Am kommenden Wochenende ist es also so weit: Ich muss zum ersten Mal seit dem Cockpit-Sharing mit Tonio Liuzzi im letzten Jahr ein F1-Rennwochenende als Zuschauer beobachten. Meine vorerst letzte Saison bei Red Bull Racing war leider nicht gerade die erfolgreichste. Aus meiner Sicht und auch aus Sicht der Renningenieure haben wir an den letzten beiden Rennwochenenden in der Türkei und Italien jeweils das Maximum aus unserem Paket herausgeholt. Wenn in dieser Saison keine der vor uns liegenden Teams ausgefallen sind, war es eben fast nicht möglich in die Punkteränge zu gelangen.

Mit dem Rennen in Monza endete auch meine lange Beziehung zu Red Bull. Red Bull hat einen großen Anteil zu meiner Ausbildung zum Rennfahrer geleistet. Andererseits habe ich die Red Bull-Unterstützung erst durch meine sportlichen Erfolge erlangt. Wie es in einer guten Partnerschaft ist, hat das bei uns immer prima funktioniert. Auf diese Weise konnten wir gemeinsam viele schöne Momente erleben und Erfolge feiern. Hier ein kleiner Auszug meiner besten Red Bull-Momente:

2002 - Formel Renault 2-Liter: Deutscher Meister
2003 - Formel 3 Euro Series: Vizemeister + Rooky of the year
2003 - Formel 3 Marlboro Masters: Sieger in Zandvoort
2004-2006: Formel 1 bei Jaguar und Red Bull Racing

Viele Medien haben zuletzt meinen diesjährigen Teamkollegen David Coulthard zitiert, der gesagt haben soll, dass ich zu früh in die F1 gewechselt sei. Ich weiß nicht, was David genau gesagt hat. Aber es liegt auf der Hand, dass mit einem schnelleren Auto auch mehr möglich ist; gerade das Beispiel Coulthard zeigt das. Aus meiner Sicht war meine Entwicklung in der F1 okay. Ich hatte allerdings speziell in diesem Jahr nicht das nötige Rennglück auf meiner Seite.

Blick in die Zukunft

In den letzten Wochen gab es viele Spekulationen um meine Person. Eines steht fest: Dass ich heuer noch einen F1 Grand Prix bestreiten werde, ist nicht anzunehmen. Mein Fokus liegt auf der kommenden Saison und darüber hinaus. Nur ein solide vorbereiteter Schritt in meinen nächsten Karriere-Abschnitt macht für mich und mein zukünftiges Team Sinn. Das Ziel ist es ganz klar mittelfristig die richtige Entscheidung zu treffen. Das bedeutet nach Abschluss der F1-Saison in eine neue Zusammenarbeit zu starten. Eine Möglichkeit ist das Spyker MF1 Team, deren Fabrik ich letzte Woche besucht habe.

Teamchef Colin Kolles gab mir die Gelegenheit mich mit ihm persönlich im Werk vom Stand der Entwicklung für das 2007er Spyker MF1-Auto zu überzeugen. So konnte ich das neue Auto bereits im Windkanal in Brackley begutachten. Das Fahrzeug-Konzept sieht viel versprechend aus. In Kürze soll auch die Motorenfrage für 2007 entschieden werden. Zur Diskussion stehen die V8-Triebwerke von Cosworth und Ferrari. In Monza hatte ich auch Gelegenheit mich mit Mike Gascoyne über seine Ansichten zu unterhalten. Seine Zukunftsvorstellungen waren aus meiner Sicht sehr realistisch und überzeugend.

Das Team unter der Führung der neuen Eigentümer machte auf mich einen äußerst ambitionierten Eindruck. Der Grundgedanke von Teamchef Colin Kolles mit Effizienz und schlanken Strukturen ein Maximum an Performance zu erreichen, ist im Werk bei den Mitarbeitern der einzelnen Abteilungen deutlich zu spüren. Eine Alternative zur Formel 1 interessiert mich momentan nicht - obwohl durchaus auch Angebote aus anderen Rennserien vorliegen. Für mich hat aber derzeit die F1 oberste Priorität. Wir werden sehen, wie die Verhandlungen in den kommenden Wochen gedeihen.

Der Monza-Zwischenfall

Aus diesem Grund habe ich auch das ChampCar-Angebot von Red Bull abgelehnt. Da es um diese Entscheidung in Monza einige Verwirrung gab, möchte ich die Chance nutzen und die Situation an dieser Stelle noch einmal genau erläutern.

