Für Red Bull war am vierten Rennwochenende der Saison auf dem Sochi Autodrom schnell klar, dass gegen die Top-Teams an der Spitze nicht viel zu holen sein würde. Immerhin blieb die befürchtete Williams-Offensive aus, sodass sich die ehemaligen Mercedes-Herausforderer zumindest wieder als dritte Kraft präsentieren konnten. Neben dem offensichtlichen Defizit in Sachen Pace plagte die Truppe am Rennsonntag in Sochi ein technischer Defekt nach dem anderen. Ricciardo schien sein Problem am Vortag beinahe schon heraufbeschworen zu haben.

Angesichts den zahlreichen Gebrechen des RB13 war es fast schon ein Wunder, dass mit Max Verstappen eines der beiden Autos am Ende die Zielflagge sah. Beim Niederländer wurde noch vor dem Start ein Defekt an der Wasserpumpe festgestellt. "Nach den Problemen am Morgen hat mich im Rennen glücklicherweise nichts aus dem Rhythmus gebracht. Die Mechaniker haben einen wirklich guten Job gemacht, das Problem in so kurzer Zeit in den Griff zu bekommen", so der Niederländer, der das Rennen als Fünfter beendete.

Für seinen Teamkollegen war der Grand Prix von Russland dafür schon nach fünf Runden beendet. In der ersten Runde nach dem Re-Start vernahm Ricciardo beim Blick in den Rückspiegel einen besorgniserregenden Anblick. "Ich wollte sehen wo die Force India waren und dann bemerkte ich, dass die hintere Bremse in Flammen stand", so der Australier, der daraufhin vom Team an die Box beordert wurde und seinen Boliden abstellen musste.

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Ricciardo: Prophet oder Saboteur?

Ein Defekt an der hinteren Bremsanlage war es auch, der Verstappen in der Anfangsphase des Bahrain-GP früh ins Aus beförderte. Gegenüber Motorsport-Magazin.com äußerte sich Red Bull-Teamchef Christian Horner zu den technischen Problemen an der Bremsanlage. "Es sieht nach einem anderen Fehler aus. Nur das Resultat ist nur das Gleiche. Aber wir müssen jetzt natürlich noch genau untersuchen, was da passiert ist", so der Brite.

Ein witziges Detail am Rande: Ricciardo hatte am Vortag im Spaß einen solchen Defekt nahezu schon heraufbeschworen. Der Australier hatte nach den Reifentemperatur-Problemen von Bahrain angekündigt, bei einer neuerlichen Safety-Car-Phase einfach ein Abreißvisier in die Bremsbelüftung zu schmeißen, um dadurch mehr Temperatur zu generieren. Horner zeigte sich darauf angesprochen überrascht und amüsiert: "Hat er das echt gesagt?... Das hat er hoffentlich nicht wirklich gemacht."

Wenig Action für Verstappen

Red Bulls einzig verbliebenes Eisen hatte beim Überqueren der Ziellinie auf den Sieger letztendlich eine ganze Minuten Rückstand. Damit hinkte Verstappen in Sochi der Spitze 20 Sekunden mehr hinterher, als bei den beiden vorherigen Rennen. Auf den Sechstplatzierten Sergio Perez hatte der Bolide mit der Startnummer 33 ganze 26 Sekunden Vorsprung. Dementsprechend ereignislos verliefen die 52 Rennrunden für Mad Max: "Der Start war sehr wichtig und letztendlich die einzige Action für mich in diesem Rennen."

In der Tat konnte Verstappen von Startplatz sieben aus genau das umsetzen, was er sich vorgenommen hatte. Sowohl Felipe Massa im Williams als auch den eigenen Teamkollegen konnte er schon vor der ersten Kurve aufschnupfen. "Von da an war es ein sehr einsames Rennen. Ich konnte die Autos vor mir wegziehen sehen und ich zog meinerseits von den Autos hinter mir weg", so Verstappen.

Ricciardo blieb letztendlich nur die Frustration über den zweiten technischbedingten Ausfall in diese Saison, nachdem er schon beim Auftakt in Melbourne von einem Defekt gestoppt wurde. "An einem Sonntag baut man sich für das Rennen auf und versucht all sein Adrenalin aufzusparen, um es dann beim Rennstart zu benutzen - und heute war es so schnell vorbei und ich habe leider nicht den Kampf bekommen, den ich mir gewünscht hatte", so der 27-Jährige.

Daniel Ricciardo hatte in Sochi einen kurzen Arbeitstag, Foto: Red Bull
Daniel Ricciardo hatte in Sochi einen kurzen Arbeitstag, Foto: Red Bull

Sochi ist Red Bulls Achillesferse

Obwohl das Wochenende auf dem Sochi Autodrom für Red Bull eine absolute Luftnummer war, egalisierte Verstappen mit seinem fünften Platz immerhin das bisher beste Ergebnis des Teams auf dem Kurs am Schwarzen Meer: 2015 war Daniil Kvyat ebenfalls als Fünfter über den Zielstrich gefahren. Dementsprechend ist Horner davon überzeugt, dass Russland auch 2017 als Ausrutscher zu werten ist. "Das ist sehr streckenspezifisch. Es ist ein Kurs, bei dem es sehr auf Leistung ankommt", so der Teamchef, der damit dezent auf die Defizite der Power Unit von Renault verweist.

In Barcelona soll von Renault das erste Update in dieser Saison zur Verfügung stehen, was aber in erster Linie wohl nur der Zuverlässigkeit dienen soll. In Sachen Power muss von den Franzosen aber auch noch etwas kommen. "Wir hoffen natürlich auf signifikante Fortschritte im Verlauf der Saison", so Horner. In Kanada soll laut aktuellem Stand ein zweites Update folgen, mit welchem die Antriebseinheit auch endlich mehr Dampf haben soll.

Hoffnung auf das Barcelona-Update

Während an der Motorenfront die Renault-Ingenieure in Viry fleißig an der Weiterentwicklung arbeiten, wird im Werk von Red Bull am Chassis des RB13 Hand angelegt. Für den Großen Preis von Spanien in zwei Wochen soll es das erste große Update geben. "Hoffentlich können wir ab Barcelona etwas Fortschritte machen", klingen die Worte aus Horners Mund fast schon wie die der McLaren-Chefetage.

Vergangene Saison brachte Barcelona in der Tat die Wende für Red Bull, das 2016 bei den ersten vier Saisonrennen ebenfalls geschwächelt hatte. Verstappen stieß damals im Tausch gegen Kvyat zum Team hinzu und konnte auf sensationelle Weise gleich bei seinem ersten Auftritt triumphieren. "Barcelona ist natürlich ein sehr besonderer Kurs für mich nach letztem Jahr. Dementsprechend bin ich natürlich aufgeregt, dahin zurückzukehren", so Verstappen.

Ricciardos Aufregung für das fünfte Saisonrennen äußert sich in erster Linie in seiner Neugier auf die Weiterentwicklungen an seinem Dienstfahrzeug. "Wir wissen noch nicht, was uns das neue Paket bringen wird, bevor wir es in ein paar Wochen dann auf die Strecke bringen. Aber wir hoffen natürlich, dass Barcelona der erste Schritt sein wird, um näher zur Spitze aufzuschließen."