Monza brachte eine riesige, alles verändernde Lehre mit sich - allerdings eine, die alle schon vorher kannten oder zumindest zu kennen glaubten. Nichtsdestotrotz gab es im königlichen Park noch ein bisschen mehr zu lernen, als nur diese eine Möchtegern-Neuigkeit über Mr. S.

Die Lehre vom Vatikan

Michael Schumacher und der Papst - an diesen beiden Themen kam man in den letzten Tagen in Deutschland nicht vorbei. Wie gut, dass der Spruch des Monza-Wochenendes gleich beide Themengebiete miteinander verknüpft: "Die größten Sünder brauchen halt den größten Ablass!", sagte ein hochgestelltes, aber anonym bleiben wollendes F1-Teammitglied über die engen Beziehungen zwischen Ferrari und dem Vatikan.

Die Lehre vom großen S

Nur noch drei Rennen..., Foto: Sutton
Nur noch drei Rennen..., Foto: Sutton

Das große S verlässt die Formel 1. Mit Sondersendungen und seit diversen Terroranschlägen und Kriegen bekannten Spezialeinblendungen vom Typ "Tag der Entscheidung" oder "Der Rücktritt" wurde Michael Schumachers Rücktrittsbekanntgabe bis zuletzt ausgeschlachtet; auch motorsport-magazin.com-Redakteurin Karin Sturm wurde vom Nachrichtensender n24 für eine Analyse ins Studio geladen. Zuvor wurden ausnahmslos alle im Paddock nach ihrer Meinung gefragt - nervt das nicht, Nick Heidfeld? "Mich bestimmt nicht so sehr wie Michael selbst", lachte einer seiner potenziellen Nachfolger. Ein anderer sah es mit gemischten Gefühlen: "Ich wäre gerne noch gegen ihn gefahren", so Sebastian Vettel. "Aber die Autos werden auch nach Michael Schumacher noch im Kreis fahren."

Die Fans drückten ihre Stimmung schon am Freitag mit Plakaten aus: "Kimi - Rot steht dir nicht", war da beispielsweise zu lesen. Im Internet wurde sogar eine Petition gegründet, um Michael Schumacher zum Bleiben zu überreden - wie auch immer das funktionieren sollte. "Die Geschichte sind wir - danke Schumi", besagte ein weiteres Fanplakat auf Italienisch. Ob Ron Dennis etwas damit zu tun hatte, ließ sich nicht in Erfahrung bringen. Allerdings ist er bekannt für monumentale Sätze wie: "Wir machen Geschichte, ihr schreibt nur darüber."

Und über den Rücktritt von Michael Schumacher wurde richtig viel geschrieben - schon lange bevor er überhaupt feststand. Nur unsere Kollegen vom Red Bulletin sahen den Abschied als nicht so dramatisch: "Niemand von uns wird je sagen, ach, was werden wir jetzt bloß zwischen Montreal und Indy tun, wenn Michael uns nicht zum Reiten einlädt. Oder wie anders die Mittagessen im Ferrari-Motorhome jetzt wären, weil Mickey nicht mehr da ist, um ein Glas Wein mit uns zu trinken. Sind wir doch einmal ehrlich - für die meisten von uns ist Michael Schumacher ein blondes Girl namens Sabine, die uns erzählt, was der große Meister über das Leben denkt!"

Zukünftig müssen andere große deutsche Meister über ihr Leben berichten. "Wer kann in seine Fußstapfen treten", war eine der großen Fragen in Monza. "Nick Heidfeld zeigt ja gerade in dem Moment, wo er ein gutes Auto hat, was er imstande ist zu leisten", antwortete Schumacher höchstpersönlich. "Wir haben mit Sebastian Vettel einen neuen Nachwuchsfahrer. Habe ich jetzt irgendjemanden vergessen, der als Deutscher noch mit drin ist? Ich denke mal, das sind die zwei wichtigsten Namen, die man im Moment nennen könnte." Um den Vergessenen zu besänftigen, könnte Michael ja im Flavio-Style sagen: "Das war doch nur ein Spaß!" Denn einer wäre da vielleicht schon noch; jemand der am Donnerstag sagte: "Wenn er seine Entscheidung bekannt gibt, bin ich bestimmt schon nicht mehr an der Strecke." Damit lag das vergessene, kleine S mit Vornamen Ralf jedoch falsch - außer er rechnete mit einem Ausfall und einer Abreise vor Rennende...

