Drei Entscheidungsträger sitzen im Pressezentrum von Spa-Francorchamps - bei der Freitags-Pressekonferenz der FIA. Und zwar John Howett von Toyota, Flavio Briatore von Renault und Norbert Haug von Mercedes. Thema Nummer 1 sind die Regelvorschläge der FIA für die Formel 1 ab 2008. Es geht also wieder einmal um die ferne Zukunft und vor allem um eine bessere Formel 1.

Aerodynamikbeschnitt

Die drei Entscheidungsträger sind sich einig, dass es wichtig sei, die Show zu verbessern, das Überholen zu erleichtern, den Sport wieder in den Vordergrund zu rücken. Toyota-Präsident John Howett fügt dem hinzu, dass er erfreut darüber sei, dass die FIA von ihrer Position einer Reduzierung der Hochtechnologie respektive einer exzessiven Einführung von Einheitsteilen ein wenig abgerückt ist. Zugleich möchte auch er die Aerodynamik reduzieren und den mechanischen Grip erhöhen. Es sei natürlich "noch ein langer Weg zu beschreiten", bis man ein konkretes Regelwerk in Händen halten wird, aber man würde "in die richtige Richtung gehen", findet Howett.

Das sieht auch Renault-Teamchef Flavio Briatore nicht anders. Renault wäre sowohl für Sparmaßnahmen als auch für eine Verbesserung des Spektakels. Und dann sagt Briatore: "Seit zehn Jahren versuchen wir, das Überholen zu erleichtern, doch wir hatten niemals Erfolg. Dieser Prozess ist nicht einfach..." Was Briatore und Co nicht dazu sagen: Dass die Hersteller und die Teams Milliarden in sündteure Windkanäle steckten, dass die Aerodynamik stets eine "heilige Kuh" war, auch im letzten Jahrzehnt, und dass manche den Eindruck haben, man würde sich erst jetzt wirklich dazu bekennen, dass etwas getan werden muss in Sachen Überholmanöver und Verbesserung des Sports...

In diesem letzten Jahrzehnt verfügte man über hochstehende Computertechnologie - doch diese wurde vornehmlich zum Entwerfen von Kleinstflügelwerk und zum 24 Stunden-Windkanal-Entwickeln angewandt. Jetzt hat die FIA plötzlich mit der Firma AMD einen Deal abgeschlossen. Jetzt will man mit Hightechrechnern und komplexen Simulationen dem Überholproblem auf die Schliche kommen. Das hätte man längst schon tun können, finden manche. Norbert Haug wischt solche Bedenken vom Tisch: "Da geht es nicht darum, dass wir es nicht versucht hätten. Wir wollten das erreichen, wir alle - aber wir haben es einfach nicht geschafft." Der Mercedes-Rennleiter erinnert auch daran, dass es sich dabei um ein komplexes Problem handelt und daher die Erkenntnis respektive das Bekenntnis zum Sport alleine auch nicht ausreicht: "Man hat es in Monza gesehen. Auch wenn du drei Sekunden schneller bist, kannst du in einer schnellen Kurve nicht näher an den Vordermann ranfahren, denn 10 oder 15 Meter hinter ihm bekommst du ein Untersteuern, mit dem du einfach nicht klarkommen kannst."

Boost-Button

Und auch die Lösung mit einem Boost-Button sei nicht so simpel, wie das klingen möge, fügt Haug hinzu. "Wenn man eine Möglichkeit finden würde, kurzzeitig um 1.000 Umdrehungen pro Minute höher zu drehen, würde das den Überholvorgang wahrscheinlich erleichtern. Nur sind wir bei den neuen V8-Motoren bereits bei 20.000 U/min - sicher kann man probieren, auf 21.000 U/min zu gehen, aber wahrscheinlich nur ein einziges Mal. Und deshalb denken wir, dass man hier wirklich schauen muss, alles unter einen Hut zu bekommen."

