Was für eine Rennschlacht! Lewis Hamilton gewinnt den Großen Preis von Spanien 2017 in Barcelona nach einem epischen Zweikampf mit Ferraris Sebastian Vettel. Sowohl am Kommandostand als auch im direkten Duell auf der Strecke duellierten sich Mercedes /Ferrari und Hamilton/Vettel um den Sieg.

Am Ende entschied ein blitzsauberes Manöver Hamiltons Ende Start/Ziel nach einem cleveren Pitstopp unter dem Virtuellen Safety Car den Kampf zu seinem Gunsten. Zuvor hatte sich Vettel bereits mit harten Bandagen an der Boxenausfahrt verteidigen müssen, nachdem er zuvor am Start die Führung übernommen hatte.

"Wir hatten das Rennen eigentlich schon verloren, aber das VSC hat dann den Ausschlag gegeben. Dann war es eine ganz beherzte Fahrt- mit Speed, aber es galt auch den Reifen am Leben zu halten", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff bei RTL.

Für Valtteri Bottas, Kimi Räikkönen und Max Verstappen endete der Spanien GP insbesondere durch einen Startcrash indessen in einem Desaster. Nico Hülkenberg und Pacal Wehrlein präsentierten sich derweil in Galaform.

Das Podium: Hinter Hamilton und Vettel komplettierte Daniel Ricciardo nach einem unauffälligen Rennen das Podium. Dabei profitierte der Australier massiv von Ausfällen Kimi Räikkönens, Max Verstappens und Valtteri Bottas, die in Spanien ein einen ganz bitteren Rennsonntag erlebten.

Das sagen Hamilton, Vettel & Ricciardo zum Rennen

Lewis Hamilton: "Am Anfang lief es nicht gut. Ich weiß nicht, was da am Start schief gelaufen ist. Aber tolle Arbeit des Teams. Seb war nah dran, aber alle bei uns haben einen super Job gemacht mit der Strategie. Gegen Seb dachte ich, ich hätte genug Platz, da war auch alles okay. So sollte Rennfahren sein. Ich habe heute mehrere Kilo verloren, die G-Kräfte waren unglaublich und mit ihm im Rücken hat es das auch nicht leichter gemacht."

Sebastian Vettel: "Ich hatte einen richtig guten Start, Lewis und ich hatten beide ein bisschen Wheelspin, aber das habe ich mit der Kupplung korrigiert. Ich hatte einen guten Rhythmus und es lief gut, aber dann hat Lewis die Strategie gespiegelt. Ich war überrascht, dass Lewis aus der Box dann so schnell dran war. Es war unheimlich eng. Aber auf der Geraden hatte ich keine Chance als ich alleine fuhr. Wir hatten aber ein tolles Auto, wäre echt toll gewesen zu gewinnen. "

Daniel Ricciardo: "Es fühlt sich gut an, wir hatten etwas Glück heute mit Valtteri, dass der ausgefallen ist. Aber klar nehmen wir das mit, toll auf dem Podium zu stehen, Champagner zu verspritzen. Vielen Dank an alle."

Die Top-3 beim Spanien GP, Foto: Sutton
Die Top-3 beim Spanien GP, Foto: Sutton

Die Punkteränge: Sergio Perez und Esteban Ocon lieferten mit P4 und P5 ein bärenstarkes Ergebnis für Force India. Nico Hülkenberg kam unmittelbar dahinter als Sechster ins Ziel. Achter hinter Carlos Sainz wurde dank cleverer Strategie Pascal Wehrlein - trotz einer 5-Sekunden-Strafe. Für den Sauber-Piloten kommt das einer Sensation gleich. Daniil Kvyat und Romain Grosjean komplettierten die Top-10.

Der WM-Stand: In der Weltmeisterschaft behauptet Vettel mit nun 104 von 125 möglichen Punkten die Spitze. Hamilton rückt dem Ferrari-Ass jedoch bis auf sechs Zähler auf die Pelle. Valtteri Bottas (63) hält Rang drei vor Kimi Räikkönen (49) während Daniel Ricciardo Platz fünf von Teamkollege Max Verstappen übernimmt. In der Konstrukteurswertung liegt Mercedes jetzt acht Punkte vor Ferrari während sich Force India auf Rang vier ein dickes Polster nach hinten verschafft.

Das Wetter: Minimal kühlere Bedingungen als im Qualifying. 24 Grad Celsius Umgebungstemperatur bei leichter Bewölkung erhitzten den Asphalt auf rund 44 Grad. Dazu auch am Rennsonntag eine ordentliche Mittelmeer-Brise.

