Die neuen F1-Bosse von Liberty Media planen die Zukunft des Formel-1-Rennkalenders. Aktuell steckt das Team um Marketingchef Sean Bratches und Sportchef Ross Boss insbesondere in den Planungen für alles ab der F1-Saison 2019. Für das kommende Jahr dagegen stehe der Rennkalender bereits, bestätigte Bratches nun im Rahmen der Feierlichkeiten zum 40. Jubiläum des Williams-Teams in der Formel 1.

Mit der Rückkehr von Frankreich und Deutschland - Bratches: "zwei Märkte die wir nie verlassen wollen" - sowie dem Aus des Malaysia GP werde der Rennkalender 2018 wieder um einen Grand Prix wachsen, also 21 Rennen umfassen. Ab der darauf folgenden Saison soll es Bratches zufolge jedoch zu einer sukzessiven Ausweitung kommen. Die Teams hatten sich in der Vergangenheit meist gegen solche Maßnahmen ausgesprochen, auf die zusätzlichen Strapazen für die ohnehin sehr belasteten Teammitglieder hingewiesen, die ihre Familien durch das dauernde Reisen während der laufenden Saison ohnehin schon selten sehen.

"Wir wollen partnerschaftlich mit unseren Teams zusammenarbeiten, was es betrifft, wohin wir gehen wollen", kommentiert Bratches dazu. Dass bei der Ausweitung insbesondere neue Standorte in den USA oberste Priorität für das US-Unternehmen haben ist dabei weder Geheimnis noch Überraschung. Bratches weiter: "Unsere Vorstellung ist, dass wir gerne über 21 gehen würden." Mitspracherecht für Teams also nur in Sachen Wann und Wo, nicht aber, was das generelle Mehr an Grands Prix angeht? Nicht ganz: Die Zustimmung der Rennställe braucht es durchaus, soll der Rennkalender erstmals über 21 Grands Prix wachsen.

Entsprechend hat Bratches die Sorgen der Rennställe nicht vergessen, plant einen umfassenderen Rennkalender durch Entlastung an anderer Stelle aufzufangen. Insbesondere drei Kern-Aspekte stellt der Marketingchef von Liberty Media heraus.

Durch die F1-Rückkehr nach Paul Ricard wird es schon 2018 mit der Sommerpause eng, Foto: Mercedes-Benz
Durch die F1-Rückkehr nach Paul Ricard wird es schon 2018 mit der Sommerpause eng, Foto: Mercedes-Benz

Mehr Rennen, gleiche Belastung: So soll es klappen

1. Respekt vor der Sommerpause: Eine Auszeit mitten in der Saison. Das ist in der Formel 1 seit Jahren Gang und Gäbe, nicht einmal die Fabriken dürfen in der F1-Sommerpause besetzt sein. Genau daran will Bratches trotz aller Pläne weiterhin nicht rütteln. Ein längerer Rennkalender sei emotional wie ökonomisch eine Belastung, weiß auch Bratches. "Wir versuchen respektvoll mit jedem in der F1 umzugehen, einschließlich der Journalisten, um sicherzustellen, dass jeder eine angemessene Pause mit seiner Familie und ein bisschen Ruhezeit hat", sagt der Marketingchef.

2. Weniger Back-to-back-Rennen: Zudem werde Liberty versuchen, das Stresslevel durch weniger Back-to-back-Rennen als gegenwärtig zu senken. Aktuell sind es fünf Doppelschläge im Rennkalender 2018. "Nicht zu viele Back-to-backs" solle es geben, so Bratches - zumal er ohnehin die Kostenreduktion auf mehreren Seiten bezweifele. "Wir versuchen sicherzustellen, dass alle Teilnehmer in diesem Sport ein gutes Geschäft machen und wir wollen die Grands Prix nicht so anordnen, dass sie sich gegenseitig kannibalisieren."

