Denis, wie würden Sie die Saison 2006 beschreiben?
Denis Chevrier: In all den Jahren, in denen ich bereits in der Formel 1 aktiv bin, habe ich selten eine derart hart umkämpfte, faszinierende und anspruchsvolle Saison erlebt. Die Hartnäckigkeit unserer Rivalen zwang uns dazu, über die gesamte Zeit bis ans absolute Limit zu gehen. Ferrari zu schlagen, ist etwas ganz Besonderes.

Woran erinnern Sie sich besonders gern?
Denis Chevrier: Keine Frage: die ersten Runden des Grand Prix von Ungarn. Fernando zeigte unter nassen Bedingungen eine Galavorstellung. Der einzige Vergleich, der mir dazu einfällt, ist die Fahrt von Ayrton Senna in Donington 1993. Die Leistung von Fernando in Budapest war einfach herausragend, wie von einem anderen Stern. Wir hätten ihm beinahe mitten im Rennen stehend applaudiert...

Und Ihre unangenehmste Erinnerung?
Denis Chevrier: Als ich in Monza Rauch aus dem Motorraum von Fernandos Renault R26 aufsteigen sah. Mir blieb die Luft weg. Du guckst auf den Bildschirm, überprüfst die Telemetriedaten – und erkennst auf einmal, dass das alles leider kein böser Traum ist, sondern wirklich passiert. Du musst in einer solchen Situation sofort reagieren: Warum ging der Motor hoch? Wie bekommen wir ihn möglichst schnell in den Workshop, um mit der Analyse beginnen zu können? Nur wenige Sekunden nach Fernandos Ausfall befanden wir uns bereits im "Krisenlösungs-Modus".

Rob White gab bereits zu, dass dieser Vorfall zu vielen Überstunden führte...
Denis Chevrier: Das kann man wohl sagen. Wir hatten 14 Tage Zeit, auf das Problem zu reagieren, denn das nächste Rennen, der Grand Prix von China, fand erst drei Wochen später statt. Wir mobilisierten also das ganze Team, um zu verstehen, was passiert war und Lösungen zu finden. Alle wurden mit einbezogen: Zulieferer, die Entwicklungs- und Forschungsabteilung, die Mitarbeiter der Produktion, der Motorenprüfstände und der Werkstatt ... Früh im Morgengrauen inspizierten wir beispielsweise Komponenten, die wir die ganze Nacht über getestet hatten.

Wie lautet Ihr Fazit der ersten Saison unter dem neuen Motorenreglement?
Denis Chevrier: Wenn man bedenkt, welches Grip-Niveau die Formel 1-Monoposti erreichten, fehlte es ihnen deutlich an Leistung. Als Konsequenz wurden die V8-Motoren im Vergleich zu den V10-Triebwerken der Vorjahre stärker beansprucht. Der Volllast-Anteil stieg 2006 deutlich an. Die Motorenhersteller erledigten durch die Bank einen hervorragenden Job und erfüllten die Anforderungen des neuen Reglements sehr gut. Bei den V8 handelt es sich um wunderbare Triebwerke. Sie arbeiten mit bis zu 20.000 Touren. Du durftest dir nicht den kleinsten Fehler leisten.