Galeal? Geleal? Galael? Auch egal. Nicht wenige Medienschaffende dürften sich am Dienstag schwer getan haben, den Namen des Fahrers korrekt zu buchstabieren, der soeben seine allerersten Runden im Formel-1-Auto gedreht hatte. Sean Gelael heißt der junge Mann, der bei den Testfahrten in Bahrain sein Debüt in der Königsklasse des Formelsports gegeben hat. Ein Name, den bis jetzt kaum jemand auf dem Zettel gehabt haben dürfte.

Wer ist dieser Geael, und wie schaffte er es plötzlich ins F1-Cockpit? Zugegeben, in der Szene ist er kein ganz Unbekannter. Der Indonesier startet dieses Jahr in der Formel 2, 2015 debütierte er in der damaligen GP2-Serie. Zuvor fuhr er in der Britischen der Formel 3, der Formel-3-Europameisterschaft, der Renault World Series 3.5, der Asian Le Mans Series und sogar in der Langstrecken-Weltmeisterschaft. Mit seinen erst 20 Jahren hat Gelael schon eine ganze Menge auf dem Kerbholz.

Jagonya Ayam!

Dass man den Namen bisher eher selten gehört hat, dürfte vielmehr mit seinen Ergebnissen zu tun haben. Wo Gelael in den vergangenen Jahren auch startete, überzeugen konnte er nicht wirklich. 18. bis letzte Plätze ziehen sich durch seine motorsportliche Vita. Ganz positive Ausnahme: Platz zwei beim GP2-Rennen 2016 in Österreich, einem völlig verrückten Regenchaos. Ansonsten herrscht größtenteils Ebbe in der Pokalvitrine.

Da drängt sich unweigerlich die Frage auf, wie es Geleal trotzdem bis in die GP2 und sogar direkt ins Formel-1-Auto schaffen konnte. Hier kommt ein Name ins Spiel, der zwar kurios klingen mag, Motorsport-Beobachtern aber schon einige Male aufgefallen sein dürfte: Jagonya Ayam! (Das Ausrufezeichen gehört zum Markennamen). Seit einigen Jahren ziert der geschwungene rote Schriftzug Rennautos auf aller Welt.

Im Motorsport sind die Hühner los!, Foto: Adrenal Media
Im Motorsport sind die Hühner los!, Foto: Adrenal Media

Hühnchen indonesisch

Dahinter steckt der indonesische Ableger der Fastfood-Kette Kentucky Fried Chicken. Und dahinter steckt Ricardo Gelael, Seans Vater. 1978 gründete die Gelael-Familie die PT Fast Food Indonesia und baute mit der Zeit ein Imperium auf. Ricardo Gelaels Vermögen wurde 2016 von indonesischen Medien auf rund 185 Millionen Dollar geschätzt. Geld, mit dem er seit vielen Jahren seinen Sohn und die Teams, für die er fährt, unterstützt.

Ricardo Gelael ist allerdings nicht nur Geschäftsmann, sondern ein echter Racer. Viele Jahre lang fuhr er als professioneller Rennfahrer bei einheimischen Rallyes. Sohn Sean begleitete ihn schon als kleines Kind zur Rennstrecke, fungierte später sogar als Navigator für seinen Vater bei einigen Rennen. "Ich kann mich noch dran erinnern, wie er mich neben sich setzte und mir erklärte, was er alles tun muss", erinnerte sich Sean im Indonesia Tatler an seine Kindheit. "Das wurde zu einem Teil von mir und war einer der Gründe, warum ich ihm nacheifern wollte."

Fleißaufgabe: Jagonya Ayam dreimal schnell hintereinander sagen, Foto: Volkswagen Motorsport
Fleißaufgabe: Jagonya Ayam dreimal schnell hintereinander sagen, Foto: Volkswagen Motorsport

Hühnchen überall

Sean machte seine ersten Schritte im Kartsport, stieg dann mit 16 Jahren ins Formelauto auf. Als er 2014 den Schritt in die Formel-3-Europameisterschaft machte, unterstützte Gelael Senior sein Team Carlin - Sean fuhr also für Jagonya Ayam with Carlin, gleichzeitig stieg die KFC-Franchise als Seriensponsor in die Formel 3 ein. 2015 ging Sean unter anderem für Jagonya Ayam with Carlin in der Formel Renault 3.5 an den Start, im darauffolgenden Winter für Jagonya Ayam with Eurasia in der Asian Le Mans Series.

