Aufregung und Spannung pur herrschten am Samstagabend in Budapest vor. Zum ersten Mal in diesem Jahr steht mit Michael Schumacher ein Ferrari-Pilot auf der Pole. Und das auf einer Strecke, die eigentlich Renault liegen sollte und auf welcher der McLaren das beste Auto ist. Es gibt also jede Menge Diskussionsbedarf bis zum Rennen.

S wie Start

Dieses beginnt wie es sich gehört auch in Ungarn mit dem Start, der auf dem Hungaroring aufgrund seiner Überholfeindlichkeit besonders wichtig sein wird.

"Es ist besonders enttäuschend so ein schlechtes Qualifying zu haben, da Überholmanöver hier so schwierig sind", ärgerte sich der WM-Spitzenreiter Fernando Alonso über seinen Fehler in der letzten Kurve und Startplatz sechs. "Damit gibt es nur bei den Boxenstopps und am Start Chancen zu überholen."

Sie greifen nur vor dem Start ins Geschehen ein., Foto: Sutton
Sie greifen nur vor dem Start ins Geschehen ein., Foto: Sutton

Dank der genialen Starts seines Renault besitzen Alonso und sein Teamkollege Fisichella aber immerhin die besten Chancen am Start einige Plätze gutzumachen. "In Hockenheim hatten wir auch sehr gute Starts, was uns helfen sollte Plätze gutzumachen", pflichtet Fisico bei.

Im Gegensatz zu Fisichella hat Alonso allerdings den Nachteil auf der schmutzigeren rechten Seite zu starten, auf welcher weniger Grip vorhanden ist. Sein härtester WM-Rivale Kimi Räikkönen, der genau vor Fernando starten wird, hat jedoch das gleiche Problem. Aber auch der Finne weiß: "Ein guter Start ist jetzt sehr wichtig für mich."

Noch einmal eine Reihe weiter vorne startet Juan Pablo Montoya ebenfalls auf der rechten Seite. "Vor der schmutzigeren Startseite habe ich keine Angst", gibt sich der Kolumbianer gewohnt angriffslustig, "da wir in diesem Jahr gute Starts hingelegt haben. Ich bin zuversichtlich, dass ich in einer sehr guten Position bin."

Wenn man den allgemeinen Weisheiten Glauben schenkt, dann ist dies auf dem Hungaroring auch äußerst wichtig, da es hier bekanntlich kaum Überholmöglichkeiten gibt. Michael Schumacher, der mit seiner ersten Saisonpole sicherlich die beste Ausgangslage besitzt, sieht dies jedoch anders: "Es ist wichtiger auf der sauberen Seite zu starten, da ich nicht glaube, dass die Startposition hier so wichtig ist. Die Strategie wird viel wichtiger sein."

Nichtsdestotrotz bahnt sich ein packender Sprint bis in die erste Kurve an: Während Michael Schumacher versuchen wird Montoya hinter sich zu halten, welcher wiederum nichts zu verlieren hat, muss Alonso versuchen am Start an Räikkönen vorbeizukommen, während der Ice Man seinerseits die Augen auf die erste Startreihe richten wird. Und mittendrin ist Jarno Trulli, dessen Toyota schon oft gute Starts hingelegt und danach als unabsichtlicher 'Bremsklotz' das Zünglein an der Waage gespielt hat.

S wie Superhitze

Ein heißes Rennen steht uns bevor., Foto: Sutton
Ein heißes Rennen steht uns bevor., Foto: Sutton

Aber nicht nur der Start und die Strategie sind bei der Hitzeschlacht in Budapest entscheidend. Auch die Kondition der Fahrer und die Haltbarkeit der Autos stehen vor einer harten Probe.

"Einerseits finde ich es zwar angenehmer, wenn es etwas kühler ist, andererseits habe ich bei Hitze einen Vorteil gegenüber denen, die das nicht so gut wegstecken", freut sich Nick Heidfeld trotz der mörderischen Temperaturen auf die Hitzeschlacht. "Das hat man im März in Malaysia ganz gut sehen können, als ich aufs Podium gefahren bin."

Das gleiche Argument schickt auch Ralf Schumacher in die Schlacht: "Wenn wir an die Hitzerennen zu Beginn der Saison zurückdenken und uns erinnern wie gut die Autos dort liefen, sehe ich positiv in Richtung Rennen", verrät der Toyota-Pilot. "Vielleicht ist die eine oder andere Überraschung drin!" Er selbst sieht sich jedenfalls in einer "sehr guten körperlichen Verfassung".

"Die Basis, um für Hitzerennen fit zu sein, muss man im Winter legen", erklärt Quick Nick die Voraussetzungen um ein solches Hitzerennen überhaupt bestehen zu können. "Kurz vorher kann man nicht mehr viel machen. Zumal dann nicht, wenn zwischen den Rennen nur drei Tage Zeit sind. Da ruht man sich aus und trainiert dann noch ein bisschen."

