Top: Bottas lässt Kritiker verstummen

Unverhofft kommt oft. Ausgerechnet an jenem Wochenende, an dem Ferrari den Mercedes-Piloten in jeder Session überlegen war, sicherte sich der zuletzt stark kritisierte Valtteri Bottas seinen ersten Sieg in der Formel 1. Finnischer Feiertag am Schwarzen Meer! "Wenn du nicht an deine Fähigkeiten glaubst, brauchst du gar nicht erst hier zu sein", stellte Bottas klar, nachdem zuletzt Kritik auf ihn einprasselte wie Regen in Malaysia. Nach einem tollen Start verteidigte er seine Führung bis zum Ende, auch ein heranstürmender Sebastian Vettel vermochte es nicht mehr, Bottas den Sieg streitig zu machen.

Mit diesem sensationellen Auftritt hat sich Bottas wohl endgültig aus den Ketten Rosberg'schen Nachfolge befreit. Eddie Jordan, der auf dem Podium die Interviews führte, forderte Toto Wolff sogar direkt auf, Bottas' Vertrag zu verlängern. "Die Entscheidung haben wir alles gemeinsam getroffen und es bewahrheitet sich, dass wir richtig lagen", klang der Mercedes-Motorsportchef nach dem Rennen sogar fast erleichtert. Noch sei es aber zu früh, um über die Zukunft zu sprechen.

Top: In der Ruhe liegt die Kraft

Auf dem Weg zum Sieg wollte Valtteri Bottas seine Ruhe, Foto: Sutton
Auf dem Weg zum Sieg wollte Valtteri Bottas seine Ruhe, Foto: Sutton

Bei seinem Sieg sah sich Bottas gegen Rennende einer Aufholjagd von Sebastian Vettel ausgesetzt. Der Ferrari-Pilot kam immer näher, doch Bottas blieb - mit Ausnahme eines dicken Verbremsers - cool. Um diese Coolness zu bewahren, wollte er auch gar keinen Funk mehr hören.

"In Sotschi kommt es extrem darauf an, einen guten Rhythmus zu haben. Ich wollte mich einfach total darauf konzentrieren, jede Kurve zu treffen und jede Runde hinzubekommen. Es hat sich dann ein bisschen mehr wie zu Hause angefühlt - nett und still, das hat geholfen." Niki Lauda sieht den Grund in der Herkunft Bottas'. "Der Finne spricht nicht viel", sagte der Österreicher. Oder wollte Bottas einfach verhindern, wieder mit Nico angesprochen zu werden?

Top: Kimi traut seinen Ohren nicht

Für eine kurze Zeit verstand Kimi Räikkönen die Welt nicht mehr, Foto: Sutton
Für eine kurze Zeit verstand Kimi Räikkönen die Welt nicht mehr, Foto: Sutton

Kimi Räikkönen hatte im Laufe des Russland-Rennens die Lacher mal wieder auf seiner Seite. Nachdem die Boxenstopps gelaufen waren, wollte er von seinem Renningenieur wissen, wo er liegt. Die Antwort: "8 Sekunden hinter Bottas." Räikkönen traute seinen Ohren kaum. Hinter wem? " Wie konnten wir hinter Bottas landen? Warum haben wir nicht früher gestoppt?", raunzte er. Was er nicht mitbekommen hatte: Bereits am Start ging Bottas an ihm vorbei. Das erklärte ihm dann auch sein Renningenieur. "Bottas hat das Rennen angeführt."

Später erklärte Kimi seinen Fauxpas. Zwar habe er mitbekommen, dass ein Mercedes führte. Wer das war, ging ihm aber ziemlich am - Sie wissen schon - vorbei. "Ich war nicht sicher, wer von ihnen am Anfang des Rennens an die Spitze gefahren ist. Deshalb habe ich gefragt - es war einfach etwas irritierend für mich nach dem Stopp. Dann habe ich es sofort verstanden. Vorher machte das für mich keinen Unterschied, wer. Es war halt ein Mercedes vor uns. Da hatte ich nicht gefragt", so der Routinier.

Top: Bernie zurück im Rampenlicht

Von den Bossen der neuen Rechteinhaber der Formel 1, Liberty Media, wurde Bernie Ecclestone mehr oder weniger aus dem Amt gejagt. Nun kehrte er ins große Rampenlicht zurück. Mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin verbindet ihn ein gutes Verhältnis, und die Veranstalter der Rennen bestimmen ihre Ehrengäste immer noch selbst. Ecclestone durfte daher nicht nur im Paddock spazieren gehen, sondern bekam auch Zutritt in besondere Bereiche. Ein Kurzzeit-Comeback für den ehemaligen Zampano der Königsklasse. Chase Carey sah nicht so ganz zufrieden aus.

Top: Der Wolff und sein Ding Dong

In der Medienrunde nach dem Rennen war Toto Wolff gut gelaunt. Doch alle Heiterkeit schützt nicht vor Missverständnissen, vor allem wenn es um Begriffe geht, die außerhalb der eigenen Muttersprache liegen. So wollte ein Journalistenkollege vom Österreicher wissen, ob es ein ähnliches "Ding Dong" zwischen Lewis Hamilton und Valtteri Bottas geben würde, wie vergangenes Jahr zwischen Hamilton und Nico Rosberg.

