Im Pressesaal am Nürburgring nahmen am späten Freitagnachmittag die Techniker Pascal Vasselon (Toyota), Geoff Willis (Honda), Willy Rampf (BMW Sauber), Ross Brawn (Ferrari) und Mark Smith (Red Bull Racing) Platz, um die Fragen der Formel 1-Journalisten zu beantworten.

Pascal Vasselon ist ein interessanter Fall. Wir wissen bereits: Der Franzose kam von Gummigigant Michelin, um bei Toyota für das Zusammenspiel von Auto und Bridgestone-Reifen verantwortlich zu zeichnen. Wir wissen auch, dass er in Köln-Marsdorf die Geschäfte des recht plötzlich ausgeschiedenen Technikdirektors Mike Gascoyne übernommen hat. "Mit Ausnahme der Elektronik, die wanderte hinüber in die Motorenabteilung" sagt er. Wir wissen auch, dass Toyota in Monaco die B-Version des TF106, den TF106/07B einsetzen möchte.

Vasselon beantwortet geduldig die Fragen: "Natürlich verfügt der Wagen über ein neues Monocoque, deshalb ist es ja ein neues Auto. Aber es gibt noch andere Unterschiede: Beispielsweise, dass wir derzeit keinen Kiel verwenden." Am letzten Testtag im französischen Le Castellet, auf der Toyota-Hausstrecke namens Paul Ricard, war Ralf Schumacher mit dem Neuwagen um zwei Zehntelsekunden schneller als sein Bruder Michael im Ferrari. Vasselon legt die Latte bewusst tief: "Wir erwarten uns nicht allzu viel, denn die meisten Änderungen der B-Version betreffen die Mechanik."

Leichtgewicht an der Front, stagniert noch im Rennen., Foto: BAR
Leichtgewicht an der Front, stagniert noch im Rennen., Foto: BAR

In der Honda-Box spielten sich beim unglücklichen Boxenstopp von Jenson Button, vor zwei Wochen in Imola, dramatische Szenen ab - dieser Lapsus hätte böse enden können - bis hin zum Feuerinferno. Technikchef Geoff Willis ist sich darüber im Klaren, man habe den Vorfall auch analysiert: "Wir haben kleine Änderungen hinsichtlich unserer Vorgehensweise vorgenommen - ich glaube nicht, dass uns so etwas nochmals passieren wird."

Leichte Weiße

In der Startaufstellung stehen die meist leichten Weißen gerne an vorderster Front, doch im Rennen rutschen sie ab - Jenson Button okkupierte in den letzten drei Rennen die erste Startreihe, doch nur ein einziges Mal landete der immer noch sieglose Brite auf dem Podium. Willis glaubt fest daran, dass man bei den Silverstone-Tests Fortschritte in Sachen Rennpace erzielen konnte - doch man müsse es nun beweisen, sagt er.

Um Beweise geht es auch in der leidigen Flügelaffäre rund um flexible Spoiler, die angeblich immer noch zum Einsatz kommen. "Ich habe das Gefühl, dass ich ausreichend Video-Beweismaterial vorlegen kann, um demonstrieren zu können, dass der Heckflügel von Ferrari immer noch flexibel ist", wurde Willis von den Medien zitiert. Doch er fühlt sich missverstanden und findet, dass die Angelegenheit künstlich aufgebauscht wurde. "Diese Diskussionen rund um flexible Flügel gab es in den letzten zwei oder drei Jahren immer wieder. Viele Teams ersuchen Charlie Whiting [den Technischen Delegierten der FIA, d. Red.] immer wieder um Klarstellungen in verschiedenen Fällen - dies wird dann in der Technischen Arbeitsgruppe besprochen." Es sei normal, dass sämtliche Techniker "mit den Flügeln herumspielen" würden, sagt Willis.

Ferrari flexibel? Willis will nichts konkretes gesagt haben., Foto: Sutton
Ferrari flexibel? Willis will nichts konkretes gesagt haben., Foto: Sutton

"Es gibt zwei wesentliche Richtungen. Die Leute versuchen, den gesamten Flügel zu verbiegen oder sie spielen mit Mechanismen, welche den Abstand zwischen den Flaps schließen oder öffnen", erklärt Willis. Es sei beeindruckend gewesen, welch innovative Lösungen im Umlauf gewesen seien, schwärmt er. Man habe gesehen: "Flügel, die sich in eine Richtung verbiegen. Flaps, die sich in eine andere Richtung verbiegen. Flügel, die nicht miteinander verbunden sind. Ich denke, wir haben sogar einen Flügel gesehen, der sich aufbläht, was mich sehr beeindruckt hat, das muss ich schon sagen."

Never Ending Geflügelstory

Doch diese Dinge würden zum Tagesgeschäft gehören, man würde dann eben den Technischen Delegierten fragen, welche Lösung legal sei und welche nicht. Willis: "Das ist ein bisschen wie ein Spiel. Es geht um technische Vorteile. Wenn du eine clevere Idee hast oder du denkst, jemand anderer hatte eine solche, dann versuchst du das einfach umzusetzen oder - wenn du denkst, es handle sich um eine Grauzone im Reglement - du stellst die richtigen Fragen an die FIA und dann wird es entweder für alle erlaubt oder für alle verboten."