Das Wichtigste: Viel trinken. "Bei solchen Temperaturen ist es noch wichtiger als sonst, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen", so Heidfeld. "Ich muss da immer aufpassen, weil ich das leicht vergesse. Rica, mein Physiotherapeut, achtet da aber drauf. Er mischt mir meine Getränke zusammen und sorgt dafür, dass ich sie auch trinke."

Hat Renault den Tiger im Tank?, Foto: Sutton
Hat Renault den Tiger im Tank?, Foto: Sutton

Die Hitze wirkt sich aber auch auf die Boliden aus. "Das erste, was du bei dieser Hitze bemerkst: mit frischen Reifen hast du in der ersten Runde mehr Grip hast", erklärt Renault-Testfahrer Franck Montagny. "Das Auto klebt förmlich auf der Straße."

Im Rennen kann sich die Hitze aber zu einem Problem entwickeln. "Die Reifen bauen Runde für Runde schneller ab", fährt Montagny fort. "Das Heck bricht zuerst aus. Bei heißem Asphalt neigt Auto zum Übersteuern. Die aerodynamischen Einflüsse ändern sich ebenfalls leicht. Vor allem aber gilt es das Setup den Temperaturen anzupassen. Wir stellen das Heck etwas weicher ein, um die Reifen zu schonen. Wir fahren auch mit niedrigeren Luftdrücken, weil die sowieso von Runde zu Runde zunehmen."

S wie Setup

Und damit wären wir beim Setup für den Ungarn GP, der im Volksmund gerne als das 'Monaco des Ostens' bezeichnet wird. Und tatsächlich: Der Hungaroring ist nach Monaco nicht nur der zweitkürzeste, sondern auch der zweitlangsamste Kurs des F1-Kalenders. Damit haben beide eines gemeinsam: "Beide verlangen maximalen Abtrieb", sagt Willy Rampf, "und Überholmöglichkeiten sind Mangelware."

Wegen der Hitze werden deshalb alle Kühlöffnungen so weit es geht aufgesperrt und zur Verbesserung des Abtriebs werden alle nur erdenklichen Flügelchen auf das Auto geschnallt. Für Sam Michael ist der Hungaroring deshalb ein "technischer Kurs", auf welchem die Fahrer einen "guten Rhythmus" finden müssen. "Untersteuerndes Fahrverhalten kann zum Problem werden, das muss man bei der Abstimmung berücksichtigen."

Die Teams packen alle Flügel aus die sie haben., Foto: Sutton
Die Teams packen alle Flügel aus die sie haben., Foto: Sutton

Für die Motoren ist die Strecke vor den Toren Budapests hingegen weniger anstrengend. "Mit 48 Prozent pro Runde weist der Hungaroring nach Monaco den zweitniedrigsten Volllastanteil der Saison auf", weiß Mario Theissen. "In Budapest sind es die thermischen Bedingungen, welche die Motoren an ihre Belastungsgrenzen treiben. Bei hochsommerlichen Temperaturen, gibt es in dem Talkessel der Rennstrecke einen regelrechten Hitzestau. Weil außerdem lange Geraden fehlen, droht ein Mangel an Kühlluft."

S wie Strategie

Wie in dieser Saison üblich stehen den Teams auch vor dem Ungarn GP sowohl eine Zwei- als auch eine Drei-Stoppstrategie zur Verfügung. Die Tendenz dürfte jedoch, wie schon in Hockenheim, in Richtung zwei Boxenhalte gehen. Möglicherweise sogar mit einem frühen ersten Stopp und einem längeren zweiten Stint.

"Wenn man weit genug vorne starten kann, kann man eine Drei-Stopp-Strategie in Betracht ziehen", erläutert Willy Rampf. "Allerdings macht das keinen Sinn, wenn man letztlich im dichten Fahrerfeld festsitzt. Daher könnten zwei Boxenstopps attraktiver sein. Es kommt also darauf an, wie gut man im Abschlusstraining abschneidet und ob man mit den Führenden mithalten kann."

Renault-Motorenexperte Denis Chevrier erwartet jedenfalls wieder einmal eine Vielzahl an Strategievariationen. "Die Überraschung des Tages ist sicherlich die Pole Position von Michael Schumacher mit einem derartigen Vorsprung", zeigte sich auch der alte Haudegen überrascht. "Das ist aber auch ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir morgen eine Vielzahl unterschiedlicher Strategien sehen werden."

