Wie viel Erfolg verträgt ein Mensch? Diese Frage stellten sich in den zurückliegenden roten Jahren nicht gerade wenige Betrachter der Königsklasse des Motorsports. Denn in dieser hat Michael Schumacher im Laufe seiner Karriere so ziemlich alles gewonnen und beinahe jeden Rekord gebrochen.

In der kommenden Woche kehrt der Ex-Champion auf die Rennstrecke zurück: In Jerez wird Michael Schumacher erstmals seit dem Saisonfinale in Shanghai wieder ins Cockpit steigen. Die Jagd auf den 8. WM-Titel hat begonnen.

Die Hoffnungen der Konkurrenten und mancher Medien, dass er nach dem enttäuschenden Abschneiden in der Saison 2005 nicht aus seinem alljährlichen Winterurlaub zurückkehren würde, haben sich also zerschlagen: "Der Urlaub ist vorbei", verkündete Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo.

Die Saison 2005 verlief nicht nach seinem Geschmack., Foto: Sutton
Die Saison 2005 verlief nicht nach seinem Geschmack., Foto: Sutton

"Ich möchte den Fans versichern, dass wir auf die Siegerstraße zurückfinden werden", lehnte sich der Chef der springenden Pferdchen weit aus dem rot gerahmten Fenster. "Ich habe gerade mit Schumacher gesprochen und er brennt darauf zu fahren. Er wird noch vor Weihnachten zurückkehren."

Genau genommen an den letzten beiden Testtagen vor der Weihnachts- und Neujahrspause. Früher als in den Vorjahren, als Schumacher immer erst im neuen Jahr seinen Dienst aufnahm, kehrt der siebenfache Titelträger in der nächsten Woche am 15. und 16. Dezember in Jerez de la Frontera in sein rotes Arbeitsgerät zurück.

Von Ermüdungserscheinungen und Motivationsproblemen kann demnach keine Rede sein. Der Mann mit der Startnummer 5, jener Nummer die ihn anno 1994 zu seinem ersten Titelgewinn führte, ist bereit die lieb gewonnene Rolle des Gejagten mit jener des Jägers zu tauschen und 2006 den Titel zurückzuerobern.

Jäger des verlorenen Schatzes

Die Jagd nach dem verlorenen WM-Pokal könnte sich für den zweifachen Familienvater aber als schwieriger als erwartet erweisen. "Für Michael ist das ein ganz schwieriges Thema. Er kann eigentlich nur noch verlieren", gibt Hans Joachim Stuck im motorsport-magazin.com-Interview zu bedenken. "Wenn du sieben Mal Weltmeister warst, dann musst du ein achtes Mal Weltmeister werden oder du musst aufhören."

Diese Einschätzung teilt auch René Arnoux: "Jeder Fahrer sollte selbst wissen, wann es Zeit ist aufzuhören", verriet er im Gespräch mit motorsport-magazin.com. "Aber eines ist klar: Michael wird in der Formel 1 bleiben um zu gewinnen, um noch einen WM-Titel zu holen. Das einzige, was für ihn noch zählt, ist ein 8. WM-Triumph. Das ist sein Schicksal, eigentlich brutal. Sollte er um eine WM mitkämpfen, und am Ende nur Zweiter werden, würden das alle als Niederlage werten. Wenn er einmal nicht mehr die Möglichkeit sieht konkurrenzfähig zu sein, dann wird das der Zeitpunkt sein an dem er entscheiden wird mit dem Rennsport aufzuhören."

Bald kehrt Schumacher ins Cockpit zurück., Foto: Sutton
Bald kehrt Schumacher ins Cockpit zurück., Foto: Sutton

Für Patrick Tambay ist dieser Zeitpunkt aber noch nicht gekommen. "Aber überhaupt nicht", verteidigt er Schumacher im Interview mit adrivo-com-Redakteur Andi Gröbl.

"Gebt ihm ein gutes Auto und gescheite Ausrüstung und er wird wieder Weltmeister. Er ist nur 36 Jahre alt, er ist total fit, er hat seine Persönlichkeit und alles was dazu gehört. Er hat unglaubliche Resultate erzielt, keiner kann ihm diese Rekorde mehr wegnehmen. Keiner darf übersehen was er geleistet hat. Er hatte in diesem Jahr eine Scheiß-Saison, aber deswegen sollte man nicht den Schluss ziehen, dass es mit ihm vorbei ist."

Im Gegenteil: "Wenn Michael ein Auto hat, mit dem er mit Alonso und Räikkönen mithalten kann", so Stuck, "bin ich mir sicher, dass er sie auch schlägt. Aber ob ihm Ferrari dazu das Auto gibt, das steht im Kaffeesatz."

Survival of the fittest

An der körperlichen und geistigen Fitness mangelt es dem Ferrari-Star jedenfalls nicht. "Er ist sehr stark, auch im Kopf und will unbedingt wieder gewinnen", betont Arnoux. "Um Michael muss man sich wirklich keine Sorgen machen. Außerdem ist er ja noch keine 40!"

Deshalb ist seine Zeit für Riccardo Patrese auch noch lange nicht abgelaufen. "Nein, nein, der ist noch immer auf der Höhe seines Könnens", ist er sich im Dialog mit motorsport-magazin.com sicher. "Er hat immer noch die Power um Rennen zu gewinnen."

Aus diesem Grund sieht auch der letzte Ferrari-Weltmeister vor Michael Schumacher den Deutschen noch nicht an seinem Zenit angelangt. "Nein, da bin ich anderer Meinung", wiegelt Jody Scheckter gegenüber motorsport-magazin.com ab. "Sobald es bei ihm einmal schlecht läuft, glauben gleich alle, seine Zeit sei abgelaufen. Aber die werden schon wieder auf die Beine kommen. Ferrari ist ein starkes Team. Wenn man so eine verpatzte Saison hat, dann schaut man sich im Winter jedes noch so kleine Detail an."

Genau deswegen kehrt der siebenfache Champion in der kommenden Woche aus seinem Urlaub auf die Rennstrecke zurück. Und auf dieser könnte er laut Mario Andretti noch lange seine Runden drehen. "Wenn Schumacher es möchte, dann kann er bis 50 weiterfahren", malte der Amerikaner eine Horrorvision für die Rivalen des Rekord-GP-Siegers an die Wand. Denn theoretisch könnte der heute 36-Jährige bis dahin 21 WM-Titel gewonnen haben. Vorerst würde er sich aber mit seinem 8. Titeltriumph zufrieden geben.