Die ersten vier Rennen sind absolviert, und damit sind doch schon 20 Prozent der Formel-1-Saison vorüber. Zeit für einen ersten Blick auf den WM-Stand, der sich deutlich heterogener präsentiert als noch in den vergangenen Jahren. Ferrari und Mercedes liegen eng beieinander, beide Hersteller konnten jeweils zwei Rennen für sich entscheiden. In der Konstrukteurs-WM deutet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen an, aktuell liegt Mercedes mit 136 Punkten nur um die Winzigkeit von einem Zähler vor der Scuderia aus Italien.

Vettel: Vollgas ohne Taktik

Doch auch in der Fahrer-WM präsentiert sich das Bild über Teamgrenzen hinaus eng wie lange nicht. Aktuell der Führende in der Gesamtwertung ist Sebastian Vettel mit 86 Punkten. Kein Wunder, zeugen zwei Siege und zwei zweite Plätze doch von enormer Konstanz. Zu schön wäre in Anbetracht dieser Situation ein dritter Sieg in Sochi gewesen, um bereits ein Polster in der Gesamtwertung zu schaffen, wenngleich die WM im Kopf des Deutschen noch keine Rolle spielt.

"Im Moment machen wir volle Attacke und ich denke, das ist zu diesem Zeitpunkt genau das Richtige", hält Vettel nichts von taktischen Spielereien in diesem Stadium der Saison. "Wenn man jetzt schon zu viel nachdenkt, dann glaube ich, steht man sich selbst im Weg." Er weiß, dass die Momentaufnahme in der Gesamtwertung schön, aber noch lange kein Wegweiser ist. "Wenn wir am Ende des Jahres in den Genuss kommen, darauf schauen zu dürfen, sind das tolle Neuigkeiten. Aber gerade heißt es nur Vollgas und Attacke, jedes Rennen einzeln angehen und versuchen, das Maximum herauszuholen", so Vettel.

Hamilton sucht die Pace

In Sochi war Lewis Hamilton chancenlos, Foto: Sutton
In Sochi war Lewis Hamilton chancenlos, Foto: Sutton

Auf dem zweiten Platz der Weltmeisterschaft liegt aktuell Lewis Hamilton. Der Brite rangiert bei 73 Zählern. Diese 13 Punkte Rückstand sind beileibe noch kein Drama für den Briten, der das Aufholen von Rückständen ja gewohnt ist. 2014 drehte er die WM gegen Nico Rosberg um, auch im letzten Jahr kam er nach fast schon aussichtslosem Rückstand noch ganz nahe. Nach dem Rennen in Russland war ihm ohnehin nicht nach WM-Überlegungen zumute.

"Daran denke ich jetzt nicht, das ist nicht wichtig. Ich muss jetzt erst einmal verstehen, wo der Speed an diesem Wochenende steckte und was beim Setup schiefging", so Hamilton nach seinem enttäuschenden Rennen, das ihn sechs Punkte auf Vettel kostete. In Anbetracht der Ferrari-Stärke kam Hamilton damit noch gut weg. "Es ist noch ein langer Weg. Ich bin weiter Zweiter in der WM. Das ist nicht das Ende der Welt. Aber ich muss natürlich die Pace wiederfinden, die ich zuvor hatte", ist er sich der eigenen Aufgabe bewusst.

Bottas meldet sich an

Durch seinen Sieg jetzt ebenfalls mittendrin im Titelrennen ist Valtteri Bottas auf Rang drei. Der Finne hat 63 Punkte auf seinem Konto. Der Rückstand auf Vettel ist zwar schon beachtlich, dank des Punktesystems aber absolut aufholbar. Besonders, wenn er weitere derartige Auftritte hinlegt, wie in Russland. "Es ist Anfang des Jahres. Da ist es Immer schwer zu sagen, wie die Saison verläuft. Deshalb hatte ich keine allzu große Sorge bezüglich der Lücke nach vorne. Diese Lücke hat sich in der Vergangenheit oft schnell geändert", verweist er auf die Historie.

Sein einziges Ziel, so gestand er bei der Siegerehrung, sei die WM. Doch auch Bottas weiß, dass der Weg noch lang ist. "Mal hatte einer ein gutes Rennen, dann mal ein schlechteres. Das ist okay. Es ist viel zu früh, um sich die WM-Wertung im Detail anzuschauen. Wir schauen darauf, das Auto besser zu machen. Das gibt uns mehr Siege und mehr Punkte mit beiden Autos", argumentiert er logisch.

Macht Kimi wieder den Abstauber?

Viele Titelkandidaten? Kennt Räikkönen schon, Foto: Sutton
Viele Titelkandidaten? Kennt Räikkönen schon, Foto: Sutton

Der letzte Fahrer der beiden Top-Teams ist Bottas' Landsmann Kimi Räikkönen. Als einziger der vier Piloten ist der Ferrari-Fahrer noch ohne Saisonsieg. Mit dem Podestplatz in Russland ist aber auch bei Räikkönen ein Aufwärtstrend erkennbar. Er steht derzeit bei 49 Punkten. Die Rolle des Abstaubers - positiv gemeint - ist Räikkönen bekannt. 2007 profitierte er vom Hass-Duell zwischen Lewis Hamilton und Fernando Alonso, die sich gegenseitig dermaßen bekriegten, dass der Finne seinen ersten und bislang einzigen WM-Titel einfuhr.

Seine Rolle damals bei Ferrari ist mit heute aber nur schwer zu vergleichen. Damals war er gegenüber Felipe Massa die Nummer eins, zehn Jahre später gibt Sebastian Vettel den Ton an. Abgeschrieben hat er seinen zweiten Titel aber noch nicht. Statt Zufriedenheit über Rang drei überwog der Ärger über den verpassten Sieg. "Das Ergebnis war schon besser als zuletzt, aber es muss noch besser sein. Natürlich will ich mehr, ich will vorne sein. Schade, dass nur der dritte Platz herausgesprungen ist", sagte er.

Nicht entgegen kam ihm dabei sein schlechter Start. Darauf angesprochen, kam er ganz von selbst auf das Thema Weltmeisterschaft. "Natürlich freue ich mich über das Podium, aber ich bin enttäuscht, am Start einen Platz verloren statt gewonnen zu haben. Wir müssen jetzt weiterarbeiten, denn solche kleinen Details können einen großen Unterschied in der Endabrechnung machen - die ersten vier Autos liegen eng beieinander." Damit hat er vollkommen recht.

Fahrer-WM: Stand nach 4 von 20 Rennen

Pos.FahrerPunkte
1.Sebastian Vettel86
2.Lewis Hamilton73
3.Valtteri Bottas63
4.Kimi Räikkönen49