Der Start: Sebastian Vettel erwischte einen sensationellen Start, beschleunigte Lewis Hamilton gnadenlos aus und setzte sich sofort dramatisch ab - kein DRS im ersten Stint für den Briten. In Kurve eins wurde es direkt dahinter richtig eng zwischen Kimi Räikkönen, Valtteri Bottas und Max Verstappen. Nicht nur das: Crash! Der Ferrari und der Red Bull waren Schrott. Der Vorfall wurde als Rennunfall eingestuft - keine Strafen. "Ich bin hinten rechts getroffen worden. Das hat mein Auto versetzt und so bin ich in Verstappen rein. Ich konnte nichts machen, wurde einfach abgeräumt", sagte Räikkönen bei RTL. "Der Bottas ist richtig dem Räikkönen reingeknallt und der ist dann auf Verstappen geflogen. Also ganz klar Bottas' Schuld", wetterte Red Bulls Helmut Marko bei Motorsport-Magazin.com.

Auch Felipe Massa beschädigte im Startgetümmel seinen Williams durch Berührung mit Fernando Alonso - Plattfuß, Boxenstopp nach Lap 1. Top-Qualifyier Alonso verlor trotz der Ausfälle vor ihm vier Plätze, war nur noch Elfter. Auch hier gab es keine Strafe. Nico Hülkenberg dafür katapultierte seinen Renault bis auf P7.

Die Zwischenfälle: Erster Ärger für Stoffel Vandoorne schon vor dem Start. McLaren musste CE und ES der Honda-PU wechseln. Weil es sich um die jeweils fünften Gerätschaften handelte, kassierte der Belgier schon seine zweite Motorenstrafe des Jahres - diesmal zehn Plätze. Weil Vandoorne sich aber ohnehin nur auf P19 qualifizierte, eine verschmerzbare Sanktion.

Carlos Sainz und Kevin Magnussen kamen sich bei ihren ersten Stopps an der Ausfahrt ins Gehege als der Däne den Spanier in die Wiese drückte. Doch auch hierfür gab es keine Strafe. In Runde 35 dann Kollision Vandoorne/Massa in Kurve eins. Der McLaren-Pilot hatte sich unnötig heftig verteidigt, sein Rennen endete im Kiesbett - Virtuelles Safety Car! An der Spitze nutzte das jedoch zunächst niemand für strategische Spielchen, schließlich versuchte es Mercedes, war aber zu spät - das VSC war bereits vorbei. Nach Rennende wurde Vandoorne wegen Verursachens der Kollision zu einer Gridstrafe von dr Plätzen in Monaco verdonnert - hinzu kommen zwei Strafpunkte auf die Rennlizenz.

Pascal Wehrlein indessen kassierte eine 5-Sekunden-Strafe, weil er bei seinem einzigen Stopp nicht rechts vom Poller am Boxeneingang geblieben war. Glück im Unglück: Im Ziel verlor Wehrlein dadurch nichts, hatte sich ein ausreichend großes Polster verschafft. Kurz vor Rennende verlor Kevin Magnussen durch einen Reifenschaden zwei wertvolle Punkte für Haas.

Die Strategien und der Rennverlauf: Einzig ganz hinten im Feld entschieden sich Kvyat, Palmer und Vandoorne für einen Start auf Medium, der Rest startete den Spanien GP auf gebrauchten oder frischen Softs. Abgesehen von einigen Wundenleckern in Runde eins eröffnete McLaren in Runde 13 mit einem Doppelwechsel den Boxenstopp-Reigen. An der Spitze zeichnete sich nach dem Vorfall am Start schnell ein klarer Zweikampf zwischen Vettel und Hamilton ab - Bottas Mercedes schien als einzig verbliebener Beteiligter aus dem Crash in Kurve leicht angeschlagen, verlor viel auf das Spitzen-Duo.

Ferrari versuchte es schließlich mit einem Undercut gegen Hamilton in Runde 15 - ideal lief der Stopp jedoch nicht, Vettel verlor ein paar Zehntel und kam im Verkehr zurück auf die Strecke. Daniel Ricciardo konnte der Deutsche allerdings schnell wieder passieren und drehte auf frischen Softs gewaltig auf. Mercedes reagierte mit einem ganz anderen Ansatz: Hamilton fuhr satte sechs Runden länger und holte sich bereits den härteren Medium-Reifen.

Spannend: Parallel dazu hing Vettel jetzt hinter Bremsklotz Bottas fest, den er auf den neueren Reifen mühelos eingeholt hatte. Doch Überholen ist bekanntlich ein ganz anderes Thema - gerade in Barcelona. Heftig versuchte er alles, attackierte heftig. Das kostete Zeit - und Reifen. Hamilton holte zwei Sekunden pro Runden auf - aber nur für zwei Umläufe. Beim zweiten Angriff Ende Start/Ziel quetschte sich Vettel innen an dem Finnen vorbei. Nur eine Runde später ließ Bottas allerdings auch Hamilton passieren und kam schließlich seinerseits in Runde 27 zum ersten Mal an die Box. Auch Bottas bekam den Medium.

