Das Saisonziel: Mindestens ein WM-Titel.

Die Ausbeute: 2. WM-Platz - 201 Punkte

Die Bilanz - Auto & Team: In Suzuka war Ferrari beim vorletzten Saisonrennen des Jahres 2006 am Boden zerstört. Im vorletzten Rennen seiner Karriere scheiterte Michael Schumacher an einem defekten Ventil, das ihn teuer zu stehen kam - nämlich mit dem Verlust des achten Fahrer-WM-Titels. Ein Jahr zuvor war Ferrari nicht am Boden zerstört, sondern einfach nur zerstört. Die Saison 2005 war besonders zu Beginn eine echte Blamage, eine absolute Enttäuschung für die verwöhnte rote Seele, ein absolutes Desaster.

Dieses Jahr hätte so viel schöner sein können: Die Roten kehrten schon zu Saisonbeginn überraschend in den Kreis der Sieganwärter zurück und kristallisierten sich bald als einzige Verfolger und Titelgegner von Renault und Fernando Alonso heraus. Die Rückkehr an die Weltspitze war geglückt. Sogar bei den Olympischen Spielen in Turin erhielt einer der roten Renner im Rahmen der Eröffnungsfeier einen Gastauftritt - am Steuer saß übrigens Testfahrer Luca Badoer.

91 Siege, 68 Poles, 7 WM-Titel., Foto: Sutton
91 Siege, 68 Poles, 7 WM-Titel., Foto: Sutton

Doch am Ende brannte die Olympische Flamme nicht bis zum 18. und letzten Saisonrennen, dem letzten Formel 1 Grand Prix von Michael Schumacher. Das Feuer erlosch schon vorher oder besser formuliert: es entbrannte im Motor des 248 F1 mit der Startnummer 5 noch einmal von neuem. Der neueste Ferrari mit dem ungewöhnlichen Namen war nicht das schnellste oder beste Auto des Jahres, besonders die Bridgestone-Reifen ließen den Wagen öfter langsamer aussehen, als er eigentlich war. Im Laufe der Saison konnte Ferrari jedoch den Rückstand auf Renault aufholen und ab der Saisonmitte in Zusammenarbeit mit Bridgestone einige Rennen dominieren. Am Ende hatte man unter gewissen Umständen sogar Vorteile.

Allerdings gab es viele Stimmen, dass den Italienern etwas Hilfe von oben, also aus der FIA-Zentrale vom Place de la Concorde in Paris, zuteil wurde. Nicht nur Fernando Alonso und Flavio Briatore verliehen dieser Ansicht offen und oft Ausdruck - auch wenn der Italiener später alles nur als "Scherz" bezeichnete. Das umstrittene Verbot der legendären Schwingungs- respektive Masse-Dämpfer war aber nur eine dieser fragwürdigen Entscheidungen. Auch die Strafen für Alonso in Ungarn und Italien sorgten für einiges Stirnrunzeln. Gerade im Vergleich zu den ausgebliebenen Bestrafungen der Roten bei deren strittigen Fahrzeugteilen wie den stetig wachsenden Radkappenabdeckungen und den flexiblen Heck- respektive Frontflügeln. Über all das wurde viel diskutiert, aber zu einer Untersuchung oder gar einer Bestrafung kam es nie. Dafür beherrschte von Anfang an noch ein weiteres Thema die Gazetten: Würden Schumacher, Todt, Brawn & Co auch 2007 weitermachen oder würde Ferrari am Ende des Jahres auseinander brechen? Die Antwort darauf kann nur die nächste Saison geben. Dann stellt sich wieder die Frage: Brennt die Flamme diesmal bis zum Ende?

Die rote Aufholjagd blieb unbelohnt., Foto: Sutton
Die rote Aufholjagd blieb unbelohnt., Foto: Sutton

Die Bilanz - Fahrer: Er ist der erfolgreichste Rennfahrer der Formel 1-Geschichte, daran konnte auch sein ungekröntes Abschiedsjahr nichts ändern. Nur der achte Coup blieb Michael Schumacher versagt. Trotzdem konnte er in seinem 16. F1-Jahr noch einmal seine Extraklasse beweisen; selbst bei seinem vermurksten Abschieds-GP in Brasilien. Dort zeigte er, unterstützt vom schnellsten Auto im Feld, eine fantastische Aufholjagd und jede Menge harte, aber jederzeit faire und vor allem brillante Überholmanöver. So werden ihn selbst seine Kritiker vermissen und hätten auch diese ihm einen Podestplatz oder einen letzten Sieg zum Karriere-Ende gewünscht.

