Wechselt Sebastian Vettel in der Formel-1-Saison 2018 das Lager? Tauscht sein Ferrari-Cockpit gegen eines beim aktuell schärfsten Rivalen Mercedes? Seit der Woche nach dem Russland GP brodelt die Gerüchteküche der Köningsklasse auf höchster Stufe. Ferrari-Insider Leo Turrini hatte in seinem Blog behauptet, Niki Lauda habe während der Wintertestfahrten in Barcelona im Freundeskreis ausgeplaudert, Ferrari-Pilot Vettel habe einen Vorvertrag mit Mercedes für die Saison 2018 unterzeichnet.

Vettel im Winter 2016 in der Ferrari-Zwickmühle

Potentielles Probem für Vettel: Ferrari ist 2017 richtig stark drauf, möglicherweise bestehe jetzt kein Interesse mehr, die Suderia zu verlassen. Vor dem Saisonstart 2017 hingegen war die Großwetterlage noch eine völlig andere gewesen. Vettel hatte nach einer starken Debüt-Saison 2015 bei Ferrari mit drei Siegen in der Saison 2016 einen empfindlichen Rückschlag hinnehmen müssen - kein Sieg, nur WM-Rang vier und das mit nur knappem Vorsprung.

Die logisch erscheinende Annahme: Vettel wollte sich durch eben jenen angeblichen Vorvertrag mit Mercedes für 2018 aus einer fiesen Zwickmühle befreien. Sollte Ferrari Mercedes auch 2017 hinterherfahren, hätte sich Vettel auf diese Weise bereits frühzeitig eine gute Partie für das Folgejahr gesichert. Sollte Ferrari mit den neuen Regeln hingegen groß aufkommen, wäre er nicht zum Mercedes-Wechsel gezwungen, hätte keine miese Stimmung in Maranello riskiert.

Sebastian Vettel 2018 zu Mercedes? Das spricht dafür

  • Vettel ohne gültigen Ferrari-Vertrag für 2018
  • Bottas-Vertrag bei Mercedes gilt nur für 2017
  • Die Herausforderung: Duell gegen Hamilton mit gleichen Waffen
  • Räikkönen-Vertrag läuft aus: Ferrari-Harmonie 2018 potentiell gefährdet
  • Deutscher Fahrer + deutsches Team = Traumhochzeit
  • Angeblich schwieriges Verhältnis Marchionne/Vettel

Bei Niki Lauda und Maurizio Arrivabene gab es schon früher Diskussionsbedarf, Foto: Sutton
Bei Niki Lauda und Maurizio Arrivabene gab es schon früher Diskussionsbedarf, Foto: Sutton

Will Mercedes nur Unruhe bei Ferrari stiften?

Doch warum dringt das ganze Thema jetzt an die Öffentlichkeit? Insider vermuten dahinter bereits einen Versuch Mercedes', Unruhe bei Ferrari zu stiften, hat sich die Scuderia 2017 doch tatsächlich zu einem Widersacher auf Augenhöhe gemausert. Trotz des Sieges von Lewis Hamilton ist es Sebastian Vettel, der die WM-Wertung weiter anführt. Jede Ablenkung vom sportlichen Geschehen bei Ferrari würde Mercedes da natürlich sehr gelegen kommen.

Darauf angesprochen, hat Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene nur ein müdes Lächeln dafür übrig. "Wenn es Nikis Ziel war, Unruhe bei uns und unseren Fahrern auszulösen, dann ist ihm das nicht gelungen", sagt Arrivabene bei Sky F1. "Ich habe großen Respekt vor Niki. Aber würde man all seine Aussagen der letzten zwei oder drei Jahre aufschreiben, dann würde manches stimmen - aber mit vielem will er auch einfach nur Unruhe stiften."

Lauda stellt klar: Vettels Herz schlägt rot

Ausgerechnet Niki Lauda selbst erteilt allen Gerüchten nun jedoch auch seinerseits eine klare Absage. "Jeder Pilot weiß, was Ferrari bedeutet. Charisma. Es ist das Lieblingsauto aller Rennfahrer. Das Herz entscheidet für Ferrari", sagt der Mercedes-Aufsichtsrat am Rand des Spanien GP. "Dann denkt der Kopf darüber nach: Wie schnell ist mein Ferrari? Wenn man dann noch gut bezahlt wird, hat man alles auf einmal zusammen. Und in der Situation ist Vettel jetzt. Er gewinnt mit Ferrari, mit ihm da zu diskutieren wäre unmöglich, weil er nicht weggehen wird", stellt Lauda bei Sky klar.

Ein angeblich schwieriges Verhältnis Vettels mit der obersten Ferrari-Führung sei angesichts des Status' Ferraris für jeden Rennfahrer leicht auszuräumen. "Das wird er ganz schnell in Ordnung bringen, wenn sein Herz ihm sagt, bleib bei deinem roten Auto, mit dem du gewinnen kannst. Daher ist das vollkommen eine Sinnlos-Diskussion", poltert Lauda. "Alles Bullshit!", legt er im englischen TV nach. "Er wird bei Ferrari bleiben, er liebt das Team. Es gibt keinen Grund für diese Gerüchte."

