"WilliamsF1 und Cosworth geben Partnerschaft bekannt", hieß es am Montag in einem Presseschreiben des Motorenherstellers. Eine Überraschung sieht anders aus. Schließlich konnte man dieser Tage fast schon minütlich mit einer solchen Verlautbarung rechnen.

Nichtsdestotrotz schürt die Partnerschaft zwischen dem neunfachen Konstrukteurs-Weltmeister WilliamsF1 und dem 176-fachen GP-Sieger Cosworth, die einst durch ihren V8-Motor zu Weltruhm gelangten, viele nostalgische Gefühle. Man könnte fast sagen: Da haben sich Zwei gesucht und gefunden.

Chronologie einer Scheidung

So sah das Hochzeitsauto aus dem Jahre 2000 aus., Foto: Williams
So sah das Hochzeitsauto aus dem Jahre 2000 aus., Foto: Williams

Als die Bayrischen Motorenwerke im März 2000 erstmals gemeinsam mit dem erfolgreichsten Formel 1 Rennstall der 90er Jahre, WilliamsF1, auf die Grand Prix Bühne traten, sprach die versammelte F1-Welt ebenfalls von einer weiß-blauen Traumhochzeit und dem Beginn einer ebensolchen Traum-Ehe.

Und tatsächlich: Die Erfolge stellten sich von Beginn an ein. Das junge Fahrerduo Ralf Schumacher und Jenson Button sorgte schon im ersten Jahr der britisch-bayrischen Verbindung für einen Sprung von WM-Rang fünf auf Platz drei der Konstrukteurswertung.

Als dann im zweiten Jahr mit vier Siegen sogar der Vizeweltmeistertitel bei den Konstrukteuren heraussprang, wähnte man sich mehr als nur im Zeitplan: Man war den Erwartungen voraus. Trotz eines Rückschlags durch die erste erdrückende rote Dominanz des Jahres 2002, welches nur einen einzigen BMW-Williams-Triumph sah, konnten die Weiß-Blauen ihren Vizetitel verteidigen. Für Sir Frank Williams war es deshalb zu Jahresbeginn 2004 an der Zeit zum Angriff auf die Italiener zu blasen: Der WM-Titel sollte her.

Doch der Schuss ging nach hinten los. Der neue FW26 mit der markanten Nasenbäroptik war ein Fehlschlag. Das hoch bezahlte Fahrerduo Ralf Schumacher und Juan Pablo Montoya kündigte früh einen doppelten Abgang aus Grove an und erst im letzten Saisonrennen in Interlagos gelang dem scheidenden Kolumbianer der erste und einzige Saisonsieg. In der Konstrukteurs-WM fiel man folglich bis auf den vierten Platz zurück.

Die Münchner nehmen Abschied aus Grove., Foto: Sutton
Die Münchner nehmen Abschied aus Grove., Foto: Sutton

Für BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen stellte dieser erste Rückschlag innerhalb der erst kurz zuvor bis ins Jahr 2009 verlängerten britisch-deutschen Allianz damals aber nicht mehr als eine akzeptable Randerscheinung dar. Von einer - in den Medien bereits beschrienen - handfesten Beziehungskrise wollte er hingegen nichts wissen.

Vorhersehbare Trennung

Die Gerüchte und Spekulationen über ein zweites BMW-Team respektive den Aufbau eines eigenen Rennstalls hielten sich allerdings konstant. Besonders viel Gehör erhielten die Gerüchteköche, als mit dem neuen FW27 auch der zweite neue Williams innerhalb eines Jahres floppte und alles andere als konkurrenz- oder titelfähig war.

Plötzlich gestand zuerst Frank Williams und dann auch Mario Theissen Verhandlungen der Münchner mit Sauber ein. Zuerst ging es nur um Motoren, später dann um die komplette Übernahme des Schweizer Rennstalls.

Noch bevor diese jedoch offiziell verkündet wurde, zerschlugen Frank Williams und Patrick Head öffentlich das Hochzeitsporzellan des britisch-deutschen Paares. Mario Theissen wurde von Head als "unehrlich" bezeichnet und Sir Frank sprach von einer "unharmonischen" Partnerschaft mit dem Weltkonzern.

BMW und Williams gehen auf Abstand., Foto: Sutton
BMW und Williams gehen auf Abstand., Foto: Sutton

Die Trennung zum Jahresende schien also besiegelt. Zwar bot BMW aus Respekt vor dem "langjährigen Partner" diesem eine Motorenlieferung zu "vernünftigen Konditionen" an, doch war klar, dass die Münchner weder großes Interesse daran haben würden, noch die stolzen Williams-Verantwortlichen ein weiteres Jahr mit dem alten Motorenpartner absolvieren wollten.