Für uns sind die Fans vor Ort am wichtigsten, sagt Haug., Foto: Sutton
Für uns sind die Fans vor Ort am wichtigsten, sagt Haug., Foto: Sutton

Prinzipiell sei diese Diskussion positiv, da hier "der Zuschauer im Mittelpunkt des Interesses" stehen würde, findet Norbert Haug. "Für uns ist der wichtigste Kunde der Zuschauer auf der Strecke, und danach kommt der TV-Zuseher. Natürlich wollen sie Überholmanöver sehen, und daher müssen wir alles tun, um das Überholen zu erleichtern", erklärt Haug.

B-Teams & Gebrauchtwagenfrage

Ein anderes Thema ist jenes Gerücht, wonach McLaren im kommenden Jahr oder im Jahr 2007 ein B-Team einsetzen könnte. Norbert Haug winkt ab: Man habe zwar mit Dubai F1 eine solche Idee verfolgt, doch dieses Projekt wäre nun in einem "statischen Zustand".

Haug: "Derzeit gibt es verschiedene Diskussionen, aber nichts Präzises, für 2007 gibt es diesbezüglich keinerlei Pläne. Es gibt diese Story, wonach McLaren gebrauchte McLarens in einem B-Team einsetzen könnte. Doch meines Wissens nach ist das vom Reglement her gar nicht erlaubt. Und ich denke, jeder sollte wissen, dass wir stark gegen den Einsatz von gebrauchten Formel 1-Autos sind. Wir glauben nicht, dass dies der Schlüssel für die Zukunft ist - wir denken, dass es die Unabhängigkeit der Teams angreifen würde, wenn man gebrauchte McLarens, Ferraris oder Renaults erlauben würde. Dieses Gerücht - ich weiß nicht woher das kommt - ist also von den Regeln her gar nicht möglich. Sicherlich gibt es Diskussionen, aber für 2007 sehe ich da keine Möglichkeiten." Und wenn es die Regeln ab 2008 erlauben würden? Haug: "Aber das tun sie nicht. Das steht zur Diskussion, aber derzeit erlauben sie es nicht."

Briatore kann den Unterschied zwischen F1 und GP2 nicht sehen., Foto: Sutton
Briatore kann den Unterschied zwischen F1 und GP2 nicht sehen., Foto: Sutton

Flavio Briatore sieht das etwas anders. Er könne sich sehr wohl vorstellen, neuen Teams "für ein oder zwei Jahre" zu erlauben, einen Gebrauchtwagen einzusetzen. Und er sagt Dinge wie: "Wir müssen Wege finden, die Show in der F1 zu verbessern. Sicher: Technologie ist wichtig. Jeder hat Technologie. Auch in der GP2 haben wir Technologie. Es geht nur darum, wie man sie einsetzt. Für mich ist das schon seltsam. Die GP2 kostet zwischen 0 und 65 Prozent von dem, was die Formel 1 kostet. Ich sehe nicht den Unterschied. Wir sprechen jedes Jahr über all diese Technologien und diese Dinge und in der Zwischenzeit haben wir Zuschauer, die im TV wegzappen, haben weniger Zuschauer auf den Tribünen und zugleich sehe ich enthusiastische Fans in der GP2. Wirklich: Ich sehe nicht, was an unserem F1-Rennsport so magisch sein soll. Und ich sehe viel Magie in der GP2."

Dass man neue Teams ermutigen sollte, in die Formel 1 zu kommen, wie das Briatore sagt - dass sieht auch John Howett nicht anders. Aber in punkto B-Teams sieht der Toyota-Präsident seine Firma als einen Partner, der Motoren zur Verfügung stellt, aber kein B-Team unterhält. Norbert Haug fügt hinzu, dass man "die GP2 und die Formel 1 nicht miteinander vergleichen" solle. "Die GP2 ist eine gute Rennserie, kein Zweifel daran. Es ist sehr wichtig, diese Dinge nicht zu mischen." Was Haug wohl meint, ist: Die Formel 1 ist die Formel 1. Und Recht hat er. Und das sollte sie auch bleiben. Sie zu verbessern, kann jedoch kein Schaden sein. Bleibt die Hoffnung, man möge gemeinsam den wirklich richtigen Weg finden...