Sebastian Vettel 2018 zu Mercedes? Das spricht dagegen

  • Vettels Herz schlägt für Ferrari
  • Die WM-Führung - Vettel mit Ferrari auf Titelkurs
  • Das Schumi-Erbe: Traum eigener Ära mit Ferrari
  • Bei WM-Pleite 2017: Neuer Angriff 2018 - bloß kein Scheitern eingestehen
  • Mercedes würde eigene Nachwuchsförderung ad absurdum führen

Vettel und seine Ferrari-Jungs - Trennung sieht anders aus, Foto: Sutton
Vettel und seine Ferrari-Jungs - Trennung sieht anders aus, Foto: Sutton

Vettel: Ferrari-Liebeserklärung statt Dementi

Sebastian Vettel selbst dementiert die Spekulationen um den Vorvertrag hingegen nicht - zumindest nicht eindeutig. Mehr als ein genervtes "Ey ...", lässt er sich in Spanien auf Nachfragen dazu so gut wie nicht entlocken, stellt aber wiederholt klar, wie sehr im Ferrari am Herzen liegt. "Ich liebe die Marke, ich bin Ferrari-Fan, seit ich klein war. Ich genieße diese Zeit gerade", sagt Vettel.

Was 2018 geschehe wisse er schlichtweg noch nicht, aber so gehe es aktuell auch einigen anderen Fahrern. "Die ganzen Italiener scheinen da mehr zu wissen als ich selbst. Dabei ist die Situation doch klar. Ich konzentriere mich auf dieses Jahr. Das ist kein Geheimnis und keine Floskel, sondern es ist für uns alle im Team Tatsache. Wir befinden uns sportlich in einer sehr guten Position und wollen so weitermachen. Alles andere ist nicht wichtig", sagt Vettel.

Battlen sich Lewis Hamilton und Sebastian Vettel bald als Teamkollegen?, Foto: Sutton
Battlen sich Lewis Hamilton und Sebastian Vettel bald als Teamkollegen?, Foto: Sutton

Bottas' Einjahresvertrag kein zwingender Vettel-Fingerzeig

Einer dieser anderen Fahrer ist jedoch ausgerechnet Mercedes' Valtteri Bottas, der bei den Silberpfeilen 'nur' einen Einjahresvertrag für 2017 unterzeichnet hat. Was jedoch weniger als Fingerzeig in Richtung Vettel zu interpretieren ist, sondern vielmehr eine eigene Absicherung. Schließlich konnte Mercedes nicht mit hundert prozentiger Sicherheit wissen, ob der Finne dem Druck eines Top-Cockpits tatsächlich gewachsen ist.

Wehrlein hätte gerne schon Rosberg beerbt, Foto: Sutton
Wehrlein hätte gerne schon Rosberg beerbt, Foto: Sutton

Noch dazu verfügen die Silberpfeile mit Esteban Ocon und Pascael Wehrlein über jede Menge Potential im eigenen Nachwuchskader. Die bei Force India und Sauber zwischengeparkten Youngster warten nur auf ihre Chance. An den Vettel-Gerüchten jedenfalls sei nichts dran, so Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Der einzige Kontakt zwischen Wolff und Vettel dürfte somit der SMS-Verkehr nach dem Rosberg-Rücktritt gewesen sein - als sich, wir erinnern uns, das gesamte Feld bei Wolff, nach dessen Bekunden, gemeldet hatte.

Noch mehr Spekulatius: Ricciardo oder Verstappen zu Ferrari?

Anderen Gerüchten zufolge sollen übrigens Max Verstappen und Daniel Ricciardo mal wieder als Kandidaten bei Ferrari für 2018 gelten. Als Vettel-Nachfolger? Das würde doch wunderbar mit den Mercedes-Spekulationen um den Deutschen zusammen passen! Doch Red-Bull-Eigentümer Dietrich Mateschitz erteilt dem ein deutliches Dementi. Die Verträge mit seinem beiden Fahrer seien für 2018 natürlich absolut wasserdicht, so Mateschitz in den Salzburger Nachrichten. "Und wo sollen sie hingehen? Es werden weder bei Mercedes noch bei Ferrari Plätze frei. "

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: In jedem Gerücht steckt auch ein Körnchen Wahrheit, heißt es so schön in einem alten Sprichwort. Das mag auch im Fall von Sebastian Vettel und Mercedes zutreffen. Völlig unrealistisch ist ein Vorvertrag zwischen Vettel und den Silberpfeilen jedenfalls nicht. Vettels Befinden bei Ferrari, seine Situation nach einer schwierigen Saison 2016, bot jedenfalls den idealen Nährboden für derlei Überlegungen - zumal sich Mercedes zunächst nur für ein Jahr zu Valtteri Botts bekannte.

Aber: Die Gegenargumente sind einfach stärker. Hintergrund des kurzen Bottas-Deals dürfte etwa etwas völlig anderes sein, hat Mercedes mit Pascal Wehrlein und Esteban Ocon doch vortreffliche Alternativen in der Warteschlange. Geht Bottas im Top-Cockpit die Flatter, könnte Mercedes ihn so zumindest leicht loswerden, schnell ersetzen und gleichzeitig mit Wehrlein oder Ocon die eigene, gelungene Nachwuchsarbeit bewerben.

Und selbst wenn es den Vorvertrag mit Vettel geben sollte - spätestens durch die Ferrari-Renaissance 2017 dürften alle potentiellen Gedankenspiele dieser Art bei Vettel ausgeräumt sein. Die Liebe zu Ferrari überragt alles, besonders wenn das springende Pferd gewinnt. Erfolg macht eben sexy. (Jonas Fehling)