Die Formel 1 ist 2017 so spannend wie lange nicht mehr. An der Spitze liefern sich Ferrari und Mercedes ein tolles Duell, dessen Ausgang kaum vorhersehbar ist. Und auch im Mittelfeld geht es eng zu. Mit Toro Rosso (29 Punkte), Williams (22), Renault (18) und Haas (15) liegen vier Teams nach sieben Rennen innerhalb von 14 Punkten. Force India, das bereits im vergangenen Jahr die Saison auf Rang vier lag, setzte sich in dieser Saison noch deutlicher vom Rest des Mittelfeldes ab und scheint mit gegenwärtig 71 Punkten schon vorentscheidend enteilt.

Während Force India schon in drei Rennen in dieser Saison zweistellig punktete, blieben solche Husarenstücke den anderen vier Teams vergönnt. Wie soll es auch gelingen, wenn der große Teil des Kuchens fast schon fix verteilt ist. Doch die Reihenfolge innerhalb des Mittelfeldes wechselt stetig. "Force India hatte sehr gute Rennen, die sind in einer guten Position, oftmals mit beiden Autos in den Punkten. Bei allen anderen geht es mal hoch und mal runter", bilanzierte Haas-Teamchef Günther Steiner die bisherige Saison.

Haas F1: Australien tut weh

Bei Haas fehlen die Ausreißer nach oben, Foto: Sutton
Bei Haas fehlen die Ausreißer nach oben, Foto: Sutton

Haas selbst befindet sich in der Situation, in fünf der sieben Rennen gepunktet zu haben und damit öfter als Renault, dennoch ziert man aktuell nach Punkten das Ende des Paketes. Daraus einen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit zu ziehen, sei jedoch nicht angebracht, wie Steiner erklärt.

"Man darf nicht vergessen, dass wir in Australien einen Ausfall hatten, als wir auf Platz sieben fuhren. Wenn man diese acht Punkte dazu nimmt, wäre es ein ganz anderes Szenario", erinnert der Südtiroler an Romain Grosjeans bitteren Ausfall. Somit stehen bei den Einzelergebnissen für Haas auch nur drei achte Plätze zu Buche. Bei den drei Konkurrenten reichte es immerhin jeweils einmal mindestens zu einem sechsten Platz. Als einziges der vier Teams aber fuhr man in den letzten drei Rennen in Folge in die Punkte. Der Trend spricht also für das Team aus Kannapolis.

Teamintern verfügt Haas über den Vorteil, zwei Fahrer zu haben, die qualitativ nicht allzu weit entfernt sind. Auch wenn Romain Grosjean der Leader im Team ist, so wusste Kevin Magnussen mit bislang fünf Punkten durchaus seinen Teil für eine Auffüllung des Punktekontos beizutragen. Zur Erinnerung: Esteban Gutierrez blieb im vergangenen Jahr komplett ohne Punkte.

Renault: Einzelkämpfer Hülkenberg

Nico Hülkenberg ist Einzelkämpfer bei Renault, Foto: Sutton
Nico Hülkenberg ist Einzelkämpfer bei Renault, Foto: Sutton

Renault steht aktuell mit drei Punkten vor Haas, vom anvisierten fünften Platz ist man nicht allzu weit entfernt. So weit, so wenig besonders. Dabei muss man jedoch festhalten, dass Nico Hülkenberg die Kastanien für die Franzosen komplett alleine aus dem Feuer holen muss. Jolyon Palmer ist 2017 bislang eine einzige Enttäuschung, der Brite steht noch bei null Punkten. Dabei ist der Renault zu deutlich mehr in der Lage, was den Druck auf Palmer verschärft.

"Jo muss liefern. Fakt ist, dass Jo über ein Auto verfügt, das Punkte holen kann, und er muss in die Punkte kommen. Fertig", setzte ihm Sportchef Cyril Abiteboul die Pistole unverblümt auf die Brust. Eher mittel- als langfristig sieht sich Renault an der Spitze der Formel 1 und nicht im Mittelfeld, wo man um jeden Punkt kämpfen muss. Daher verfügt Renault auch über die größten finanziellen Ressourcen aller Mittelfeld-Teams, Weiterentwicklungen gestalten sich für das Werksteam daher deutlich einfacher.

Großes Manko aber ist weiterhin der Motor. Selbst die Kundenaggregate von Williams oder Haas bieten mehr Leistung, als der aktuelle Renault-Antrieb zu entfalten vermag. Einzig mit dem eigenen Kunden Toro Rosso befindet man sich da auf einer Ebene. Gelingt in dieser Hinsicht noch ein Sprung und schafft es Renault, einen konkurrenzfähigen zweiten Fahrer zu installieren, scheint Rang fünf in dieser Saison absolut möglich.

