Äußerst ungern wird sich Toro Rosso im Saisonrückblick 2017 an den Kanada GP erinnern: Carlos Sainz schied nach einer selbstverschuldeten Kollision mit Felipe Massa bereits nach der ersten Kurvenkombination aus und wird beim kommenden Aserbaidschan GP um drei Startplätze strafversetzt. Daniil Kvyat beendete das Rennen nach einer kuriosen Doppelstrafe für ein und dasselbe Vergehen sowie einem Problem beim Reifenwechsel ebenfalls vorzeitig.

Sainz schäumt wegen Qualifying-Taktik

Doch damit nicht genug. Auch teamintern ging es in Montréal alles andere als angenehm zu - und das bereits einen Tag zuvor. Nach einem für Carlos Sainz' Verhältnisse schwachen Qualifying (P13) zeigte sich der Spanier in den anschließenden Presserunden nicht nur enttäuscht, sondern regelrecht erbost. Warum? Nicht wegen einer vielleicht unzulänglichen eigenen Performance, sondern wegen der Taktik seines Teams.

"Ich habe mich beschwert, denn ich habe nie einen Windschatten bekommen. Hinter mir haben welche meinen Windschatten bekommen, interessanterweise auch mein Teamkollege. Und jede Runde war es dasselbe, jede Runde waren das drei oder vier Zehntel in den Daten - nur durch reinen Topspeed", polterte Sainz.

Besonders, dass Teamkollege Kvyat permanent von seinem Windschatten, er selbst aber nie - in keinem seiner vier Runs - von jenem des Russen profitiert habe, stieß Sainz sauer auf. Für den Spanier alles andere als fair. "Ich war damit nicht zufrieden, denn uns wurden nicht dieselben Chancen eingeräumt. Wenn du nicht dieselben Chance bekommst und auf der Geraden vier Zehntel verlierst, hast du eben nicht viel Spaß", erklärte Sainz.

Allerdings, so Sainz, sei durchaus geplant gewesen, dass er vorne fahre. "Aber vier Einheiten vorne?", fragte Sainz verwundert? "Vier Einheiten, die du vorne fährst ... für mich ist das nicht fair. Ich bin sehr enttäuscht, denn nach FP3 haben wir endlich Performance gezeigt und waren definitv in einer guten Position für das Q3", klagte Sainz. Noch dazu haderte der Spanier massiv mit gelben Flaggen, die ihn ebenfalls um ein besseres Resultat gebracht, seine beiden schnellsten Versuche, verdorben hätten. Doch überwiegt der Ärger über die Qualifying-Strategie seines Teams.

Carlos Sainz musste im Q3 zuschauen - und war alles andere als erfreut, Foto: Sutton
Carlos Sainz musste im Q3 zuschauen - und war alles andere als erfreut, Foto: Sutton

Kvyat nimmts persönlich: Baku-Drohung

Danill Kvyat indessen, auf die Äußerungen seines Teamkollegen aufmerksam gemacht, fühlte sich selbst angegriffen, war sich keiner Schuld bewusst. "Wir ändern die Reihenfolge, in der die Autos rausgehen, in jedem Rennen. Jeder im Team weiß das. Von meiner Seite ist alles ganz klar. Von meiner Seite habe ich ihm nichts zu sagen. Ich weiß, dass ich mich korrekt verhalten habe", sagte Kvyat und ging Sainz an die Ehre: "Wenn er mutig ist, sollte er zu mir kommen und mit mir sprechen. Aber es scheint, dass er es vorzieht durch Journalisten mit mir zu sprechen."

Beim kommenden Rennen in Aserbaidschan, ultralange Windschatten-Gerade inklusive, hieße diese Logik, dass Sainz im Qualifying in den permanenten Genuss des Kvyat-Windschattens kommen müsste. Doch der Russe ist sich inzwischen nicht mehr sicher, ob er überhaupt noch mit Sainz zusammenarbeiten wolle. "In Baku sollte er hinter mir sein", bestätigt Kvyat zwar. "Aber jetzt bin ich nicht sicher, ob ich mit ihm zusammenarbeiten will - nach alldem, was er gesagt hat. Ich bin nicht sicher, ob wir im Qualifying kooperieren wollen."

Künftig kein Windschatten-Teamplay mehr bei Toro Rosso?, Foto: Sutton
Künftig kein Windschatten-Teamplay mehr bei Toro Rosso?, Foto: Sutton

Keine Quali-Teamplay mehr bei STR?

Für Carlos Sainz wäre das eine bittere Botschaft. Nicht nur, weil der Windschatten in Baku wegen der genannten Geraden besonders wertvoll wäre, sondern auch, weil die ganze Sache für den Spanier ohnehin schnell abgeschlossen war. "Für heute bin ich nicht glücklich damit, aber morgen wird es vergessen sein", kündigte Sainz bereits an. "Wir müssen jetzt im Team schauen, was da geschehen ist und wie es passiert ist." Auf die beiden Toro Rosso lohnt es sich im Baku-Quali also auf jeden Fall einen genaueren Blick zu werfen.