Insgesamt stellte seine letzte Saison quasi ein leicht verzerrtes Spiegelbild seiner F1-Karriere dar. Wie seine Laufbahn war auch die Saison von Höhen und Tiefen, von Überraschungen und Enttäuschungen geprägt. Es gab Siege, Rekorde und eine zwischenzeitliche Dominanz, aber es gab eben auch Ausfälle, Fehler und Skandale. Einer davon war die Parkplatz-Affäre beim Qualifying in Monaco, ein anderer die überfahrenen roten Flaggen in Budapest. Beide Male zeigte er sich von seiner trotzigen Seite und wollte die Fehler nicht eingestehen. Man sollte sich doch die Bilder ansehen und sich dann eine eigene Meinung bilden - das taten die meisten dann auch.

Eins passte jedoch nicht ins Bild seiner langen und erfolgreichen Karriere: das Ende. Statt eines Happy Ends, eines inszenierten Finales, wie damals in Indianapolis 2003, hatte er an seinen letzten beiden Formel 1-Rennwochenenden zusammen fast mehr Pleiten, Pech und Pannen als in seiner gesamten Karriere zuvor. Der Motorschaden von Suzuka beraubte den Perfektionisten Schumacher seiner realistischen Titelchancen, weshalb er erstmals in seiner Karriere öffentlich aufgab. Ein Defekt an der Benzinpumpe und ein Reifenschaden nahmen ihm dann in Interlagos die letzte Hoffnung auf ein rotes Wunder.

Dafür vollbrachte Felipe Massa sein eigenes Wunder: Zum ersten Mal seit Ayrton Senna 1993 triumphierte mit ihm wieder ein Brasilianer in Sao Paulo. Damit schaffte Massa schon in seinem ersten Ferrari-Jahr, was Rubens Barrichello seit einem Jahrzehnt verwehrt blieb. Zuvor hatte er seine verbesserte Reife bereits mit drei Pole Positions und seinem Debütsieg in der Türkei unter Beweis gestellt. In Istanbul verzichtete Ferrari sogar auf eine Stallregie zu Gunsten von Schumacher, um Massa so den Erfolg zu ermöglichen.

Der letzte Handshake als Rivalen., Foto: Sutton
Der letzte Handshake als Rivalen., Foto: Sutton

Was für viele eine Selbstverständlichkeit war, unter anderem wegen des Verbots der Teamorder, brachte durchaus das gute Verhältnis zwischen dem brasilianischen Lehrling und seinem deutschen Meister zum Ausdruck. Als Schumacher bei seiner Rücktrittsankündigung betonte, dass es auch Zeit gewesen sei, an Massas Zukunft zu denken, nahm man ihm das tatsächlich ab. Auch als er sich mit Felipe über dessen Siege freute, selbst da er gerade in seinem Abschiedsrennen nur Vierter geworden war, war dies keine gespielte Freude.

Massa hat sich diesen Respekt hart erarbeitet - mit guten Leistungen, die ihn bei einigen Rennen schneller als Schumacher sein ließen; das können nicht viele Teamkollegen des Rekordchampions von sich behaupten. Zu Saisonbeginn war noch viel vom alten Felipe Massa zu sehen, ein junger, ungestümer Fahrer, der verdammt schnell war, aber doch einige Fehler beging. Im Laufe des Jahres stellte er diese ab und trat aus dem Schatten des Ex-Champions heraus. Er war nicht mehr dessen Schattenmann, der Wasserträger und Nummer 1B-Fahrer wie es einst Rubens Barrichello gewesen ist. Er war plötzlich ein GP-Sieger, einer der Aufsteiger des Jahres, der auch innerhalb des Teams immer mehr Ansehen gewann. Eine Tatsache, die auch Kimi Räikkönen im nächsten Jahr vor ein Problem stellen könnte. Denn dann treten mit dem Duo Räikkönen und Massa zwei ehemalige Sauber-Piloten für Ferrari an. Zwei, die bei ihren GP-Debüts für F1-unwürdig erachtet wurden. So schlecht können die Erben des erfolgreichsten F1-Fahrers aller Zeiten aber gar nicht sein...

Saisonziel erreicht? Nein, trotz der Rückkehr an die Spitze blieb das große Ziel unerreicht.