Unser Max hat immer viel zu erzählen. Der Mann sprudelt geradezu vor Ideen. Und in der Mosley-Speak, angelehnt an die legendäre Ron-Speak, nur nicht ganz so hochgestochen, klingt auch alles toll, wird super erklärt und vom FIA-Präsidenten höchstpersönlich perfekt präsentiert. Aber sobald man anfängt darüber nachzudenken, die Punkte einzeln unter die Lupe nimmt, vergleicht und mit der Realität in Einklang bringen möchte, dann kommen mehr als nur einmal solche Dinge heraus wie das Single-Lap-Qualifying, die Kostenerhöhung beim neuen Motorenreglement oder die fehlgeschlagene Rettung der unabhängigen Motorenhersteller.

Hinter Gittern: Der ganz normale F1-Fanknast., Foto: Sutton
Hinter Gittern: Der ganz normale F1-Fanknast., Foto: Sutton

Dennoch sprach Max Mosley in seiner langen Rede auf dem Motor Sport Business Forum in Monaco einige interessante und sogar wahre Worte. Interessant war vor allem dieser Satz: "Wenn wir noch mehr Überholmanöver erzielen können, bekommen wir spannendes Racing." Genau das wünschen sich die Fans: echtes, spannendes Racing, Motorsport am Limit, Überholmanöver, Zweikämpfe, beinharte Rad-an-Rad-Duelle. Dafür sorgen sollen eine neue Aerodynamik und mehr PS durch Energierückgewinnung, die natürlich auch der Automobilindustrie und somit dem Verbraucher zum Vorteil gereichen soll. Aber das ist nicht alles, was die Formel 1 noch besser machen könnte - auf dem Business Forum wurde immer wieder das große Vorbild Nascar gepriesen. Aber was machen die Amerikaner dort so viel besser?

Sie werden ihn nicht kennen, aber Henri Richard, seines Zeichens Chief Sales and Marketing Officer beim Computerchip-Riesen AMD, nannte das Problem der Königsklasse beim Namen, er sagte: "Man könnte mehr unternehmen, um das Entertainment der F1 zu verbessern. Wir leben im 21. Jahrhundert und die F1 macht auf vielen Bereichen nicht das Beste aus ihren Möglichkeiten. Speed, Glamour, Technologie und Talent gehören zum Paket, aber die Fahrer verbringen die meiste Zeit vor dem Rennen damit, von einem Truck zu winken." Bernie nannte das einmal "20 Idioten auf einem Lastwagen", nur das es heutzutage eben 22 davon gibt. "Wir sollten etwas Besseres machen", forderte Richard im F1Racing Magazine. "Die Fans wollen nah an die Fahrer, aber die meiste Zeit betteln sie durch einen Zaun um Autogramme. Das ist nicht gut genug."

ChampCar-Pilot Andreas Wirth kennt die amerikanischen Fans und die löbliche Fanarbeit in der ChampCar Serie aus eigener Erfahrung. "Die Fans sind viel näher dran. In den USA hat man noch viel mehr mit den Leuten selbst zu tun", sagte Wirth zu motorsport-magazin.com. "In Amerika scheint man besser zu verstehen, dass es den Sport ohne die Fans gar nicht geben würde. In der Formel 1 kommt man an die Fahrer nie heran, in der ChampCar sind es wirklich Fahrer zum Anfassen."

Die Fans auf den überteuerten Tribünenplätzen wollen besser unterhalten werden und mehr für ihr sauer verdientes Geld geboten bekommen. Schließlich sagt unser motorsport-magazin.com-Redakteur Falko Schoklitsch nicht ohne Grund stellvertretend für viele Motorsportkenner und Fans, dass man für Überholmanöver und richtige Action eben eine "richtige Rennserie" ansehen müsse - nämlich die MotoGP. Dort gibt es noch Zweikämpfe, aktive Positionswechsel (ja, ohne Boxenstopps, Strategien und Stallregie!), Sieger-Donuts und schrille Charaktere in Kostümen, die sagen, was sie denken und machen, was sie wollen.

Auf die Hörner genommen: Auch ohne das große S kann die F1 spannend sein., Foto: Sutton
Auf die Hörner genommen: Auch ohne das große S kann die F1 spannend sein., Foto: Sutton

Mit dem neuen Kangaroo TV soll erste Abhilfe geschaffen werden. Waren Fans ohne Leinwand in Sichtweite bisher aufgeschmissen, sollen sie zukünftig - gegen einen gewissen Leihbetrag - TV-Bilder, Ob-Board-Aufnahmen, Daten, Zeiten und Infos direkt auf ihr Empfangsgerät geliefert bekommen. motorsport-magazin.com-Redakteurin Karin Sturm durfte ein solches Gerät in der abgelaufenen Saison an einem GP-Wochenende ausprobieren und räumte der Idee durchaus Potenzial ein. Zusätzliche Pitwalks, Autogrammstunden oder öffentliche Interviews nach dem Vorbild der amerikanischen Rennserien oder der DTM könnten für weitere Pluspunkte bei den Fans vor Ort sorgen.

Mindestens genauso wichtig ist es jedoch die Fans vor den Fernsehern nicht zu vergessen; das dürfte Bernie allerdings eh nicht im Traum einfallen, immerhin liefern ihm die TV-Deals und Quoten jede Menge Kleingeld, das sie für ihn sogar noch wichtiger, als die zahlende Fanschaft auf den Tribünen macht. Aber was bekommen die ach so wichtigen TV-Zuschauer alle zwei Wochen auf der Flimmerkiste geboten? Langweilige Rennen, seltsame Kommentare, unerklärliche Bildregie und wenig Informationen. Vorbei ist die Zeit von Bernies Digital-TV, von unzähligen freiwählbaren Kameraperspektiven, Datenkanälen und offenem Funkverkehr bei jedem Rennen. Dabei sind sich die Experten von den Teams bis zu den Fernsehmachern und Fans einig: Es müssen mehr Grafiken, Statistiken und der Boxenfunk aller Teams her - auch jener von Ferrari und McLaren, die sich derzeit noch als einzige dagegen wehren!

Die Saison 2006 war nach einhelliger Meinung die spannendste seit Jahren. Mit einigen Maßnahmen zur Erhöhung der Fanfreundlichkeit und zum Wohle der Action auf der Strecke kann dies erst Recht und in gesteigerter Form für alle kommenden Saisons gelten - selbst in einer F1-Zeitrechnung ohne Michael Schumacher.