Die Lehre vom Freien Training

Das lange Warten auf... auf was eigentlich?, Foto: Sutton
Das lange Warten auf... auf was eigentlich?, Foto: Sutton

Aber es gab noch ein paar andere Ereignisse an diesem Rennwochenende, zum Beispiel drei Tage vor dem großen "Tag der Entscheidung", über deren Zeitpunkt übrigens heiß diskutiert wird. Jean Todt meinte, dass die Entscheidung schon "seit einiger Zeit" klar gewesen sei. Michael Schumacher gab Indianapolis als grobe Richtung vor. Andererseits sprachen die Website des Rekordweltmeisters und das "blonde Girl", sprich seine Pressesprecherin, zunächst davon, dass man noch in Istanbul darüber nachgedacht habe die Entscheidung erst in Brasilien bekannt zu geben.

Wie auch immer, wir wollten ja auf ein anderes Thema eingehen: das Freie Training, genauer gesagt, das Freitagstraining - also normalerweise keine allzu spannende Geschichte. Diesmal gab es wenigstens zwei Motorschäden von Anthony Davidson zu begutachten, wobei der erste eine Trainingsunterbrechung heraufbeschwor. Das Beste daran war: die Zeit wurde nicht angehalten und ersparte den Zuschauern weitere 10 Minuten des Rundengeizes - danke dafür!

Die Lehre vom Fahren

BMW steht bekanntermaßen für Freude am Fahren. Sebastian Vettel ist das beste Beispiel dafür. So viel Freude wie der 19-jährige hatte schon lange kein F1-Pilot mehr; nicht umsonst verwendet er den Begriff "Spaß" inflationär häufig - aber immer ehrlich. Aber was hat Sebastian in den zwei Trainingsstunden in Monza "geübt"? "Fahren", lachte er auf die Frage eines Kollegen. Da wären wir also wieder bei der Freude am Fahren...

Die Lehre vom Radsport

Vor zwei Woche wurde Bernie Ecclestone noch gefragt, ob Flavio Briatore nicht ein perfekter Nachfolger für ihn im Amt des Formel 1-Bosses wäre, jetzt wäre Briatore wohl gerne in einer Position, um der FIA als Rechteinhaber ein paar nette Worte zu sagen - ohne dafür gleich eine Anhörung vor dem World Council angedroht zu bekommen. "Im Vergleich zur Formel 1 kann ich über den italienischen Fußball-Skandal nur lachen", sagte er nach der Bestrafung von Fernando Alonso, der seinerseits die F1 "nicht mehr als Sport" ansieht. Die FIA konnte über diese Aussagen weniger lachen. Dennoch legte Renault-Motorenmann Denis Chevrier nach: "In anderen Sportarten ist es Doping, in der Formel 1 haben wir diese Art von Betrug." Chefingenieur Pat Symonds komplettierte das aufgebrachte Renault-Quartett: "Vielleicht brauchen wir demnächst Hupen und Blinker an den Autos..." Zumindest im Fall Briatore waren all diese Aussagen offiziell nur ein "Spaß".

Die Lehre vom Sinn

In der Formel 1 machen einige Dinge keinen Sinn, das hat auch Nico Rosberg schnell gelernt. "Nach dem Start sind hier links sieben Bäume direkt hinter der Leitplanke - erst danach kommt ein Riesenzaun. Wo ist da der Sinn?", fragte er im Zuge der Sicherheitsbedenken einiger Piloten. "Beim Start besteht die größte Gefahr, dass ein Auto aufsteigt und genau dort stehen sieben große Bäume an der Strecke - das macht doch keinen Sinn." Glücklicherweise bekam niemand die unter 'Artenschutz' gestellten Bäume des königlichen Parks aus zu großer Nähe zu Gesicht. Dafür sah Nico am Freitag eine andere ungewöhnliche 'Gefahr' auf sich herunterrauschen: von der Brücke vor der Variante Ascari regnete es mitten im Freien Training Wasser...

Nur keine Bäume fällen..., Foto: Sutton
Nur keine Bäume fällen..., Foto: Sutton

Die Lehre zur Mitternachtsstunde

Die FIA hat es in Monaco vorgemacht: mitternächtliche Verkündungen und Entscheidungen sind in der Formel 1 in. Nach einem Chaos-Wochenende waren am Sonntagabend oder genauer formuliert Sonntagnacht alle froh, dass es endlich vorbei war. Als unsere Abordnung um kurz nach 00:00 Uhr das Media Centre verließ, war dies immerhin noch besser als zum gleichen Zeitpunkt am Samstag. Da ging es um Mitternacht erst so richtig los: Spyker schloss sich dem Trend der mitternächtlichen Meldungen an und verkündete die Übernahme des MF1-Teams. Am nächsten Morgen bezeichnete Neu-Mitbesitzer Michiel Mol das als "schlechtes Timing". Die übernächtigten Journalisten dürfen dem getrost hinzufügen, dass das Timing nicht nur für Spyker schlecht war, weil diese im großen Schumacher-Trubel sang und klanglos untergingen...