Vettel krallt sich Bottas, Foto: Sutton
Vettel krallt sich Bottas, Foto: Sutton

In bereinigter Reihenfolge setzte sich Vettel dank Reifenvorteils wieder Zehntel für Zehntel ab, jedoch längst nicht so schnell wie man angesichts des erwartet großen Deltas zwischen den Mischungen erwarten konnte. Das Duell mit Bottas hatte den Pirelli offensichtlich nicht gut getan. In Runde 37 versuchte Mercedes schließlich ein Virtuelles Safety Car für einen zeitsparenden zweiten Hamilton-Wechsel zurück auf den schnellen Soft zu nutzen, doch kam der Call scheinbar zu spät - just in diesem Moment endete das VSC!

Eine Runde später dann auch der Ferrari-Stopp, Vettel bekam frische Medium, scherte aber nicht vor Hamilton Ende der Boxenausfahrt wieder ein, ein wenig hatte Mercedes also doch noch vom VSC profitiert, vorher hatte der Rückstand sieben Sekunden betragen. "Seb hätte das gleiche machen können in der Runde darauf. Deshalb mussten wir solange wie möglich mit dem Stopp warten, damit Seb nicht mehr kontern kann", erklärt Toto Wolff später bei RTL den Ansatz Mercedes'.

Umso besser sowieso für die Action: Parallelflug, Rad-an-Rad-Duell in der ersten Kurvenkombination um den Sieg! Da war es endlich! Vettel setzte sich mit harten Bandagen durch, doch Hamilton jagte seinen Widersacher mit den weicheren Reifen bedingungslos. Dahinter musste Bottas sein Rennen in Turn sechs beenden - offenbar ein Motordefekt.

Alle Augen nun also ausschließlich auf Vettel vs. Hamilton. Mehr als 20 Runden waren noch zu gehen. Hamilton musste schnell vorbei, um seine gegenüber Vettel weicheren Reifen zu nutzen bevor sie eingehen würden. Und das gelang dem Briten! Ausgerechnet in Runde 44 zog die Nummer 44 auf Start/Ziel mit Macht und DRS an Vettel vorbei. "Keine Chance, keine Chance", konstatierte Vettel am Funk. Zu groß der Vorteil des Softs.

Doch vorbei war es damit noch längst nicht! Würden die Softs am Silberpfeil bis zum Rennende genügend Performance liefern, um den Medium-Ferrari halten zu können? Das Rennen lebte von der Spannung. Vettel lauerte rundenlang gut zwei Sekunden hinter Hamilton. Schließlich fiel er jedoch Zehntel um Zehntel zurück - doch kein Angriff mehr. Fast sogar ein ganz böses Ende als Vettel beim Überrunden beinahe in Felipe Massa rasselte.

Die Ausfälle: Für Kimi Räikkönen und Vorjahressieger Max Verstappen endete der Spanien GP nach einer Kollision bereits nach einer Runde. Erst nach Rennhälfte der nächste Ausfall: Stoffel Vandoornes Rennen war gelaufen - mal nicht wegen des Motors, sondern wegen selbst verschuldeten Crashs mit Massa. Kurz darauf rollte Valtteri Bottas in Kurve sechs mit rauchendem Heck aus - ein Motorproblem wie der Finne bestätigte.

Die Analyse: Es geht ja doch: Endlich haben wir ein direktes Duell zwischen Ferrari und Mercedes -Hamilton und Vettel - um den Rennsieg gesehen. Und das nicht nur am Kommandostand, sondern auch im knallharten Zweikampf auf der Strecke. Gerne mehr davon! Ferrari und Mercedes scheinen sich indessen absolut nichts zu nehmen - auch das verspricht jede Menge Spannung im weiteren Saisonverlauf. Minimaler Wermutstropfen: Der Rest des Feldes ist vollkommen chancenlos. Lediglich Ricciardo ließ sich nicht vom Spitzenduo überrunden. Um so wichtiger, dass bald auch die Herren Bottas, Verstappen und Räikkönen wieder mehr Rennglück haben und den Laden vorne zusätzlich aufmischen.

Die Top-Facts des Rennens

  • Hamilton bezwingt Vettel in Duell der Spitzenklasse
  • Zweiter Saisonsieg für Hamilton, dritter für Mercedes
  • 55. F1-Sieg für den Briten insgesamt
  • Aber: Vettel führt weiter in der WM
  • Ricciardo als Dritter auf Podium
  • Kollision Verstappen, Räikkönen & Bottas am Start
  • Wehrlein strotz Strafe sensationell Siebter