China - ein Marketingschlaraffenland für die Hersteller und Sponsoren und eine Traumstrecke für die Fahrer. Die F1 könnte ihren Titelendspurt in keinem besseren Land beginnen. Dabei sieht sich die F1-Welt mit einer völlig neuen Ausgangssituation konfrontiert: Nicht Renault, sondern Ferrari kommt als WM-Spitzenreiter in der Konstrukteurswertung zum drittletzten Grand Prix des Jahres nach Shanghai. In der Fahrerwertung ist die Reihenfolge hingegen noch wie gehabt: Fernando Alonso führt vor Michael Schumacher - allerdings trennen die beiden seit dem emotionsgeladenen Monza-Wochenende nur noch zwei mickrige Zähler. Nicht nur für Pat Symonds beginnt die WM deshalb in Shanghai "bei Null".

Ferrari: Im Aufwind

China brachte Schumacher bislang kein Glück - siegt er im letzten Anlauf?, Foto: Sutton
China brachte Schumacher bislang kein Glück - siegt er im letzten Anlauf?, Foto: Sutton

Mit dem Motivationsschub von Monza im Rücken kommen die Roten als Favoriten nach Shanghai. Allerdings war es in der Vergangenheit immer Rubens Barrichello, der in China die Kohlen für Ferrari aus dem Feuer holen musste - Michael Schumacher erwischte hier noch nie ein gutes Wochenende. Davon lässt sich der siebenfache Champion jedoch nicht einschüchtern, das Ziel lautet erneut den Sieg einzufahren und auch in der Fahrer-WM die Tabellenspitze zu erobern. Auf dem Weg dorthin machte die Scuderia in den letzten beiden Wochen die südfranzösische Teststrecke in Le Castellet sowie die heimischen Kurse in Mugello und Fiorano unsicher. Neben den obligatorischen Reifentests für die drei Überseerennen heckte man auch noch einmal neue Komponenten für den 248 F1 aus, die Michael Schumacher den erwünschten Abgang als achtfacher Weltmeister ermöglichen sollen.

Renault: Fuchsteufelswild

Angeschlagene Raubtiere sind die gefährlichsten. Nach dem verspielten Vorsprung, dem Motorschaden von Monza und den vielen teils unverständlichen Entscheidungen gegen Renault und Fernando Alonso brennen die Gelb-Blauen darauf endlich zurückzuschlagen. Da kommt ihnen der Shanghai International Circuit gerade recht - immerhin hieß der Vorjahressieger Fernando Alonso. Im Auto saß jener Noch-WM-Spitzenreiter seit seinem Ausfall von Monza aber nicht mehr. Die Gerüchte um ein Testverbot für den Spanier wies das Team jedoch ins Reich der Fabeln. Anstelle des Weltmeisters testete die Zukunft: Heikki Kovalainen, Nelson Piquet jr und José Maria Lopez unterstützten Giancarlo Fisichella bei den Vorbereitungen auf den Endspurt. Das Ziel ist klar: Nach China soll Renault wieder in beiden WM-Wertungen vorne liegen.

McLaren: Die Hoffnung stirbt zuletzt

Kimi fiebert mit Ferrari, möchte aber dennoch selbst gewinnen., Foto: Sutton
Kimi fiebert mit Ferrari, möchte aber dennoch selbst gewinnen., Foto: Sutton

McLaren Mercedes erlebte zwei Wochen der Hoffnung. Die letzte Testwoche stand ganz klar im Zeichen eines Debütanten. Aber nicht irgendeines Nachwuchspiloten, sondern von Lewis Hamilton - dem überlegenen Sieger der Formel 3 EuroSeries 2005 und dem neuen GP2-Champion. Ob die große britische F1-Hoffnung noch in diesem Jahr einen Grand Prix absolvieren darf, bleibt jedoch zu bezweifeln. Dafür hegt die aktuelle Nummer 2 Pedro de la Rosa große Pläne für die letzten drei Grand Prix: Der Spanier wünscht seinem Team mindestens einen Sieg - es wäre der erste in dieser Saison. Bei den Tests in Silverstone konnten die Silbernen jedoch nicht mit den Renault mithalten. Ferrari entzog sich ohnehin den lästigen Blicken der Konkurrenz und testete unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das unauslöschliche Fünkchen silberner Hoffnung dürfte trotzdem weiter brennen - wenn auch vorerst nur auf Sparflamme.

Honda: Das Podium im Visier

Rubens Barrichello war der erste Gewinner auf chinesischem Boden. Entsprechend hofft er auch bei der dritten Ausgabe des Großen Preises von China auf ein gutes Ergebnis; tatsächlich wünscht er sich sogar einen Podestplatz. Mit den Plätzen 5 und 6 konnten die beiden Honda-Piloten in Monza zumindest ihre Ansprüche auf Punkteränge untermauern. In den zurückliegenden Testwochen war man zweimal in Jerez unterwegs, um die Basis für ein erfolgreiches Saisonfinale zu legen. Ob das angesichts der starken Konkurrenz jedoch für den ersehnten Podestplatz ausreicht, muss sich erst noch zeigen...

