Jene größte Tageszeitung Deutschlands, welche die vorweihnachtlich besinnliche Formel 1-Welt unlängst mit der Schlagzeile "Formel 1-Trottel Luca Badoer fährt Schumis Auto zu Schrott!" bereicherte, hat nun wieder etwas aufgedeckt. Es geht ums "Wildern" und ums "Intimfeindrasieren". Um die beiden deutschen Großkonzerne BMW und Mercedes. Um Technologietransfer. Und um ein Lieblingswort der Bild-Zeitung: "Zoff"!

Den soll es jetzt angeblich verschärft geben, natürlich zwischen BMW und Mercedes. Denn angeblich hat BMW nicht nur dem Langzeit-Mercedes-Testfahrer Alex Wurz ein Angebot als dritter Fahrer unterbreitet, sondern zur Sicherheit auch noch dem DTM-Champion Gary Paffett und dem Formel 3-Ass Lewis Hamilton ein entsprechendes F1-Vertragspapier unter die Nase gehalten, beide gelten als Fixsterne am Mercedes.-Himmel.

Nicht der Himmel, sondern die Miene von McLaren-Teamchef Ron Dennis soll sich nun gewaltig verdüstert haben - der Brite vermutet dem Bericht zufolge eine gezielte Abwerbungsoffensive. Sogar von "gezielter Irreführung junger Talente" soll da die Rede sein. Dennis wird mit den Worten zitiert: "Unsere Fahrer sind offenbar sehr attraktiv, weil sie wertvolles Wissen über unser Formel-1-Auto besitzen." Und: "Ich habe das Gefühl, dass unsere Piloten in ein anderes Team gezogen werden sollen, nur um ihnen das Wissen aus den Adern zu saugen und sie dann wieder fallen zu lassen."

Eines ist klar: Der McLaren-Mercedes MP4-20 galt für viele Experten als das stärkste Auto im Felde und es ist auch kein Geheimnis, dass Alex Wurz natürlich mit einem gewaltigen Knowhow im geistigen Koffer umherwandelt. Dass Wurz neben seinem exzellenten Technikverständnis und dem immer noch vorhandenen Rennbiss auch viele Technikdetails der Silberpfeile aufwarten kann, ist einleuchtend - bei Gary Paffett oder Lewis Hamilton dürfte dies jedoch nur bedingt zutreffen. Zum einen sind beide eher Gelegenheitstester in der F1 und zum anderen ist McLaren dafür bekannt, nur den wirklich Eingefleischten nur das unbedingt nötigste Wissen zukommen zu lassen.

Bleibt also nur Alex Wurz. Der Perchtoldsdorfer steht vor einer schwierigen Entscheidung. Ende des Jahres läuft sein Vertrag aus. Der österreichische Journalist Othmar Behr schrieb dazu süffisant in den Salzburger Nachrichten: "Was soll er machen? Emsiger Testfahrer bei McLaren-Mercedes bleiben bis Mika Häkkinens Erstgeborenem das Stammplätzchen angeboten wird? Bei BMW Jacques Villeneuve den Sitz wärmen? Oder die nagelneue Kiste für das altgediente Talent Nick Heidfeld flott machen?"

Wird Edeltester Alex Wurz bald zum Edelwilderer? Der Österreicher räumte gegenüber Autosport mit jenem Gerücht auf, wonach ihm Ron Dennis ein Ultimatum respektive eine Frist für seine Entscheidung gesetzt habe: "Ich kann mir so lange Zeit lassen, wie ich das will." Es gilt abzuwägen: Wie stehen die Chancen, nach einem weiteren Testjahr ein Renncockpit zu ergattern? Dass er bei BMW 2007 Villeneuve ablösen könnte, kann oder will ihm BMW angeblich nicht garantieren. Bei McLaren wiederum steht jenes Zweitteam im Raum, welches ab 2007 von Jean Alesi geleitet werden soll. Wurz sagt dazu: "Ich bin eine sehr rational denkende Person. Ich werde mir zunächst alle Fakten ansehen und dann eine Entscheidung treffen. Nächste Woche sollte ich mehr wissen."

Was das "Wildern und Intimfeindrasieren" betrifft, gibt sich Mercedes-Rennleiter Norbert Haug kühl: "Kompliment für unseren Nachwuchs. Bei aller Begehrlichkeit müssen Verträge aber eingehalten werden." Warum BMW gleich drei Mercedes-Fahrer abwerben möchte, hat die erwähnte Tageszeitung gefragt. Und erhielt folgende Antwort: "Unsere Personal-Politik diskutieren wir grundsätzlich nicht in der Öffentlichkeit."