszinieren mich. Das V10-Konzept war bei seiner Einführung sehr innovativ. Es war Ausdruck einer sehr pragmatischen Herangehensweise, die später von allen Gegnern übernommen wurde. Typisch Renault.

Dann kam der Wechsel zu den V8-Motoren. Musstet Ihr mit einem weißen Blatt Papier beginnen?
Rob White: Nein, überhaupt nicht. Die Architektur war neu, doch die eingesetzte Technologie blieb dieselbe. Wir mussten sie nur auf die neuen Anforderungen adaptieren. Die V8 der Generation 2006 hatten mehr mit den V10-Motoren von 2005 gemeinsam als mit den V8-Triebwerken der 90er Jahre. Und nicht zu vergessen: Das Team in Viry besitzt viel Erfahrung in der Konstruktion neuer Motorenkonzepte: Die Motoren der Jahrgänge 2003, 2004, 2005 und 2006 unterschieden sich sehr stark voneinander. Wir wissen wechselnde Anforderungen umzusetzen.

2005 und 2006 waren die Renault Motoren die zuverlässigsten im Feld ...
Rob White: Das ist sehr befriedigend, wenn auch unterm Strich jeder Defekt ein Wermutstropfen bleibt. Wir wollen immer das Optimum, und das wären null Fehler.

Wenn Sie eine Qualität der Mannschaft in Viry besonders hervorheben sollten, welche wäre das?
Rob White: Ohne Zweifel unsere Fähigkeit, die richtigen Entscheidungen zu treffen und den besten Kompromiss zu erkennen. Das Team hat wirklich großartige Arbeit geleistet. Wir haben hier eine fantastische Gruppe von Leuten zusammen, die die Weltmeistertitel 2005 und 2006 voll verdient hat.