Léon, wann habt Ihr das V8-Programm gestartet?

Léon Taillieu: Mit ersten Studien haben wir bereits im September 2004 begonnen.

Welcher Philosophie seid Ihr gefolgt?

Léon Taillieu: Wir wollten in der Konstruktion keine unnötigen Risiken eingehen. Das heißt, wir haben auf dem aufgebaut, was wir bereits kennen und wissen - der RS26 wird von all den Erfahrungen profitieren, die wir in der abgelaufenen Saison mit dem siegreichen V10 gesammelt haben. Die Zielsetzung im Rennmotorenbau ist ohnehin stets dieselbe: Kraft, Zuverlässigkeit sowie optimierte Einspritzung und Verbrennung.

Wie stellt Ihr bei einem so langfristigen Projekt sicher, dass Ihr den festgelegten Zeitplan einhaltet?

Léon Taillieu: Das ist eine Frage von Planung und Organisation. In der modernen Formel 1 macht genau diese Fähigkeit den Unterschied aus. Computer-Tools sind dabei eine unverzichtbare Hilfe: Sie senken das Risiko, einen Fehler zu begehen, auf ein Minimum. Wenn wir die Produktion eines Teils aus einem bekannten Bereich freigeben, wissen wir, dass die mathematischen Modelle bei seiner Konstruktion akkurat waren und dass praktisch nichts schief gehen kann. Geht es um einen weniger bekannten Bereich, in dem wir nicht absolut sicher sind, müssen wir zunächst Testreihen absolvieren, um unsere Rechenmodelle neu zu kalibrieren. Wir haben außerdem schon mit dem V10 Tests im Hinblick auf die V8-Zukunft durchgeführt, die sehr hilfreich waren.

Wird es zwischen dem V10 und dem V8 weitere Unterschiede in der Konfiguration geben?

Léon Taillieu: Zunächst müssen wir bedenken, dass Renault jetzt von 72 Grad Zylinderbankwinkel auf 90 Grad umstellt, wie es das Reglement ab 2006 verbindlich festlegt. Unsere Gegner fahren seit längerem mit einem 90-Grad-Winkel. Wir werden damit einen tieferen Schwerpunkt erreichen, aber ich erwarte keine großen Unterschiede zu den anderen Motoren. Zweitens dürfen wir keine variablen Ansaugstutzen mehr verwenden, mit denen wir bislang die Schwingungen im Ansaugtrakt regulieren und die Verbrennung in Abhängigkeit von der Drehzahl optimieren konnten. Im Endergebnis wird sich der V8 weniger kräftig anfühlen.

Es war nach ersten V8-Tests viel von ungewohnten Vibrationen zu hören. Wie kommt das?

Léon Taillieu: Bei jedem Motor unterscheiden wir zwischen internen und externen Vibrationen. Erstere betreffen vornehmlich Drehschwingungen in den beweglichen Teilen des Triebwerks. Sie sind für den Ausbau der Zuverlässigkeit entscheidend und hängen weitgehend von der gewählten Zündfolge ab, die sich wiederum auf die Leistungsentfaltung auswirkt. Aus dieser Sicht sollten wir eine Zündfolge wählen, die den besten Kompromiss aus Zuverlässigkeit und Leistung ergibt. Die zweite Art Vibrationen hängt zum Teil von dieser Auslegung ab und kann zusätzlich durch ein Feinwuchten der Kurbelwelle minimiert werden. Im Auto schlägt vor allem die zweite Sorte Vibrationen auf Fahrer und Chassis-Komponenten durch.

Inwiefern hängt das vom V8-Konzept ab?

Léon Taillieu: Wir haben für den V8 einen Kompromiss gewählt, der gegenüber dem V10 keine größeren Vibrationen provoziert. Sie konzentrieren sich an anderen Punkten, aber unsere Anstrengungen zu ihrer Dämpfung sind vergleichbar. Jede Komponente muss unter dieser Maßgabe konstruiert werden. Der schlechte Ruf der V8-Motoren bezüglich der Vibrationen kommt daher, dass in den 1980ern die Achtzylinder mit gleich großen V12-Motoren verglichen wurden. Und in diesem Vergleich sind die Kolben-Massen eines V8 natürlich viel größer und schwieriger zu kontrollieren. Heute vergleichen wir aber 2,4-Liter-V8-Motoren mit 3-Liter-V10, die exakt identische Hubmassen besitzen.

Wie ist der aktuelle Projektstand des RS26?

Léon Taillieu: Wir liegen bei Zeitplan und Leistung genau auf Kurs der Zielvorgaben. Die erste Phase der Leistungssuche haben wir fast abgeschlossen und alle Zwischenziele erreicht.