BMW Sauber: Den Trend fortsetzen

Monza machte den Weiß-Blauen viel Mut., Foto: Sutton
Monza machte den Weiß-Blauen viel Mut., Foto: Sutton

Die Weiß-Blauen waren die Überraschung des Italien-Wochenendes. Aufgrund der Schumacher-Ankündigung nahmen dies wahrscheinlich nicht viele Beobachter wahr, aber BMW Sauber konnte mit seinem Low-Downforce-Paket ganz vorne mitmischen. Nicht umsonst landete Robert Kubica in seinem erst dritten F1-Grand Prix direkt auf dem Podium! In der Teamwertung spülte dieses Ergebnis die Münchner an Toyota vorbei auf Platz 5. Jetzt möchte man den positiven Trend fortsetzen, auch in China gut abschneiden und natürlich die Japaner bis zum Saisonende hinter sich halten.

Toyota: Duell mit Hinwil

Zwischen Toyota und BMW Sauber ist ein heißer Zweikampf um den 5. Rang der Team-WM entbrannt. Nachdem die Japaner vor Monza BMW verdrängt hatten, konterten die Weiß-Blauen mit einem siebenfachen Punktgewinn. Folgt nun der Gegenschlag aus Köln-Marsdorf? Für den China GP gab man sich bei Toyota zunächst gemäßigt optimistisch. Von Podestplätzen und super Ergebnissen war nicht die Rede, nur von einem "guten" Resultat. Die statistische Vergangenheit macht Ralf Schumacher und Jarno Trulli Mut, allerdings benötigen die Japaner endlich das erwünschte problem- und fehlerfreie Wochenende, um die hoch gesteckten Ziele zu erreichen.

Red Bull: Weiter auf der Jagd

Bei Red Bull Racing ist auch vor China alles beim Alten - alles? Nicht ganz: Das Team jagt weiter den WM-Punkterängen hinterher, dürfte es aber auch in Shanghai unter normalen Bedingungen schwer haben, welche zu ergattern. Neu ist die Fahrerbesetzung: Anstelle von Christian Klien nimmt Robert Doornbos im zweiten Red Bull Platz. Seine Position als Freitagstester übernimmt Michael Ammermüller - vorausgesetzt die FIA händigt ihm eine Superlizenz aus. Das sollte jedoch nur noch eine Formsache sein; schließlich hat Ammermüller mit zwei kompletten Testtagen und einer GP2-Saison sogar mehr Erfahrung als Sebastian Vettel vor seinem Freitagsdebüt in der Türkei.

Williams: Durst!

Der Williams-Toyota rollt!, Foto: Sutton
Der Williams-Toyota rollt!, Foto: Sutton

Noch immer dauert die beispiellose Durststrecke des einstigen Spitzenrennstalls an. Seit dem Europa GP auf dem Nürburgring hat die Truppe von Sir Frank keinen einzigen WM-Punkt mehr geholt. Zumindest einen Lichtblick gab es in der letzten Woche: Narain Karthikeyan und Alexander Wurz erhielten in einem Interimsauto die erste Kostprobe des neuen Toyota-Aggregats für die Saison 2007. Nach anfänglichen Kinderkrankheiten kam der FW28B immer besser ins Rollen - von den Bestzeiten war man allerdings genauso weit entfernt wie zuletzt von WM-Punkten.

Toro Rosso: Fast alles gelaufen

Das erste Formel 1-Jahr der umgetauften Scuderia Toro Rosso ist faktisch bereits beendet. Der letzte Test ist gefahren, das Auto wird nicht mehr weiter entwickelt und der Motor wird im Winter gegen ein Ferrari- oder Renault-Aggregat ausgetauscht. Das einzige was noch ansteht sind drei Rennen - drei Rennen, in denen es für STR wie üblich schwierig wird, in die Punkte zu fahren. Bislang steht für die Mannschaft von Gerhard Berger nur ein WM-Punkt von Tonio Liuzzi aus Indianapolis einsam und allein in der WM-Tabelle.

Spyker MF1: Neuer Name, altes Team

Super Aguri bleibt die Hoffnung auf ein Wunder., Foto: Sutton
Super Aguri bleibt die Hoffnung auf ein Wunder., Foto: Sutton

Nur der Teamsitz in Silverstone ist beständig - der Teamname ist hingegen im ständigen Wandel. War man im letzten Jahr noch unter dem Namen Jordan GP unterwegs, vollzog man über den Winter die Umbenennung in MF1 Racing. In China geht das Team nun erstmals in der Geschichte ein komplettes Rennwochenende mit dem neuen Namen Spyker MF1 Racing an. Hinzukommt eine neue Lackierung - in den Landesfarben der Teambesitzer: Orange. Bis auf den Namen und die Besitzer hat sich seit Monza aber nichts geändert: Christijan Albers und Tiago Monteiro werden es auch in Shanghai schwer haben den ersehnten ersten Punktgewinn zu erzielen.

Super Aguri: Alle anderen im Blick

Auch Super Aguri hungert seit 15 Rennwochenenden: Das Punktekonto der Japaner ist noch immer leer - und sollte in den letzten drei Rennen kein Wunder geschehen, dürfte dies auch bis zum Saisonende so bleiben. Bei den Tests in Silverstone konnte das Team wenigstens einige Achtungserfolge verbuchen und wichtige Daten für die Verbesserung des SA06 sammeln. Das ist auch dringend nötig, wenn man 2007 dem Feld nicht mehr hinterher jagen möchte.