Es spricht immer mehr dafür, dass es für Michael Schumacher und Ferrari noch reicht, und zwar in beiden WM-Wertungen. Denn obwohl Ferrari in der Konstrukteurs-WM jetzt einen Punkt im Rückstand liegt, gehen die Italiener in beiden Titelkämpfen als Favoriten in die letzten zwei Rennen.

Wenn man sich überlegt, wie stark Ferrari und Schumacher aufgeholt haben, ist das schon Wahnsinn. Noch zur Saisonmitte hatte Schumacher 25 Punkte Rückstand. Nach Kanada rechnete niemand mehr damit, dass er auch nur ansatzweise noch einmal in die Nähe des Titels kommen würde. Hinzu kommt, dass Alonso kaum ausgefallen ist - Schumacher musste sich Pünktchen für Pünktchen mühsam herankämpfen. Natürlich werden jetzt viele an die angebliche Benachteiligung von Renault mit dem Dämpfer-Verbot oder den unverständlichen Strafen erinnern, aber auch Ferrari hatte einige Male Pech - über die Saison gleicht sich das immer aus.

Gleiches gilt für die Reifensituation, allein im Laufe des China GP wechselten die Bedingungen zwischen Michelin und Bridgestone mehrmals hin und her. Wenn das Rennen noch ein paar Runden länger gegangen wäre, hätte sich das Blatt noch einmal in Richtung Fernando Alonso und Renault drehen können. Beim Spanier scheinen derzeit die Nerven blank zu liegen, und zwar trotz der Beteuerungen von Pat Symonds, dass er viel nervenstärker als Schumacher sei.

Fernandos Aussagen, dass das Team nur den Konstrukteurstitel gewinnen und ihn nicht mit der Startnummer 1 zu McLaren abwandern sehen möchte, erscheinen mehr als seltsam. Vielleicht hat er das in seiner Verärgerung nach dem Rennen gesagt, aber aus meiner Sicht kann ich mir nicht vorstellen, dass Renault den Fahrertitel absichtlich verlieren möchte - immerhin hat dieser für die Öffentlichkeit den viel höheren Stellenwert. Selbst ein Sieg in der Team-WM könnte den Imageverlust nicht wettmachen.

Wo war die Hupe?

Noch stärker verärgert als Alonso war nach dem Rennen mein Bruder Nick. Was sich da in den letzten Runden bei den Überrundungen abgespielt hat, ist aus Sicht eines Rennfahrers schon mehr als ärgerlich. Er fuhr ein unauffälliges, aber gutes Rennen, für das er einen 4. Platz verdient gehabt hätte. Nachdem er im "Duell" mit Albers schon einige Sekunden verloren hatte, fuhr Takuma Sato lange vor ihm her und hielt ihn damit auf. Der Japaner hätte schon viel früher aufwachen müssen. In der letzten Kurve hätte er so oder so jemandem im Weg gestanden - entweder Jenson Button oder wie eben passiert Nick. Da hätte er einfach eher Platz machen müssen, anstatt rundenlang das Safety-Car zu spielen.

Die Disqualifikation von Sato war für Nick kein Trost. Denn selbst wenn man Rubens Barrichello, der an der Kollision keine Schuld trug, disqualifiziert hätte, wäre Nick nur einen Platz weiter nach vorne gekommen - er verlor durch diese unnötige Aktion aber deren drei. Seine Verärgerung kann ich deshalb sehr gut nachvollziehen; leider musste es mit Sakon Yamamoto der falsche Super Aguri-Pilot ausbaden. Die Andeutungen von BMW Sauber, dass Super Aguri dem Honda-Werksteam geholfen habe Nick einzubremsen, gehen allerdings etwas zu weit.

Vor einigen Jahren erlebte ich bei einem Formel 3 Rennen in Hockenheim eine ähnliche Situation. Ich bin auf abtrocknender Strecke mit Slicks losgefahren und lag auf Podiumskurs, als mir ein Überrundeter erst vor und dann ins Auto gefahren ist. Damit war mein Rennen gelaufen. Wenn das dann auch noch wie bei Nick in der letzten Kurve geschieht, tut das umso mehr weh.

Überrundungen waren schon immer ein schwieriges Thema, aber wenn die Fahrer die blauen Flaggen nicht sehen können, dann müssen die Teams ihnen per Funk mitteilen, dass hinter ihnen ein schnellerer Fahrer kommt. Außerdem hat es sich eingebürgert, dass die Überrundeten auf der Ideallinie bleiben und dort verlangsamen, während die Führenden außen auf der schmutzigeren Bahn vorbeifahren müssen - normalerweise müsste es genau umgekehrt sein. Dann würde man auch einige kritische Situationen vermeiden, bei denen Überrundete an ungünstigen Stellen unerwartet vom Gas gehen, um den Hintermann vorbeizulassen. Auf diesen Wahnsinn kann man gut und gerne verzichten, zum Ausgleich gibt es ja so wahnsinnige Aufholjagden wie von Michael Schumacher in der Fahrer-WM.