Es war eine harte Zeit im Motorsport. Eine Zeit, in der so genannte "gestandene Männer" Tränen um ihre Freunde vergossen haben. Eine Zeit, in der ein Rennstart bedeutet hatte, dass die Piloten nicht wussten, ob sie lebend wieder ins Fahrerlager zurückkehren würden. Der Motorsport, und natürlich erst recht die Formel 1, war damals lebensgefährlich - und immer und immer wieder wurden die Rennfahrer schmerzhaft daran erinnert, indem einer der ihren sein Leben ließ.

In einer solchen Zeit fasste die zierliche Maria Teresa de Fillippis den Entschluss, Rennfahrerin zu werden. Doch zuvor musste die 1926 in Neapel geborene Italienerin erst auf den Geschmack gebracht werden - das taten ihre Brüder, mit einer Wette. Gegenüber motorsport-magazin.com erklärt die große Dame des Automobilrennsports, wie sie durch eine Wette ihrer Brüder in den Motorsport gelangte.

Autos statt Pferde

"Ich hatte drei Brüder", erzählt De Filippis. "Die hatten untereinander gewettet. Der eine sagte, dass ich überhaupt nicht Auto fahren könne. Der andere sagte, ich könne sogar sehr gut Auto fahren. Ich selber habe mich zu der Zeit eher für Pferde interessiert, ich habe damals viel mehr Zeit mit den Pferden verbracht. Ich habe zu der Zeit einen kleinen FIAT Topolino mein eigen genannt. Nun hatten meine Brüder diese Wette laufen und sie haben mich einfach mit meinem Auto bei einem Bergrennen genannt, in der Nähe von Neapel." Das war 1948. Während der eine Bruder, der auf sie gesetzt hatte, mit ihr Übungsrunden drehte, stand der andere, skeptische Bruder daneben und lachte. "Der sagte: 'Das wird nichts.'", erzählt de Filippis lachend.

Doch Maria Teresa De Filippis errang bei diesem Bergrennen prompt den Klassensieg. Die Folge war vorauszusehen: "Da wurde dann natürlich meine Lust geweckt und ich bin gleich das nächste Bergrennen gefahren, dort bin ich Zweite geworden. Und dann habe ich mir sofort ein Rennauto gekauft." Ihr langjähriger Ehemann Theo Huschek, ein geborener Wiener, der sie als eine Art Manager und Dolmetscher begleitet, streut ein: "Maria Teresa war ihr Leben lang total unabhängig. Sie hat nie akzeptiert, dass irgendjemand irgendetwas über sie bestimmt. Sie war finanziell unabhängig, wenn sie etwas fühlte, dann machte sie das auch so und ließ sich von niemandem vereinnahmen."

Mit ihrem selbst gekauften FIAT-Giannini-Sportwagen feierte sie zwischen 1949 und 1953 zahlreiche Siege. Es war auch jene Zeit, in der sie den größten italienischen Piloten persönlich traf: Tazio Nuvolari. Im Jahr 1954 wurde De Filippis Zweite im Straßenrennen Giro di Siciliana. Ab 1955 ging es dann erst richtig los mit ihrer Rennfahrerkarriere.

Denn ab 1955 wurde sie Werkspilotin bei Maserati, belegte im selben Jahr Rang neun bei der legendären Targa Florio und wurde Dritte bei den 10 Stunden von Messina. Auch im Jahr darauf gab es den Einsatz bei der Mille Miglia - bei dem 1000 Kilometer-Rennen von Monza schied De Filippis als Klassenführende aus.

Die Sensation: Erste Frau in der Formel 1!

1958 war die Sensation perfekt: Maria Teresa de Filippis stieg als erste Frau in die Formel 1 ein. Sie pilotierte einen Maserati 250F - im Vorjahr wurde Juan Manuel Fangio mit diesem Auto Weltmeister. Beim berüchtigten, weil gefährlichen Grand Prix von Syrakus konnte De Filippis einen grandiosen fünften Platz belegen.

Wie reagierten die Männer darauf, dass eine Frau in ihren damals noch vollkommen von der Männerwelt beherrschten Sport einstieg? Maria Teresa de Filippis erzählt: "Sie reagierten gut, ich wurde in gewisser Weise gut behütet, ich war das Nesthäkchen, wir waren Freunde, jeder hat mir geholfen, jeder hat mir irgendetwas beigebracht - aber das galt nur im Fahrerlager. Auf der Strecke war das dann anders, da kämpften wir gegeneinander, da gab es keine Freunde mehr, da waren wir dann eben Gegner."

De Filippis erinnert sich, als ob es gestern gewesen wäre - und ihre Gesichtszüge wirken auf einmal recht traurig: "Die Situation war damals vollkommen anders als heute. Die Rennfahrer hatten auch viele private Kontakte zueinander. Die Fünfzigerjahre waren eine große, aber auch eine sehr traurige Periode. Es sind viele meiner Freunde während der Rennen tödlich verunglückt. Und dass ich heute überhaupt da sitzen und das erzählen kann, ist nicht selbstverständlich."

1959 verfehlte De Filippis in Monaco mit einem Spezial-Porsche die Qualifikation für den Grand Prix von Monaco, dafür wurde sie auf Maserati bei den 10 Stunden von Messina wieder Dritte. Doch als am 1. August 1959 ihr Freund und Mentor Jean Behra auf der berüchtigten Avus tödlich verunglückte, gab De Filippis ihren Rücktritt bekannt.

Dem Rennsport verbunden

Maria Teresa de Filippis ist jedoch dem Rennsport bis heute verbunden geblieben - sie ist Vizepräsidenten des "Internationelen Klubs ehemaliger Grand Prix-Piloten". Die heutige Formel 1 bedeutet ihr nicht viel: "Die dreht sich doch nur noch um die Technik - es geht überhaupt nicht mehr um das Fahren, um die Fahrer. Ich sage immer: Das ist eine Techniker- und Mechaniker-Weltmeisterschaft." Und: "Ich würde heute ganz sicher nicht in die Formel 1 einsteigen - ein Stiernacken ist das letzte, was ich mir antun möchte. [zeigt lachend einen sehr dicken Hals an]. Es ist einfach eine ganz andere Art von Sport - der Fahrer hat viel zu wenig Einfluss, er ist in einem viel zu großen Maße von der Technik abhängig."

Kann sich die "Grande Dame" des Automobilrennsports vorstellen, dass bald schon wieder eine Frau die Formel 1 erobern könnte? Wo doch die Autos heute wesentlich leichter zu bedienen sind und ein runder, gefühlvoller Fahrstil verlangt wird und ein gutes Rhythmusgefühl - Eigenschaften, die man durchaus den weiblichen Erdenbewohnern zuordnet? Maria Teresa de Filippis antwortet: "Prinzipiell stimmt das natürlich. Die heutigen Autos sind sicher leichter zu fahren als die Autos zu meiner Zeit. Aber es braucht halt auch etwas mehr als das gute Rhythmusgefühl. Denn es kommt dann jener Moment, in dem man den Mut und die Courage haben muss, an die Grenzen zu gehen. Dass man sich an das Limit heran wagt, dass man die Punkte auslotet, wo es gefährlich wird. Vielleicht ist das der Grund, warum wir derzeit keine Frau in der Formel 1 haben? Vielleicht gibt es hier eben eine Hemmschwelle?"