Wenn man Konzern-Giganten wie Nick Fry (Honda), Norbert Haug (Mercedes) und Pat Symonds (Renault) neben Sam Michael vom Privatteam Williams-Cosworth in der Pressekonferenz sitzen hat, ist klar, dass man sich nach dem Befinden der Herstellervereinigung GPMA erkundigt. So auch bei der Freitags-PK im Melbourner Albert Park. Norbert Haug wiederholt seine bereits getätigten Aussagen, wonach die Verhandlungen mit der CVC und der FIA "sehr konstruktiv" sein würden, und dass dies aber "nicht notwendigerweise bedeuten würde, dass bereits alles im Lot" sei. Zwischen den Zeilen liest man: Das Gespenst namens Hersteller-Serie liegt zwar im Koma, dennoch ist es immer noch eine Option, sollten quasi alle Stricke zur FIA oder zu den Rechteinhabern reißen.

Für Nick Fry nimmt die GPMA - "der Name ist nicht so wichtig" - jedoch eine weiterführende Rolle, über die eigene Serie hinaus, ein - in dieser Vereinigung würden sich "die Hersteller untereinander abstimmen können, bevor man mit der FIA oder anderen außen stehenden Organisationen spricht", sagt Fry.

Motoreneinfrierung

Viel sprechen wird man noch über die so genannte "Motoreneinfrierung", also einen Entwicklungsstopp oder besser eine Entwicklungs-Einschränkung über einen bestimmten Zeitraum. Haug stört nicht nur das Wort "einfrieren" - es gehe um Kostensenkung - und zwar im großen Rahmen. Haug bringt ein Beispiel, wie es nicht sein soll: "Es ist fair zu sagen, dass uns die V8-Motoren anfangs zusätzliche Kosten bereitet haben und am Ende werden wir die Möglichkeit haben, an die zehn Prozent einzusparen - aber wir müssen größere Schritte setzen, das ist klar." Deshalb möchte Haug die von Renault, Ferrari und Cosworth vorgeschlagene Homologationszeit von fünf Jahren noch einmal überdenken.

Die Motoren sollen 50 Prozent des Budgets ausmachen., Foto: Sutton
Die Motoren sollen 50 Prozent des Budgets ausmachen., Foto: Sutton

Nick Fry gibt Haug Recht und fügt hinzu, dass man sich als Gruppe zusammensetzen und Möglichkeiten zur Kostenreduktion überlegen solle - es würde in den kommenden Monaten "zweifellos mehr Treffen als jenes in Maranello" geben, sagt Fry. Pat Symonds, der bei dem Treffen zugegen war, erklärt: "Bei den meisten F1-Budgets machen die Kosten für den Motor rund 50 Prozent aus." Und dies sei eine anzustrebende Reduktion - die "drakonische Homologation", die vorgeschlagen wurde, sei nur die Richtung und könne noch diskutiert werden, sagt der Renault-Technikchef. Er wolle "das Kind nicht mit dem Bade ausschütten", er sei sich im Klaren, dass "Motoren, die 19.000 U/min drehen, auch zum Spektakel gehören". Und auch Symonds findet das Wort "Einfrieren" "total falsch" - man müsse schon gewisse Bereiche in der Weiterentwicklung der Aggregate erlauben.

Qualifying

Ein weiterer Punkt bei dieser Pressekonferenz ist das Qualifying. Nick Fry findet es - wie viele - toll und möchte es lassen wie es ist. Pat Symonds und Norbert Haug finden die ersten zehn Minuten des dritten Heats langweilig, denn in diesem Zeitraum fahren die Piloten keine schnellen Runden, sondern welche, um Sprit zu verbrennen. Während Fry diese zehn Minuten als Ruhephase zwischen zwei Höhepunkten betrachtet, wollen Symonds und Haug Modifikationen.

Manche wollen auch im dritten Heat wieder das alte Low Fuel-Qualifying. Haug gibt zu bedenken: "Wenn du mit Low Fuel fährst, die Pole eroberst, eine Einstopp-Strategie fährst - dann wird das kein aufregendes Rennen werden." Der Schnellste würde einfach davonjagen, fürchtet Haug - und daher appelliert er: "Man muss die Nachtankregelung so lassen wie sie ist."

