"Der Liuzzi ist anders als die anderen", sagt man. Und dass er ein richtiger Charakterkopf sei - etwas, was viele vermissen in der Formel 1 der Neuzeit. Dass Vitantonio Liuzzi rein optisch in gewisser Weise als angenehm eigenständig auffällt, kann man sicher irgendwie unterschreiben. Aber das Leben ist nicht Mode allein und ein Charakterkopf definiert sich nicht nur über die Anzahl der Piercings, die Bartfrisur oder die Markenkleidung. Von James Hunt beispielsweise, dem Parade-Wunsch-Charakterkopf aus der Steinzeit der Formel 1, gibt es auch Bilder ohne Kleidung, zumindest oberhalb der Gürtellinie. Der Charakterkopf, den alle haben wollen, muss also auch etwas zu sagen haben und seine Statements sollten in irgendeiner Weise interessant sein...

Und weil Tonio Liuzzi am Grand Prix-Samstag öfter mal recht viel Zeit hat, durfte er beispielsweise auch die kulinarischen Angebote in Silverstone testen, für den ORF. Dabei wirkte Liuzzi tatsächlich charmant, witzig, ein bisschen spitzbubenhaft. Umso größer das Erstaunen, wenn man jenes Interview liest, welches Liuzzi nun den Kollegen von Grandprix gab. Man hat den Eindruck, Liuzzi wolle mit aller Gewalt versuchen, den Leser mit ausgesuchter Formel 1-Langeweile zur Strecke zu bringen...

Der Beginn des Quasi-Monologs ist immerhin noch gespickt mit Gefühlen, wenngleich ein bisschen sehr dramatisch dargebracht - aber das gibt immerhin eine Schlagzeile: "Es ist schwierig, wirklich schwierig. Ich bin hungrig danach, Rennen zu fahren. Ich wurde geboren, um Rennen zu fahren und ich möchte siegen. Als dritter Pilot ist es gut, wenn man dem Team weiterhelfen und das Beste geben kann - aber Racing ist Racing und ich vermisse das wirklich sehr." "I was born to race" - danke Tonio.

Doch dann beginnt Liuzzi, weit auszuholen, von seinem Testfahrerjob zu erzählen. Er bringt jenes Allgemeingut an "Informationen", welches an jedem GP-Weekend von den zehn Teams in die weite Formel 1-Welt ausgesendet wird. Liuzzi erzählt ausführlich, dass der Testfahrer so viele Kilometer wir nur möglich fährt, dass er dem Team bei der Reifenwahl hilft, dass er auch bei der Aerodynamik mithelfe, und schließlich dass er deshalb mehr Kilometer zurücklegen würde, um dabei möglichst viele Daten zu erhalten - wer hätte das gedacht? Immerhin: Er würde im Gegensatz zu den Gepflogenheiten anderer Teams mit der gleichen Drehzahl wie die beiden Einsatzpiloten fahren, gibt Liuzzi zwischendurch wenigstens ein Detail preis. Doch das war's auch schon - Liuzzi weiter, im O-Ton: "The Red Bull is a pretty good car. At the start it was good but we have struggled a bit with development, although we are getting better now...." Später eine kleine Expertise über McLaren: "They have worked really hard. At the start of the year they had a problem with the single lap qualifying and they struggled a bit but since they fixed that the car was been really good. I think the whole car just fits well together. The engine is good, the whole package is strong..."

Und so geht es weiter bis zum (bitteren?) Ende: "Ich hoffe, ich kann beim Team bleiben. Ich liebe deren Mentalität und ich denke, wir können gemeinsam wirklich stark sein und ich denke, dass wir auch starke Resultate einfahren können. Doch unglücklicherweise weiß ich im Moment noch überhaupt nichts in punkto Zukunft."

Was ist passiert mit dem Charakterkopf Tonio Liuzzi? Gut, Interview-Antworten sind meist nur so gut wie die Fragen, das darf man dabei nicht vergessen. Könnte es die nackte Angst vor dem Karriereknick sein, die bei an sich recht witzigen Piloten den Weichspülmodus aktiviert? Oder war Liuzzi einfach nur schlecht drauf, weil er sich zuvor die Nacht um die Ohren geschlagen hat? Who knows?