Williams: Hinter den eigenen Erwartungen

Lance Stroll fuhr in Kanada erstmals in die Punkte, Foto: Sutton
Lance Stroll fuhr in Kanada erstmals in die Punkte, Foto: Sutton

Eigentlich wollte Williams Force India den vierten Platz bei den Konstrukteuren wieder abspenstig machen. Doch stattdessen geht es in die andere Richtung. Man ist im tiefsten Mittelfeld angekommen, Garantien auf gute Resultate, wie sie in den vergangenen Jahren dank Mercedes-Power vorhanden waren, gibt es nicht mehr. Besonders frappierend ist der Trend bei Williams. Gelang Felipe Massa in den ersten drei Rennen immerhin zweimal Platz sechs, punktet Williams seit dem Russland GP nur noch in homöopathischen Dosen.

So kamen in jenen vier Rennen nur noch sechs Punkte hinzu, keines der drei anderen Teams verbuchte in diesem Zeitraum so wenig Zählbares. Und als Krönung kommt auch noch ein ähnliches Problem wie bei Renault hinzu, nämlich die Abhängigkeit von einem Fahrer. Lance Stroll, 18-jähriger Rookie, wurde bereits vor der Saison kritisch beäugt und untermauerte die Zweifel mit den Leistungen in den ersten Rennen.

Ausgerechnet bei seinem Heimrennen in Kanada zuletzt aber gelang ihm möglicherweise sein Durchbruch, als er - auch bedingt durch einige Ausfälle - bis auf Platz neun nach vorne fuhr. Es waren seine ersten Punkte in der Formel 1. Für Williams könnte dies eine wichtige Wendung zur richtigen Zeit gewesen sein. In Baku präsentierte sich das Team vergangenes Jahr stark. Und auch wenn der Vorteil des Motors nicht mehr so gravierend ist, funktioniert der Williams geradeaus immer noch gut.

Toro Rosso: Überflieger Sainz

In Monaco fuhr Carlos Sainz ein starkes Rennen, Foto: Sutton
In Monaco fuhr Carlos Sainz ein starkes Rennen, Foto: Sutton

Aktuell das beste Mittelfeldteam ist Toro Rosso. Vor der Saison bereits von vielen als das schönste Auto geehrt, funktioniert der tiefblaue Bolide auch auf der Strecke. Dabei beweist das Auto aus der Feder von James Key Allrounder-Fähigkeiten. Besonders auf technisch anspruchsvollen Strecken wie Spanien oder Monaco kann Toro Rosso die eigenen Stärken ausspielen.

Doch das Auto ist dabei nur ein Faktor. Carlos Sainz ist der andere. Der Spanier ist in seinem dritten Jahr bei Toro Rosso die klare Nummer eins, Daniil Kvyat sieht kaum Land. 25:4 nach Punkten lautet die interne Bilanz, ein Klassenunterschied. Kein Wunder, dass Red Bull alles daran setzt, den Spanier zu halten. Doch ohne Aufstiegschancen ins A-Team wird 2017 wohl die letzte Saison in der Red-Bull-Familie werden.

Seine ganze Klasse bewies der 22-Jährige in Monaco, als Toro Rosso so konkurrenzfähig war wie nie zuvor in dieser Saison. Doch während Kvyat im Qualifying nur Elfter wurde und die tollen Voraussetzungen nicht nutzen konnte, lieferte Sainz ab. Im Rennen ließ er Lewis Hamilton hinter sich und brachte Rang sechs nach Hause. Eine große Schwäche hat Toro Rosso aber zu beklagen: Highspeed-Kurse. Dem Renault-Antrieb geschuldet läuft es auf Strecken mit vielen langen Geraden nicht rund. Kein Punkt in Bahrain, ein Zähler in Russland, null Zähler in Kanada. Und das nächste Rennen findet in Baku statt...

Fazit: Die zweite WM

Das Duell im Mittelfeld ist offen, Foto: Sutton
Das Duell im Mittelfeld ist offen, Foto: Sutton

Das Duell um Rang fünf ist mit dem Kampf um den WM-Titel natürlich nicht vergleichbar. Doch für die kleinen Mittelfeld-Teams geht es neben Prestige vor allem um Geld. Jede bessere Platzierung bringt zusätzliches Preisgeld. Derzeit sieht Toro Rosso am stärksten aus, doch von Rennen zu Rennen kann sich das Bild ändern. Gerade in Baku könnten die Italiener Schwierigkeiten mit den vielen langen Geraden bekommen. Entscheidend für den Rest der Saison dürfte sein, in welchem Team beide Fahrer ihre Leistung bringen können, um der Konkurrenz auch mal Punkte wegnehmen zu können.