Nach der offiziellen RBR-Fahrer-Bestätigung für 2007 am 7. August war klar, dass ich 2007 nicht bei RBR fahren würde. Mir wurde von Red Bull freigestellt, mich um eine Alternative in der F1 zu bemühen. Nach der F1-Sommerpause hatte ich gerade einmal zwei Möglichkeiten bei den Grand Prix in der Türkei und in Monza mit anderen F1-Teams zu sprechen. Dabei stellte sich rasch heraus, dass es in der F1 Optionen für mich geben könnte. Dabei müssen wir immer daran denken, dass es meine Priorität ist, meine Erfahrung weiter in der F1 einzusetzen und auszubauen. Parallel dazu bekam ich ein Angebot von Red Bull 2007 im PKV Team in Amerika zu fahren. Dieses Angebot wusste ich sehr zu schätzen, denn diese Rennserie bietet packenden Motorsport. Aber ich wollte zuerst meine F1-Möglichkeiten abschließend beurteilen.

Red Bull-Motorsport-Konsulent Helmut Marko hat dann erklärt, dass bis zum 9.9.2006 (also dem Samstag am Monza-Wochenende) das Red Bull ChampCar-Angebot unterschrieben sein müsse. Das war für mich nicht möglich, da ich nicht innerhalb von 14 Tagen alle meine F1-Optionen abschließend klären konnte. Deshalb konnte ich zum geforderten Termin das ChampCar-Angebot nicht annehmen. Nach telefonischer Rücksprache mit Herrn Mateschitz habe ich mich kurzfristig dazu entschieden, das Angebot noch am Freitagabend abzulehnen. Damit wollte ich mir und dem Team die nötige Konzentration für das Rennwochenende sichern. Natürlich wäre es für mich der einfachere Weg gewesen, das vorbereitet PKV-Cockpit in der ChampCar Serie in den USA anzunehmen. Aber noch einmal: Ich sehe meine Zukunft in erster Linie in der Formel 1; deswegen habe ich mich für den schwierigeren Weg entschieden.

Ein Blick zurück

Aber nun genug der Spekulationen und des Vertragspokers. Werfen wir einen Blick zurück auf meine leider verkürzte Saison 2006, die zudem nur selten nach Plan lief. Es gab in diesem Jahr nur acht Rennen, in denen David und ich gemeinsam klassiert wurden respektive das Ziel erreicht haben - dabei lag ich fünfmal vor meinem Teamkollegen. In diesen acht Rennen erzielte ich auch siebenmal die schnellere Rennrunde als mein Teamkollege. Wo lag also das Problem? Ganz einfach: Ich konnte in diesen Rennen leider nur zwei Punkte einfahren. Daneben verlor ich durch technische Defekte, speziell in Monaco und Montreal, acht potentielle Punkte. Ohne diese beiden Defekte würde das Punkteverhältnis nicht wie jetzt 2:14 stehen, sondern 10:12.

Mein bestes Rennen war in diesem Jahr jenes auf der "Fahrerstrecke" in Monaco. Im Freien Training und im Qualifying hatte ich arge Probleme mit dem Überhitzen der Bremsen, dennoch konnte ich mich im 1. Qualy auf P6 platzieren. Im zweiten Qualifying-Abschnitt traten dann wieder die Bremsproblem auf und ich konnte aus Sicherheitsgründen nicht mehr mit meinem zweiten Reifensatz auf Zeitenjagd gehen. Also musste ich im Rennen von Startplatz 11 losbrausen, kam aber trotzdem auf dem überholfeindlichen Kurs noch bis auf Platz 5 nach vorne. In Runde 56 fiel ich dann vor David Coulthard liegend mit einem Antriebsschaden aus. Welchen Platz David später belegte, wissen wir alle...

Zum Abschluss möchte ich mich bei meinen vielen Fans für die großartige Unterstützung bedanken. Ich freue mich sehr, dass so viele Fans hinter mir und meiner Entscheidung stehen, mich weiter in der F1 zu behaupten. Ich gehe davon aus, dass ich meinen Fans auch weiterhin im Motorsport viel Spaß bereiten kann. Denn ich bin ja erst 23 und es liegen noch einige Jahre Motorsport vor mir!