2016 testete Sean in der GP2 zunächst für Jagonya Ayam Campos Racing, bevor der spanische Rennstall unter dem Namen Pertamina Campos Racing in die Saison ging. Pertamina, das ist übrigens eine zu 100 Prozent in indonesischem Staatsbesitz befindliche Aktiengesellschaft, die das landeseigene Erdöl- und Erdgasvorkommen fördert. Jährlicher Umsatz: rund 40 Milliarden US-Dollar. Nicht umsonst fährt Sean 2017 in der Formel 2 für das britische Traditionsteam Arden, jetzt unter dem Namen Pertamina Arden.

Nur selten stand Sean Gelael auf dem Podium, Foto: Sutton
Nur selten stand Sean Gelael auf dem Podium, Foto: Sutton

Mit Hühnchen-Millionen in die Formel 1

Angesichts solcher Summen dürfte nun klar sein, wie Sean es hauptsächlich zum Formel-1-Test bei Toro Rosso gebracht hat. Es war nicht sein letzter. Bei den kommenden Testfahrten in Ungarn und Abu Dhabi wird er erneut im Auto von Teamchef Franz Tost Platz nehmen. Nächstes Jahr vielleicht auch häufiger? Vergangenes Jahr wurde gemunkelt, dass Ricardo Gelael das insolvente Manor Racing kaufen wolle. Die Gerüchte zerschlugen sich allerdings.

Mit den Namen Gelael ist nicht nur eine Menge Geld verbunden, sondern auch eine schöne Motorsport-Geschichte. Sean ist seit vielen Jahren eng befreundet mit Antonio Giovinazzi, einem der talentiertesten Formel-Nachwuchspiloten dieser Zeit. Beim Test in Bahrain trafen sich Gelael und der Italiener nicht zum ersten Mal auf der Strecke. Tatsächlich kennen sich beide schon seit Kartzeiten, Gelael Senior unterstützt Giovinazzi seit dieser Zeit finanziell.

Freundschaft bis in die Formel 1

Deshalb ist es auch kein Zufall, dass sich die Wege der beiden jungen Fahrer immer wieder trafen. Giovinazzis Formel-Karriere begann weit entfernt von Europa. Erstmals machte er 2012 auf sich aufmerksam, als er die hierzulande eher unbekannte Formula Pilota China überlegen gewann - Sean startete für das gleiche Team in der Unterkategorie. 2013 in der Formel 3 Euroserie und der britischen Formel 3 waren sie Teamkollegen bei Double R Racing, 2014 abermals bei Jagonya Ayam with Carlin.

Während Giovinazzi 2015 Formel 3 Vize-Europameister mit Jagonya Ayam with Carlin wurde, war Gelael bereits mit Jagonya Ayam with Carlin in die GP2 und Formel Renault aufgestiegen. Doch im Gegensatz zu Sean galt Giovinazzi zu diesem Zeitpunkt als eines der größten internationalen Talente, wurde von Audi sogar als Ersatz von Timo Scheider kurzzeitig in die DTM befördert. Im Winter 2015/2016 teilten sich Gelael und Giovinazzi dann ein Cockpit in der Asian Le Mans Series - natürlich bei Jagonya Ayam with Eurasia...

2016 trennten sich die Wege der beiden Freunde - und nahmen sehr unterschiedliche Richtungen. Während Gelael die GP2-Saison als 15. beendete, wurde Giovinazzi in seinem Rookie-Jahr Vize-Champion mit Prema - mit riesigem Jagonya Ayam-Logo auf dem Auto. Der Rest ist bekannt: Dritter Fahrer für Ferrari, Ersatz von Pascal Wehrlein bei Sauber, Formel-1-Renndebüt in Australien, jetzt für Ferrari beim Bahrain-Test. Und da war plötzlich auch Kumpel Gelael wieder...