Strategiebesprechung bei Renault?, Foto: Sutton
Strategiebesprechung bei Renault?, Foto: Sutton

Michael Schumacher selbst ist allerdings nicht davon überzeugt, dass "fast eine Sekunde Abstand nur mit einer unterschiedlichen Strategie" zu erklären ist. Er macht auch die Verbesserungen an den Reifen und am Auto dafür verantwortlich.

S wie Speed

Bei den Top-Speeds, gemessen auf der einzigen langen Geraden, liegt der Ferrari-Star jedenfalls klar hinter Kimi Räikkönen, der mit seinem McLaren wohl sehr wenig Flügel gefahren ist. Auf dem Weg zur einzigen möglichen Überholstelle ausgangs der Zielgeraden, könnte dies dem Finnen in die flacher gestellten Flügel spielen.

Besonders im Duell mit seinem Titelrivalen Fernando Alonso, der über zehn km/h weniger vorzuweisen hat. Angesichts der Überholfeindlichkeit, werden die Strategie und die Boxenstopps aber eine größere Rolle als die Top-Speeds und die Überholmanöver spielen.

Platz Fahrer Top-Speed
1. Kimi Räikkönen / McLaren 309,0
2. Juan Pablo Montoya / McLaren 303,7
3. Takuma Sato / B·A·R 301,3
4. Jenson Button / B·A·R 301,1
5. Michael Schumacher / Ferrari 301,0
6. Nick Heidfeld / Williams 301,0
7. Giancarlo Fisichella / Renault 299,7
8. Mark Webber / Williams 299,6
9. David Coulthard / Red Bull 298,5
10. Jacques Villeneuve / Sauber 298,5
11. Jarno Trulli / Toyota 297,9
12. Rubens Barrichello / Ferrari 297,9
13. Fernando Alonso / Renault 297,9
14. Felipe Massa / Sauber 297,6
15. Robert Doornbos / Minardi 297,6
16. Ralf Schumacher / Toyota 297,5
17. Narain Karthikeyan / Jordan 296,3
18. Christian Klien / Red Bull 295,6
19. Christijan Albers / Minardi 295,1
20. Tiago Monteiro / Jordan -

S wie Smoke

Ab Sonntagabend ist Tabakwerbung durch eine Direktive der Europäischen Union verboten. Somit dürfen die Rennställe bei den europäischen Rennen nicht mehr mit Tabakwerbung antreten. Auf der grünen Insel tritt zudem ein Gesetz in Kraft, welches es den britischen Teams untersagt auch bei Rennen die nach Großbritannien übertragen werden, also demnach allen anderen, mit Tabakwerbung zu fahren.

Bis zum Freitag war jedoch nicht klar, ob dies schon für den Ungarn GP gilt und ob die Teamchefs bei einer Zuwiderhandlung tatsächlich eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren erwartet. Während die britische Regierung eine dringliche Anfrage der Teams nicht beantworten konnte und sich einen Aufschub bis in den August erbat, ging man davon aus, dass in Budapest alle Teams mit ihrer Tabaklackierung starten würden.

B·A·R frischt die Aufkleber für Sonntag auf., Foto: Sutton
B·A·R frischt die Aufkleber für Sonntag auf., Foto: Sutton

British American Racing, die gleich mit drei verschiedenen Branding-Versionen in Ungarn auftauchten, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein, wird jedoch aus Sicherheitsgründen nicht mit der bekannten Lucky Strike Werbung fahren. McLaren beendete seine langjährige Zusammenarbeit mit West hingegen schon am Freitag und fährt im Rennen erstmals mit den Logos von Johnnie Walker. Der Ungarn GP an sich wird übrigens pikanterweise von Marlboro gesponsort...

S wie Spannung

Bei 36 WM-Punkten Rückstand schien der WM-Kampf seit dem letzten Sonntag entschieden. Doch das kleine Formtief von Renault macht Kimi Räikkönen und seinen Fans wieder Mut. Mit einem Sieg in Ungarn, und dieser sollte mit dem stärksten Auto des Feldes möglich sein, könnte Räikkönen bei einem gleichzeitigen hinteren Punkteplatz des Spaniers viel Boden gutmachen.

Die Suppe versalzen könnten sein Teamkollege Juan Pablo Montoya oder aber auch Michael Schumacher, dessen neues Ziel es bekanntlich ist in diesem Jahr noch "einige Grand Prix" zu gewinnen. Warum sollte er damit nicht in Ungarn beginnen?

Aber auch Fernando Alonso sollte man bei seinem Lieblingsrennen noch nicht abschreiben. Schließlich haben die Renault in den vergangenen Wochen ein ums andere Mal bewiesen, dass sie im Renntrim sehr viel besser als im Qualifying unterwegs sind. Die Zutaten für einen packenden Großen Preis von Ungarn sind also gegeben - und wurden im Qualifying am Samstag zu einem viel versprechenden Gericht vermischt...