Das Saisonziel: Siege und vielleicht ein bisschen mehr...

Die Ausbeute: 4. WM-Platz - 86 Punkte

Die Bilanz - Auto & Team: Eine Minute, acht Sekunden und 540 Tausendstel. Das ist für eine F1-Rundenzeit nicht viel. Entsprechend groß waren die Augen der Konkurrenz, als Anthony Davidson am letzten Testtag der Winterpause 2006 in Valencia eben jene 1:08.540 in den spanischen Asphalt brannte und damit den V10-Rundenrekord von Kimi Räikkönen pulverisierte. Die große Frage lautete damals: War Honda wirklich so schnell oder waren das die berüchtigten Vorstandsrunden beim letzten Test vor dem Saisonbeginn, noch dazu als der Hauptkonkurrenten Renault bereits abgereist war?

Rubens aus dem Nichts. Der Brasilianer kam erst nach einigen Rennen in Schwung., Foto: Sutton
Rubens aus dem Nichts. Der Brasilianer kam erst nach einigen Rennen in Schwung., Foto: Sutton

Obwohl Honda nach den Wintertests als einer der Favoriten in das Auftaktrennen in Bahrain ging, zweifelten einige Experten an den Rundenzeiten der Japaner, immerhin wäre es nicht das erste Mal gewesen, dass Honda starke Wintertestzeiten und Rekorde fuhr und dann an den Rennwochenenden versagte. Die Plätze 4 und 3 bei den ersten beiden Rennen brandmarkten Jenson Button sicherlich nicht als Versager, aber die hohen Ansprüche seines Team erfüllten sie nicht. Immerhin hatten vor Saisonbeginn wieder einmal alle Verantwortlichen und Fahrer von Siegen und dem Titel gesprochen. Teamboss Nick Fry betonte sogar: "Siege, das ist Plural." Für den Briten war es demnach enttäuschend, in Malaysia nur auf dem Podium gestanden zu haben und nicht ganz oben der eigenen Nationalhymne gelauscht zu haben.

Schon beim dritten Saisonrennen in Australien kam es dann zum ersten richtigen Tiefschlag. Buttons Motor explodierte wenige hundert Meter vor der Ziellinie. Sein Renningenieur Andrew Shovlin erlangte danach zweifelhaften Ruhm mit dem Funkspruch: "Don't cross the line." Also: "Fahr nicht über die Ziellinie!" Schon ein Jahr zuvor war Honda zum Saisonstart aufgefallen, weil man in Malaysia einen freiwilligen Doppelausfall in Kauf nahm, um beim nächsten Rennen neue Motoren einbauen zu dürfen. Diesmal war der Grund ebenso simpel: Wäre Button ins Ziel gekommen, hätte er zwar drei WM-Punkte erhalten, wäre aber in Imola wegen des nötigen Motorwechsels um 10 Startplätze versetzt worden. Das jedoch ist auf der überholfeindlichen Strecke in Italien eine harte Strafe. Um dieser zu entgehen, opferte man gerne drei Zähler.

Für Button war Ungarn der erste Streich, für den Hauptsponsor war es zugleich der letzte., Foto: Sutton
Für Button war Ungarn der erste Streich, für den Hauptsponsor war es zugleich der letzte., Foto: Sutton

Dies war nur eine von mehreren umstrittenen Strategie-Entscheidungen der Japaner, die Renault-Chefstratege Pat Symonds zu der Frage anregten, ob daraus reine Arroganz spreche? Wenn man bei Renault so arbeiten würde, wären schon längst ein paar Köpfe gerollt, meinte er. Wenig später musste sich Honda-Technikchef Geoff Willis dem steigenden Druck der japanischen Konzernspitze beugen und für Shuhei Nakamoto Platz machen. Der Japaner übernahm das Amt des Technischen Direktors.

Seinen ersten Erfolg durfte der bisherige Motoren-Entwicklungschef in Ungarn feiern. In einem turbulenten Rennen, mit vielen Ausfällen und chaotischem Verlauf, holte Jenson Button im 114. Anlauf seinen ersten GP-Sieg, der gleichzeitig auch der erste Erfolg seines Teams war. Damit konnte Honda zumindest einen Punkt auf seiner langen Wunschliste für 2006 abhaken: den ersten Sieg; auch wenn dieser unter normalen Umständen nicht möglich gewesen wäre. Eine neuerliche Siegchance erhielt man im weiteren Saisonverlauf nicht, allerdings konnte sich das Team im letzten Saisondrittel noch einmal steigern und eine kleine Punkteserie starten, die Button beim Saisonfinale in Brasilien auf dem Podium abschloss. Kaum war das gelungen, sprachen schon wieder alle von höheren Aufgaben und dem Sieg als Ziel - bei jedem Rennen...

Rein von der Punkteausbeute betrachtet, war 2006 ein relativ konstantes Jahr. Honda holte nur bei drei Rennen keine Punkte, wobei man beim Frankreich GP gleich zwei Motorschäden in Kauf nehmen musste. Von diesem kleinen Zwischentief zur Saisonmitte abgesehen, punktete das Team regelmäßig, allerdings auf einem niedrigeren Niveau, als man es sich vor Saisonbeginn vorgestellt hatte. So landete man in der Konstrukteurswertung als Vierter weit vor dem Verfolger BMW Sauber, aber eben auch weit hinter dem Dritten McLaren Mercedes und noch viel weiter hinter den beiden Titelrivalen.

2007 soll es endlich steil bergauf gehen, aber das sollte es ja schon 2006., Foto: Sutton
2007 soll es endlich steil bergauf gehen, aber das sollte es ja schon 2006., Foto: Sutton

Die Bilanz - Fahrer: Für Jenson Button brachte 2006 die große Erlösung und einige neue Enttäuschungen. Denn vom Kampf um mehrere Grand Prix-Siege und den WM-Titel waren er und sein Team weit entfernt. Das lag allerdings nicht an ihm. Sein Auto konnte mit den Spitzen-Teams einfach nicht mithalten.

Zu Saisonbeginn galt das auch für Rubens Barrichello im Bezug auf seinen Teamkollegen. Während Button vergleichsweise gute Trainings- und Rennergebnisse einfuhr, hatte Barrichello Probleme sich an sein neues Arbeitsgerät zu gewöhnen; besonders die Bremsen machten ihm zu schaffen. Im Laufe des Jahres kam er jedoch immer besser mit dem RA106 zurecht und konnte so näher an seinen Teampartner heranrücken; dennoch blieb Button 2006 der klar bessere Honda-Pilot.

Was Button und Barrichello in der abgelaufenen Saison meistens verwehrt blieb, schaffte Testfahrer Anthony Davidson: Er kämpfte konstant um Platz 1 - allerdings nur in den Freien Trainings am Freitag. The Ant zeigte eine gewohnt gute Leistung, die 2007 von Super Aguri mit dem lange ersehnten Stammcockpit belohnt werden könnte. Dann dürfte die Zeit der Bestzeiten jedoch vorbei sein. Bei Honda soll sie dann auch an den Sonntagen beginnen...

Saisonziel erreicht? Jein, ein Sieg, konstante Punkteplatzierungen, aber noch nicht der große Durchbruch.