3. Rennpakete Kontinent für Kontinent: Stattdessen hat sich Bratches einen anderen Ansatz überlegt. Die Formel 1 soll nicht länger munter durch die Kontinente wechseln, sondern diese am Stück - in Paketen - abarbeiten. "Wir versuchen, besser nach Gebieten zu sortieren: Die europäischen Rennen, die amerikanischen Rennen, die asiatischen Rennen", schildert Bratches seine Vision. Allerdings werde das ein schwieriges Unterfangen, gelte es Faktoren wie Wetter und bestehende Verträge zu beachten. Eine ähnliche Idee hatte zuvor bereits Ross Brown geäußert, so könne die F1 zusätzlich zum Gesamtweltmeister, einen Europa-, Asien-, etc. Champion küren.

Lorenzo und Hamilton sollen sich möglichst immer gegenseitig bei ihren GP besuchen können. Denn das hieße: Kein Termin-Clash!, Foto: Milagro
Lorenzo und Hamilton sollen sich möglichst immer gegenseitig bei ihren GP besuchen können. Denn das hieße: Kein Termin-Clash!, Foto: Milagro

Immer ein Auge auf Termin-Clashes mit MotoGP & Co

Außerdem müsse dafür Sorge getragen werden, terminliche Clashes mit anderen Großevents - nicht nur im Motorsport - größtenteils zu vermeiden. Dazu hatte es erst jüngst - im Vorfeld des Monaco GP - diverse Meetings der Verantwortlichen der wichtigsten Rennserien, darunter F1, MotoGP, Formel E und WEC, gegeben.

"All das müssen wir bei unserem Tun mit einbeziehen", sagt Bratches. "Und wir müssen eng mit unseren Partnern bei den Teams arbeiten, um herauszufinden, was die Obergrenze ist und was für alle Sinn ergibt. Wir sind besonders daran interessiert, was das Beste für die Fans ist. Nächstes Jahr gibt es ein Wochenende, an dem das Wimbledon-Finale und das Fußball-WM-Finale am selben Tag stattfinden. Es wäre suboptimal, an diesem Tag den Großbritannien GP auszutragen", erklärt Bratches.

Noch dazu wolle man vorab viel genauer analysieren, an welchen Standort man sich mit der Formel 1 bewege. "Wir wollen etwas proaktiver sein und in die Offensive gehen, was die Märkte angeht, in die wir eintreten", sagt Bratches. Dazu sei bereits eine Studie angelaufen, um die ökonomische Wirkung und Bedeutung der Formel 1 für ein Gastgeberland oder eine Austragungsstadt zu erörtern. "So können wir den optimalen Kalender in den optimalen Regionen identifizieren. Wir setzen uns direkt mit den Städten zusammen und können unsere Sache darlegen, anders als zuvor als es etwas reaktiver lief, je einlaufenden Anfragen."

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Mehr als 21 Rennen? Bitte was? Bitte nicht! Auch wenn die Vorschläge zur Umsetzung nicht allzu schlecht klingen - vor allem eine Art integrierte Kontinental-Meisterschaft hätte sogar durchaus einen gewissen Charme - bleibt noch immer ein riesiges Zeitproblem, verschärft sich sogar noch: Mit weniger Back-to-back-Rennen, keinen Clashes mit MotoGP, Le Mans & Co sowie dem gewünschtem Erhalt der Sommerpause müsste die Saison zwangsläufig ins Bodenlose ausgedehnt werden. Wo soll das enden? Mit einem Saisonfinale unterm Weihnachtsbaum? Vielleicht beim Großen Preis von Israel in Betlehem? Nein, das ist zu viel. Irgendwann müssen die Teams schließlich auch noch für die jeweils kommende Saison entwickeln. Noch dazu würde eine zu kurze Winterpause auch die alljährliche Vorfreude trüben. Durch viele Wochen Pause baut sich das Verlangen, endlich wieder F1-Action zu sehen, doch erst richtig auf. Noch dazu würde jeder GP mehr jeden einzelnen Sieg ein Stürck weit mehr entwerten. 21 Rennen sind mehr als nur genug.
(Jonas Fehling)