Toto Wolff und seine Interpretation eines Ding Dong, Foto: Motorsport-Magazin.com
Toto Wolff und seine Interpretation eines Ding Dong, Foto: Motorsport-Magazin.com

Gemeint war damit natürlich ein ständiges Hin und Her. Wolff aber verstand es anders, ganz anders. Er dachte bei Ding Dong an das Ding, das Männer exklusiv haben. Und dabei ließ er sich auch nicht davon abhalten, diese Assoziation mit seinem Mikrofon vorzumachen. Einer der kuriosesten Momente in diesem Jahr bislang.

Flop: Vettel verliert seine Manieren

Sebastian Vettel ist für seine Emotionalität im Auto bekannt. Seine Funksprüche reichen oftmals von peinlich bis legendär. In Sochi hätte er es mal bei Worten belassen sollen. Als er in den letzten Runden des Rennens Jagd auf Valtteri Bottas machte, spielten die Überrundungen eine große Rolle. Im letzten Umlauf dann liefen beide auf Felipe Massa auf. Während Bottas dank des Brasilianers sein DRS aktivieren durfte und noch schönen Windschatten erhielt, hatte Vettel größeres Pech.

Es dauerte einige Sekunden, ehe Vettel am Williams-Piloten vorbeikam. Dabei sah es sehr unglücklich aus, wie Massa reagierte. Jedenfalls verlor Vettel viel Zeit, das Rennen war endgültig entschieden. Und in der Enttäuschung ließ sich Vettel zu einer unschönen Mittelfinger-Geste in Richtung Massa hinreißen. Nach dem Rennen hatte sich der Ferrari-Pilot bereits wieder beruhigt. Die feinste Art war es aber dennoch nicht.

Flop: Hamilton läuft heiß und geht baden

Ein Satz mit x für Lewis Hamilton. Das gesamte Wochenende über fand der Brite nicht zu seiner Form, im Rennen dümpelte er auf Platz vier, während Valtteri Bottas zum Sieg fuhr. Was genau das Problem war, wusste er selbst nicht. "Ich habe ein paar Ideen", sagte Hamilton. "Aber es braucht eine Weile, um alles zu verstehen. Es ist viel Arbeit nötig, um alles herauszufinden."

Die Temperatur war für Hamilton dabei in doppelter Hinsicht nicht seine Freundin. Seine Reifen waren nicht im Fenster, und zu Rennbeginn überhitzte sein Auto. Hamilton musste Gas rausnehmen, der Rückstand wuchs deutlich an. Dann aber setzte sogar noch ein Zylinder am Boliden aus. Kurzum: Ein gebrauchtes Wochenende für den dreimaligen Weltmeister.

Lewis Hamilton blieb am Ende nur die Rolle des Gratulanten, Foto: Sutton
Lewis Hamilton blieb am Ende nur die Rolle des Gratulanten, Foto: Sutton

Flop: Alonso verfällt in Resignation

Fernando Alonso wird die Testfahrten in Indianapolis genießen - denn dort kann er zumindest fahren. In Sochi versagte sein Bolide bereits vor dem Rennen den Dienst. Zum vierten Mal in dieser Saison kam der Spanier nicht ins Ziel. "Es ist hart, es ist frustrierend - und es ist jedes Wochenende dasselbe", hat er inzwischen anscheinend resigniert. "Wir hatten im Winter Probleme, wir hatten in den ersten Rennen Probleme, wir haben jetzt Probleme. Solange im Team keine fundamentalen Dinge geändert werden, werden wir auch weiterhin Probleme haben", glaubt er nicht an baldige Besserung.

Flop: Keine Dusche für Putin

Bei der Siegerehrung war Wladimir Putin noch dabei, Foto: Sutton
Bei der Siegerehrung war Wladimir Putin noch dabei, Foto: Sutton

Ob es sich tatsächlich jemand getraut hätte? Wladimir Putin, Präsident von Russland, ließ es sich nicht nehmen, bei der Siegerehrung die Pokale für den Sieger und den siegreichen Konstrukteur zu übergeben. Ehe die Fahrer nach der letzten Pokalübergabe ihre traditionelle Champagnerdusche ausführten, verabschiedeten sie sich artig vom Staatsoberhaupt. Es wäre ein Bild für die Götter gewesen, wenn es einer der Fahrer gewagt hätte, ihn mit dem klebrigen Nass zu übergießen. Oder vielleicht alle drei? Lewis Hamilton hätte seine Freude gehabt. Denn auf unbestimmte Zeit wäre er wohl ohne Konkurrenz gewesen.

Flop: Action für das Schlafwagenabteil

Kulturell interessierte Leute werden die Transsibirische Eisenbahn kennen. Mit dieser kann man von Moskau nach Wladiwostok fahren, die Reise dauert ziemlich genau sechs Tage. Teil des Zuges sind die Schlafwagen-Abteile. Und genau dort hätte man den Russland GP 2017 wohl verorten können. Sieht man von dem Kampf um den Sieg in der Schlussphase und der Kollision gleich nach dem Start ab, passierte - nichts. 50 Runden Langeweile ohne Zweikämpfe. Nun ist die Strecke in Sochi bekannt für eher wenig spannende Rennen. In dieselbe Kategorie zählt auch der Albert Park in Melbourne. Aber dass die Fahrer in derartigen Abständen aneinander gereiht waren, ohne auch nur die Chance auf Zweikämpfe, erforderte viel Leidensfähigkeit - und Kaffee.