Das Saisonziel: Rückkehr in den Reigen der Top-Teams.

Die Ausbeute: 8. WM-Platz - 11 Punkte

Die Bilanz - Auto & Team: Williams Grand Prix Engineering, Sir Frank Williams, Patrick Head - klangvolle Namen, die seit Jahrzehnten für Erfolge in der Königsklasse stehen. Doch vor der Saison 2006 hieß es bei Williams umdenken: Erstmals seit Jahren war man nach dem Abgang von BMW nicht mehr mit einem Automobilhersteller verbandelt. Stattdessen lautete das Motto: Back to the Roots. Neben der mitternachtsblauen Lackierung sollte auch der Cosworth-Motor des letzten unabhängigen Motorenbauers der Formel 1 für britisches Feeling sorgen. Vor Saisonbeginn gab es deshalb zwei mögliche Wege, die Williams einschlagen konnte: Die große Überraschung des Jahres oder der große Absteiger des Jahres.

Nico hatte nur am Anfang das Material, um zu glänzen., Foto: Sutton
Nico hatte nur am Anfang das Material, um zu glänzen., Foto: Sutton

Für die Überraschung sprach der Cosworth-Motor, dem aufgrund der V8-Erfahrungen der Briten schon vor seinem ersten Einsatz ein enormes Potenzial und viel Power nachgesagt wurden. Für die Rolle als Absteigers des Jahres sprach ebenfalls der Cosworth-Motor, denn dieser war weder kostenlos noch war eine konstante Weiterentwicklung bis zum Saisonfinale gewährleistet. Im Vorjahr musste die Entwicklung des 2006er Triebwerks sogar zwischenzeitlich auf Eis gelegt werden, weil Cosworth bis zum Williams-Deal keinen Kunden für das Triebwerk hatte.

Bei Williams schienen die Chancen also mit dem Motor zu fallen oder zu steigen. Am Ende sollten sie fallen und das Team statt zur Überraschung zum Absteiger werden. Zwar drehte der Motor als erstes über 20.000 Umdrehungen und wurde als bester respektive stärkster Motor gepriesen, doch konnte man diesen Vorteil nicht das gesamte Jahr über ausnutzen. Teilweise weil man aus Zuverlässigkeitsgründen Drehzahl zurücknehmen musste, teilweise weil die Weiterentwicklung eben doch nicht mit den Entwicklungsschritten der Hersteller mithalten konnte.

Überraschung oder Enttäuschung? Am Ende sollte es die Enttäuschung sein., Foto: Sutton
Überraschung oder Enttäuschung? Am Ende sollte es die Enttäuschung sein., Foto: Sutton

Neben den technischen Kinderkrankheiten am Cosworth-Motor kränkelte aber auch der FW28. Vor allem das stufenlose Getriebe machte zu Saisonbeginn einigen Ärger, aber auch die restlichen mechanischen Komponenten des Autos ließen des Öfteren Rauch aus dem Heck des FW28 aufsteigen. Zu allem Überfluss war auch die Aerodynamik des Autos nicht auf der Höhe der Zeit, was neben allgemeinen Schwächen vor allem darauf zurückzuführen war, dass Williams als eines der wenigen Teams nicht mit den umstrittenen Flexi-Wings arbeitete.

Alles zusammen brachte dem einstmals erfolgreichsten Rennstall der 90er Jahre die längste Durststrecke der Teamgeschichte ein. Zwischen dem Europa GP auf dem Nürburgring und dem Großen Preis von China in Shanghai blieb Williams an zehn Rennwochenenden ohne WM-Punkte. Angesichts dieser ebenso enttäuschenden wie frustrierenden Saison ist es nicht verwunderlich, dass am Ende nicht mehr als WM-Platz 8 heraussprang. Mit gerade einmal 11 Pünktchen konnte der Traditionsrennstall nur Toro Rosso, Spyker und Super Aguri hinter sich lassen; drei Teams, die zusammen genau einen WM-Punkt einfuhren.

Die Bilanz - Fahrer: An den Fahrern lag es nicht. Natürlich beging Nico Rosberg in seiner Debütsaison einige Fehler und natürlich war Mark Webber nicht ganz so stark, wie man es von ihm gewohnt war und erwartet hatte - vor allem im Qualifying. Aber insgesamt hatten beide Stammfahrer viel zu sehr mit den Problemen des Auto-Motor-Reifen-Pakets zu kämpfen, schließlich waren auch die Bridgestone-Reifen nur in bestimmten Phasen konkurrenzfähig respektive überlegen - genau diese wusste Williams aber viel zu selten bis gar nicht auszunutzen.

Dabei hatte alles so gut begonnen, gerade für den Newcomer Nico Rosberg ging schon bei seinem ersten Rennen in Bahrain ein F1-Stern auf: Zwei WM-Punkte und die schnellste Rennrunde im ersten Grand Prix, das ist schon was. Danach ließen zwar seine Leistungen nicht nach, aber die Ergebnisse blieben aufgrund der technischen Probleme, der geringen Konkurrenzfähigkeit seines Teams und einiger Fehler seinerseits hinter den geschürten Erwartungen des starken Saisonstarts zurück.

Alex Wurz war der Gewinner der Saison., Foto: Sutton
Alex Wurz war der Gewinner der Saison., Foto: Sutton

Mark Webber war unterdessen mit der Teamführung unzufrieden, die ihn aus seiner Sicht nicht genügend einbezog. So konnte er sich zwar rein auf das Fahren konzentrieren, bei Jaguar hätte er aber sehr viel mehr für das Team bewegen und Input liefern können. Entsprechend enttäuschend hakte er die Saison ab, um zu Red Bull zu wechseln, jenem Team, das in der Konstrukteurs-WM um 5 Punkte vor Williams landete.

Der Gewinner des Williams-Jahres war somit ganz klar ein Österreicher: Alexander Wurz hatte am Freitag nur selten mit technischen Gebrechen zu kämpfen, durfte als Freitagsfahrer schon einmal mit neuen Reifen, mehr Drehzahl und leichtem Auto auf Bestzeitjagd gehen und fuhr sich so in die Pläne von Frank Williams für 2007. Dann kehrt er nach jahrelangem Tester-Dasein als Stammfahrer in die Startaufstellungen zurück. Seinem Testteamkollegen Narain Karthikeyan blieb dieser Sprung bislang verwehrt. Allerdings wird er im nächsten Jahr wohl öfter zum Testeinsatz kommen als in dieser Saison. Denn dann wird er die Hauptlast von Alex Wurz übernehmen müssen - vor allem weil Williams sich erneut an einen neuen Motorenpartner gewöhnen muss; diesmal ist es mit Toyota immerhin wieder ein Automobilhersteller. Der zweite Neubeginn innerhalb eines Jahres steht an - vielleicht verläuft er erfreulicher als der fehlgeleitete Weg zurück zu den britischen Wurzeln...

Saisonziel erreicht? Nein, meilenweit verfehlt.