Man möchte nun aber von Willis wissen, ob er seit Imola konkrete Vorwürfe gegenüber Ferrari an die FIA herangetragen habe - doch Willis flüchtet in Allgemeinaussagen. Die Angelegenheit sei kompliziert, es würde seitens der FIA keine eindeutigen Messverfahren geben, viele Teams würden sich immer wieder mit Verdachtsmomenten an die FIA wenden. From the floor wird die konkrete Frage gestellt: "Verwendet irgendein Team flexible Flügel oder Unterböden?" Willis windet sich: "Das ist eine sehr schwierige Frage..." Doch es kommt keine konkrete Antwort. Wenn man das herausfinden wolle, müsse man die Topspeedwerte vergleichen - doch auch das sei heute schwierig...

Willy Rampf nimmt noch fünfzig Mitarbeiter auf., Foto: Sutton
Willy Rampf nimmt noch fünfzig Mitarbeiter auf., Foto: Sutton

Willy Rampf erlebt bei BMW Sauber eine aufregende Dekade, derzeit wird das Team von 300 auf 400 Angestellte aufgestockt - man habe bislang rund 50 Menschen hinzuengagiert, verrät der Technikdirektor. Die Performance sei schwankend - auch weil die Zeitabstände zwischen den Konkurrenten so knapp seien, sagt Rampf. "Wenn du im Qualifying vorzeitig ausscheidest, stehst du schon viel weiter hinten und es ist schwer, Punkte zu holen", fügt er hinzu.

Immer wieder Pakete

Ross Brawn erklärt das altbekannte Reifenproblem der Scuderia Ferrari. Zunächst habe man die Pneus nicht auf die nötige Betriebstemperatur gebracht. In Melbourne habe man deshalb im ersten Stint "den Preis bezahlt, im zweiten jedoch, mit den vorgeheizten Reifen, war es besser", erklärt der Brite. In Imola habe man daher einen Reifen eingesetzt, dessen optimale Betriebstemperatur in einem niedrigeren Fenster liegt - dabei wiederum könne es passieren, dass die Reifen zu heiß werden. "In geringem Ausmaß ist uns das in der Mitte es Imola-GP passiert", verrät der Ferrari-Stratege.

Michael Schumacher hat vor dem Saisonbeginn erklärt, dass in diesem Jahr die Weiterentwicklung der Schlüssel zum Erfolg sein würde. Brawn kann da nur zustimmen - mit der Entwicklungsstrategie der Roten zeigt er sich höchst zufrieden. "Wir hatten schon in Imola ein neues Aerodynamik-Paket und jetzt kam abermals ein neues hinzu. In Barcelona wird es kleine Updates geben und in Monaco kommen abermals neue Pakete zum Einsatz. Danach kommen jene für wenig Abtrieb, für Kanada und Indianapolis." Zudem sei schon in Imola ein neues Aufhängungssystem zum Einsatz gekommen und man arbeite bereits wieder an neuen Systemen, erklärte Brawn stolz.

Mark Smith sieht sich eher als Koordinator., Foto: Sutton
Mark Smith sieht sich eher als Koordinator., Foto: Sutton

Red Bull Racing-Technikdirektor Mark Smith spricht über sein Arbeitsverhältnis zu Stardesigner Adrian Newey, der längst am neuen RB3 feilt. Smith: "Adrian ist in erster Linie für das Design verantwortlich, während ich in den letzten Jahren immer mehr eine Management-Rolle einnehme und die verschiedenen Bereiche wie Aerodynamik, Konstruktion und so weiter koordiniere."

Probleme gibt es nicht

Obwohl Red Bull Racing über drei Piloten verfügt, hat man Vitantonio Liuzzi vom Schwesterteam Toro Rosso bei den Silverstone-Tests bereits zum zweiten Mal in den RB2 gesetzt - auf den Zweck dieser "Leihgabe" angesprochen winkt Smith ab: "Da sollte man nicht zu viel hinein interpretieren."

Und auch die letzte Frage dieser Pressekonferenz geht an Mark Smith - from the floor möchte man wissen, ob es eine Erklärung dafür geben würde, dass die Red Bull-Ferrari nicht so viel Topspeed aufweisen wie die "reinrassigen" Ferrari. "Das hängt von einer Kombination aus verschiedenen Faktoren ab", leitet Smith seine Antwort ein. Doch eine konkrete Antwort ist es nicht. Man habe noch in einigen Bereichen viel Arbeit zu erledigen, der Wagen habe mehr Potential, als er bislang gezeigt hat - aber eines sei sicher: "Es gibt keine Probleme mit den Ferrari-Motoren." Mark Smith sieht außerdem Licht am Ende des Tunnels: "Wir konnten einige Probleme lösen - und wenn uns weitere Verbesserungen gelingen sollten, können wir vielleicht in drei oder vier Rennen um einiges weiter vorne landen." Wir wissen: Zuversicht ist das tägliche Brot in der Formel 1.