Ein Finne lernt das Fliegen. Valtteri Bottas war nach seinem ersten Formel-1-Sieg kaum zu bremsen, stürzte sich nach dem Zieleinlauf in die wartende Menge der Mercedes-Mechaniker. 81 Rennen benötigte Bottas für seinen ersten großen Triumph in der Königsklasse. Der kam zu einem überraschenden Zeitpunkt, nachdem Ferrari zuvor das Wochenende bestimmt hatte. Und dann war es ausgerechnet Bottas, der Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen einen Strich durch die Rechnung machte.

Der Bottas, der wegen seiner Renn-Performance in den vorangegangenen Grands Prix nicht wenig Kritik hatte einstecken müssen. "Es ist schon verrückt, dass man nach gerade mal drei Rennen über seine Position spekuliert hat", sagte Mercedes-Motorsportchef am Sonntag im Fahrerlager von Sochi. "Man muss dem Kerl auch mal Zeit geben."

Der Mann des Rennens

Wer in einem Weltmeister-Boliden sitzt, bekommt allerdings nicht viel Zeit. Das bekam Bottas schon zu spüren, als er etwa in China während einer Safety-Car-Phase das Auto wegwarf. Der erste F1-Sieg jetzt dürfte einer großen Genugtuung gleichkommen. Bottas war der Mann des Rennens, legte den Grundstein zum Erfolg mit einem perfekten Start und behielt am Ende bei Vettels Aufholjagd größtenteils die Nerven.

Ist bei Bottas jetzt auch im Rennen der Knoten geplatzt? Zumindest Niki Lauda war davon überzeugt. "Der erste Sieg ist immer der schwierigste, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen", so der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende. "Er hat gezeigt, dass er gewinnen kann. Sobald du einen Grand Prix gewinnst, fällt dir eine große Last von den Schultern. Du arbeitest dein ganzes Leben darauf hin, ein Rennen zu gewinnen."

Valtteri Bottas: Der nächste fliegende Finne in der Formel 1, Foto: Sutton
Valtteri Bottas: Der nächste fliegende Finne in der Formel 1, Foto: Sutton

Dann solltest du zuhause bleiben

Klingt dramatisch - scheint auf Bottas aber nur teilweise zuzutreffen. Der erste Sieg sei natürlich etwas Besonderes gewesen. Aber an sich gezweifelt habe der Mercedes-Neuzugang ohnehin nie. "Wenn du nicht an deine Fähigkeiten glaubst, brauchst du gar nicht erst hier zu sein", sagte Bottas. "Wenn du denkst, dass du nicht gewinnen kannst, dann solltest du zuhause bleiben. Allerdings sind Ergebnisse eben das, was zählt: Wie viele Siege du hast, wie viele Podestplätze."

Dennoch war der erste Sieg ein Meilenstein in Bottas' Karriere. Vor allem dürfte er seine Kritiker erst einmal ruhiggestellt haben. "All die Fragen, die Spekulationen, Nummer-2-Fahrer und so weiter, das lasse ich nicht an mich heran, das ist mir egal", versicherte er zwar. Schaden kann es aber sicher nicht, einen Nebenkriegsschauplatz erst einmal eingedämmt zu haben.

Schließlich steht für Bottas eine ganze Menge auf dem Spiel. Er fährt um seine Zukunft bei Mercedes, sein Vertrag läuft Ende des Jahres aus. Mit Leistungen wie in Russland hat er gute Argumente für eine Verlängerung. "Die Entscheidung haben wir alles gemeinsam getroffen und es bewahrheitet sich, dass wir richtig lagen", sagte Toto Wolff. "Es ist aber noch zu früh in der Saison, um über Fahrer zu sprechen."

So feierte Valtteri Bottas seinen ersten Sieg in der Formel 1, Foto: Sutton
So feierte Valtteri Bottas seinen ersten Sieg in der Formel 1, Foto: Sutton

Ein riskanter Schritt

Überhaupt glaubte Wolff nicht, dass Bottas - sein früherer Management-Schützling - der Sieg nun zu einem anderen Menschen werden lasse. Oder die mittelmäßigen Ergebnisse der vergangenen Wochen: "Ich denke nicht, dass sein Pech oder seine Fehler irgendeinen Einfluss auf seine langfristige Performance haben. Ebenso jetzt der Sieg. Aber natürlich wird er sehr glücklich über seinen ersten Sieg sein."

Wolff weiter: "Er hat den riskanten Schritt gemacht, Lewis Hamiltons Teamkollege zu werden und das Auto des amtierenden Weltmeisters zu übernehmen. Er hat einen tollen Job gemacht, war einmal auf Pole und hat heute das Rennen gewonnen. Und das unter massivem Druck von Sebastian. Er hatte einen tollen Start, fantastische Pace auf den Ultrasofts zu Beginn und ich denke, dass er der hochverdiente Sieger ist."