Philosophie & Technologie

Philosophie ist der nächste Programmpunkt. Es geht um die verschiedenen Ansätze der FIA, welche die Kosten stark reduzieren möchte und dies mittels Einschränkungen im Regelwerk probiert und beispielsweise Honda, wo man am liebsten ein offenes Regelwerk hätte. Nick Fry antwortet: "Man muss einen vernünftigen Kompromiss finden. Aber es stimmt: Wir glauben an einen liberaleren Zugang in Hinblick auf die technische Entwicklung, denn für Honda ist die Formel 1 doch ein Technik-Projekt. Es sollen Techniker und Technologien weiterentwickelt und in die Serie integriert werden." Auch die Kollegen von Fry hoffen auf einen "gesunden Kompromiss", man betont aber auch, dass man es "niemals allen Recht machen" könne.

Ein Journalist spricht neue Technologien wie die Hybridtechnik an und er stellt eine interessante Frage in den Raum: "Wie wollt ihr überholen, wenn alle den gleichen Motor bauen?" Die Techniker sprechen ihre Begeisterung für die Hybridtechnologie aus und sie wollen sich ihr gegenüber auch nicht verschließen. Norbert Haug spricht von seinem bevorzugten Hybrid-Modell: "Wenn man einen V10 oder was auch immer auf 750 PS limitieren würde und man einen Überhol-Button anbringen würde, der weitere 150 PS freisetzt." Das wären Ideen für die "nächsten Motoren-Formeln", sagt Haug. Symonds warnte zuvor, dass eine völlige Öffnung des Reglements wiederum extrem teuer kommen würde, weil man "versuchen würde, das Rad neu zu erfinden".

Wie würde heute das optimale F1-Auto aussehen?, Foto: Sutton
Wie würde heute das optimale F1-Auto aussehen?, Foto: Sutton

Das führt zum nächsten Thema: Wie würden sie aussehen, die Formel 1-Boliden, bei einem völlig offenen Reglement? Welche Technologien/Möglichkeiten würden die anwesenden Techniker bevorzugen? Fry sagt: "Das Auto müsste die Fahrfähigkeiten unterstreichen, schnell aussehen und klingen, das Überholen erleichtern und viel Spaß bereiten - ich denke nicht, dass dies von den technischen Details abhängig ist." Sam Michael würde gerne die aktiven Radaufhängungen zurück in die Formel 1 bringen. Zudem betont er, dass ein Einheitsreifen seiner Meinung nach das Überholen fördere. Norbert Haug erwähnt die Slicks und erinnert daran, dass bereits "aerodynamische Änderungen in der Pipeline" seien, welche das Überholen erleichtern.

Der kranke Freitag

Letztes Thema: Der GP-Freitag. Er ist, im Vergleich zum Samstag und dem Sonntag, schwer erkrankt. Einsatzpiloten ohne Einsatz. Herumsitzende Piloten, die lieber fahren als warten würden, doch sie müssen ihr Material schonen. In letzter Zeit mehren sich die Stimmen, welche den GP-Freitag in seiner aktuellen Form hinterfragen. Pat Symonds sagt dazu: "Wir sollten lateraler denken und uns fragen, ob wir den GP-Freitag noch brauchen. Ich persönlich bin dafür, den Grand Prix auf zwei Tage zu kürzen und stattdessen an den Freitagen zu testen. Ich denke, wir legen in der Formel 1 oftmals zu viel Wert auf Traditionen und es gibt offenbar die fest verankerte Vorstellung, wonach ein Grand Prix über drei Tage stattzufinden hat. Wir haben auch Jahre gebraucht, um zu realisieren, dass wir keine zwei Qualifyings benötigen - um diese Dinge geht es."

Auch Sam Michael kann sich einen Testtag vorstellen, mit "zwei jeweils zweistündigen Test-Sessions". Norbert Haug stimmt dem zu - er kann aber auch die Vorstellung von Nick Fry nachvollziehen, der eine Art von Promotion-Tag mit einer Öffnung für die Fans vorschlägt. Oder eine Mischung aus Test und Promotion. Was den Freitag betrifft, wird man sich ganz sicher auf eine gute Lösung einigen können - denn: Langweiliger kann er nicht mehr werden, der GP-Freitag.