"Wir hatten Frank Williams angeboten, sein Team 2006 mit BMW V8-Motoren zu beliefern", wiederholte Theissen nach der endgültigen Scheidung die bekannten Tatsachen. "Für BMW heißt das, dass wir für die Zeit nach 2006 alle Ressourcen auf unser neues Projekt konzentrieren können."

Dem ehemaligen 'Ehegatten' wünscht man unterdessen Klischee beladen "viel Glück" für die Zukunft und natürlich beiden gemeinsam noch ein "starkes Finale" in den noch ausstehenden sechs Saisonrennen.

Zweckehe oder große Zukunftschance?

Einen ebensolchen Erfolg erhoffen sich die beiden neuen Partner auch für die kommende Saison. Schließlich weiß nicht nur Patrick Head, dass beide Seiten dem Rest der Welt noch "etwas zu beweisen" haben.

Zumindest der Ruf der Cosworth V8 ist so gut wie jener von Williams., Foto: Sutton
Zumindest der Ruf der Cosworth V8 ist so gut wie jener von Williams., Foto: Sutton

So steht für Williams eine Imagepolitur auf dem Programm. Nach zwei gescheiterten Fahrzeugkonstruktionen sowie zwei missglückten Update-Varianten innerhalb von nur zwei Saisons ist der Ruf des einstigen Serienweltmeister-Teams angeknackst. Bei Cosworth heißt es hingegen zu beweisen, dass sie trotz des geringeren Budgets im Vergleich mit den Automobilherstellern mithalten können.

Wenn es nach Patrick Head geht, dann wurde die Entscheidung zugunsten von Cosworth, aber nicht als Trotzreaktion auf den BMW-Sauber-Deal, sondern "rein aufgrund von technischen Verdiensten" getroffen. Anders ausgedrückt: Es gab 20.000 Gründe für den Cosworth-Deal. Einer davon sind die seit April dieses Jahres auf dem Prüfstand getesteten 20.000 Umdrehungen des neuen V8-Triebwerks.

Fraglich ist allerdings, ob das neue V8-Aggregat tatsächlich konkurrenzfähig sein wird. Schließlich wurde die Entwicklung des Motors nach dem Wechsel von Red Bull zu Ferrari wegen der unklaren Zukunftsaussichten kurzfristig unterbrochen. Ob die langjährige V8-Erfahrung, auf welche Frank Williams im offiziellen Press Release setzt, diesen Zeitverlust wettmachen kann, bleibt zu bezweifeln. Schließlich liegen die erfolgreichen V8-Tage von Cosworth bereits einige Jahrzehnte zurück.

Franks nächstes Auto fährt mit Cosworth-Power., Foto: Sutton
Franks nächstes Auto fährt mit Cosworth-Power., Foto: Sutton

Interessanterweise schweigt sich die Pressemitteilung auch noch über ein anderes Detail aus: Nämlich über die Länge der Partnerschaft. Dafür soll es jedoch keine normale Beziehung zwischen einem Motorenhersteller und einem Team werden, sondern eine integrierte Entwicklung an Motor und Antriebsstrang stattfinden. Man möchte also das gesamte Antriebspaket vom Getriebe über die Elektronik bis hin zur Software gemeinsam entwickeln sowie finanzieren.

Also grundsätzlich genau das, was man sonst von einem in der F1 engagierten Automobilhersteller wie etwa BMW erwartet. Die Münchner bekamen ihren Wunsch nach mehr Einfluss auf das Gesamtauto in der Vergangenheit aber nicht erfüllt und wanderten deshalb nach Hinwil aus...

Bei Cosworth dürfte die besonders betonte erweiterte Zusammenarbeit allerdings einen anderen Grund als den Einflussbereich haben: Das liebe Geld, welches bei den Briten aus Northampton als kleiner Motorenschmiede nicht gerade in Massen vorhanden ist.

Dennoch stellt sich die Frage, ob Williams mit Cosworth nur die erwartete Übergangslösung an Land gezogen hat, um dann ab 2007 mit Toyota oder Honda als Werksteam zurückzuschlagen oder ob man tatsächlich eine gemeinsame Zukunft mit Cosworth plant.

Cosworth-Boss Tim Routsis ist zumindest momentan und in der Öffentlichkeit von der zweiten Variante überzeugt. Prophezeite er doch siegessicher, dass man mit Williams die beeindruckende Serie von mindestens einem Titelgewinn pro F1-Jahrzehn seit den 60er Jahren fortsetzen möchte.