Auf den ersten Blick stimmt zumindest die Richtung bei Red Bull. In einem von prominenten Ausfällen geprägten Rennen in Barcelona schaffte Daniel Ricciardo den Sprung auf das Podium. Bei einem Rückstand von beinahe einer Runde konnte dies jedoch nicht die weiterhin gegebene Chancenlosigkeit der Bullen überdecken. Von Siegen war man trotz des Updates in Spanien weit entfernt. Die Schuld daran lag zwar auch, aber nicht nur beim Motor.

Nun geht es an jenen Ort, der Red Bull besonders gut schmeckt. In Monaco sind vor allem zwei Dinge gefragt: einerseits viel Traktion und Grip, andererseits schnelle und mutige Fahrer. Über letzteres verfügt Red Bull auf alle Fälle, gerne betont man, dass die Fahrerpaarung Max Verstappen/Daniel Ricciardo die beste des ganzen Feldes sei. Doch hinter dem Auto steht weiterhin ein großes Fragezeichen.

Drama im vergangenen Jahr

Red Bull kommt entgegen, dass der Motor auf dieser Strecke die wohl geringste Rolle im gesamten Jahr spielt. Es sollte also weniger als in den letzten Rennen ins Gewicht fallen, dass das Update von Renault noch einige Wochen auf sich warten lässt. Schon im vergangenen Jahr hatte der hauseigene Bolide in Sachen Topspeed Nachteile zu beklagen, doch in Monaco präsentierte sich das Team stark.

Daniel Ricciardo dominierte das Wochenende, fuhr auf Pole und stürmte im Rennen in Richtung Sieg, ehe der Boxenstopp völlig in die Hose ging. Es lagen keine Reifen bereit, Lewis Hamilton sagte danke und ging vorbei. Danach war Ricciardo zwar klar schneller, doch in den engen Gassen des Fürstentums fand der Australier keinen Weg vorbei. Nur Platz zwei für einen bitter enttäuschten Ricciardo. Doch dieser verpasste Sieg ist abgehakt. "Ich bin alt und reif genug, um das hinter mir zu lassen und nach vorne zu blicken. Ich will mir das zurückholen, was ich letztes Jahr verloren habe", kündigte er an.

Im vergangenen Jahr verlor Daniel Ricciardo den Sieg an Lewis Hamilton, Foto: Sutton
Im vergangenen Jahr verlor Daniel Ricciardo den Sieg an Lewis Hamilton, Foto: Sutton

Doch ist Red Bull in diesem Jahr dazu in der Lage? Das neue Reglement brachte das Team nicht in die erhoffte Spitzenposition. Das Chassis liegt deutlich hinter Ferrari und Mercedes zurück. In Barcelona kam immerhin ein Update, das - so zumindest die Meinung von Max Verstappen - einiges verändert hat. "Ich denke, überall ist eine Verbesserung bemerkbar. Das Auto hat eine bessere Balance, vor allem in der Mitte der Kurve und am Ausgang. Da hatten wir zuletzt Probleme", erklärte er in Spanien.

Doch der Circuit de Catalunya bietet auch einige schnelle Kurven, die es in Monaco quasi gar nicht gibt. Repräsentativ für den Leitplanken-Dschungel an der Cote d'Azur war einzig der letzte Sektor mit seinen vielen engen, langsamen Kurven. Und ein Blick auf die dortigen Zeiten im Qualifying am Samstag macht zumindest etwas Mut für Red Bull. Man mischte weiter vorne mit, zumindest in Person von Verstappen. Einzig eine herausragende Performance von Lewis Hamilton in diesem Schlussabschnitt ließ den Rückstand groß erscheinen.

Spanien GP: Sektorbestzeiten im Qualifying

Sektor 1Sektor 2Sektor 3
K. Räikkönen, 21.616S. Vettel, 29.440L. Hamilton, 27.647
S. Vettel, 21.626L. Hamilton, 29.537V. Bottas, 27.912
L. Hamilton, 21.730V. Bottas, 29.543M. Verstappen, 27.965
V. Bottas, 21.752K. Räikkönen, 29.657K. Räikkönen, 28.055
D. Ricciardo, 21.874M. Verstappen, 29.862S. Vettel, 28.106

Nun wird aber nicht nur die Strecke komplett anders sein als in Spanien. Auch bei den Reifen wartet die größtmögliche Umstellung auf die Fahrer. Statt Hard heißt es für die Fahrer in Monaco: Ultrasoft ist Trumpf. Für Red Bull aber hatte das Thema Reifen in dieser Saison keinen besonders großen Einfluss auf die Performance. Der Rückstand zur Spitze war stets groß. Zudem ist die Strecke in Monaco bekannt für den geringen Reifenverschleiß. Hier ist also wenig Spielraum gegeben.

Bleibt noch der Faktor Fahrer. Im Rausch seines Sieges in Spanien zwei Wochen zuvor erlebte Max Verstappen im vergangenen Jahr ein Wochenende zum Vergessen. Dreimal crashte er, darunter auch ein Abflug im Rennen. "In Monte Carlo waren es zu viele Fehler, vor allem der im Rennen war nicht notwendig. Da war eigentlich schon alles klar. Aber gut, er ist noch jung, damals war er noch jünger. Er lernt ja daraus", sagte Red-Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko kürzlich rückblickend im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Das Monaco-Rennen 2016 war für Max Verstappen ein Reinfall, Foto: Sutton
Das Monaco-Rennen 2016 war für Max Verstappen ein Reinfall, Foto: Sutton

Diesen Lernprozess will Verstappen natürlich am liebsten mit einem guten Ergebnis in diesem Jahr belegen. "Der Crash im vergangenen Jahr war unglücklich, aber er beeinflusst mein Selbstvertrauen nicht. Es treibt mich nur dazu, es noch besser machen zu wollen", sagte der 19-Jährige. Ohne Risiko gehe es im Fürstentum ohnehin nicht. "So etwas wie eine risikofreie Runde gibt es in Monaco nicht, wenn man schnell sein will. Denn dazu muss man am Limit unterwegs sein", stellte Verstappen klar.

Dieses Risiko wird Red Bull eingehen müssen, um zumindest in Monaco vorne mitfahren zu können. Denn klar ist: Auf keiner anderen Strecke im Kalender kommen die Schwächen des Autos zu wenig zum Tragen, umgekehrt können die Fahrer hier einen großen Unterschied machen. Mut wird belohnt, aber Fehler bedeuten das Aus. Schafft es Red Bull in diesem sechsten Saisonrennen nicht, Akzente im Kampf um den Sieg zu setzen - wann soll es in dieser Saison dann gelingen?