Man mag es kaum glauben, aber zum ersten Mal in dieser Saison bildet Mercedes die komplette erste Startreihe eines Rennens - und das erst im dritten Rennen. Bislang wusste sich Sebastian Vettel stets zwischen die beiden Silberpfeile zu schieben, in Bahrain aber war der Ferrari-Pilot chancenlos. Ebenfalls ein Debüt: Valtteri Bottas sicherte sich seine erste Pole in der Formel 1 und ließ seinen neuen Teamkollegen Lewis Hamilton zum ersten Mal hinter sich. Ein weiterer Schritt des Finnen, aus dem langen Schatten von Nico Rosberg zu treten.

Mit Spannung wird nun erwartet, ob er gleich den nächsten Schritt macht und es auch im Rennen direkt mit Lewis Hamilton aufnimmt. Bottas als Polesetter schnuppert an seinem ersten Sieg in der Königsklasse. Schlägt man bei Mercedes schon besorgt die Hände vor das Gesicht in böser Erinnerung an das letzte Jahr? An der Herangehensweise, beide Fahrer frei fahren zu lassen, hat sich zumindest offiziell auch mit Bottas nichts geändert.

Zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton krachte es mehrfach, Foto: Sutton
Zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton krachte es mehrfach, Foto: Sutton

Mercedes lässt die Piloten weiterhin frei fahren

"Es ist immer unsere Herangehensweise gewesen, dass beide Fahrer eine Chance auf die Fahrer-WM haben. Diese Seite haben wir immer respektiert. Das ist unser System, bis einer der Fahrer mathematisch nicht mehr in der Position ist, die Fahrer-WM zu gewinnen", stellte Toto Wolff klar. Ohnehin erübrigen sich im dritten Rennen derartige Zahlenspiele. Vielmehr geht es darum, ob es bereits in Bahrain die Fortsetzung des Blockbusters Krieg der Sterne gibt.

Bottas zog in Australien den Kürzeren und machte in China einen schweren Fehler. Entsprechend steht er im Rennen nun auch unter Zugzwang, sich von Lewis Hamilton nicht dauerhaft die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Von einer Situation Rosberg gegen Hamilton, die 2016 mehrfach in Kollisionen mündete, sei man aber ohnehin noch weit entfernt, mahnt Toto Wolff.

"Ich denke, die Situation zwischen Nico und Lewis war sehr besonders, sie verbindet eine gemeinsame Geschichte, die lange zurück geht. Da war viel Ballast, manches wissen wir, manches werden wir nie wissen. In kontroversen Zeiten wurde das sehr intensiv", blickt der Österreicher zurück.

Valtteri Bottas und Lewis Hamilton verstehen sich gut - noch, Foto: Mercedes-Benz
Valtteri Bottas und Lewis Hamilton verstehen sich gut - noch, Foto: Mercedes-Benz

Federer vs. Nadal als Vorbild

Der Umgang zwischen Hamilton und Bottas sei ein ganz anderer. "Ich sehe nicht denselben Stress in der Beziehung zwischen den beiden. Zwischen Lewis, Vettel und Valtteri sehe ich ein bisschen eine Art des Duells von Federer und Nadal, diesen Respekt vor dem Gegner", merkt er an. Die beiden Tennis-Legenden duellieren sich seit über zehn Jahren hart, aber immer mit größtem Respekt voreinander.

Dieser ist auch bei Mercedes vorhanden, Hamilton betonte mehrfach seine tolle Beziehung zum Finnen, die auch gerade für die Balance im Team sehr wichtig sei. Leichte Rede jedoch von Hamilton in Richtung eines Fahrers, der ihm bislang nicht gefährlich wurde. Auch mit Rosberg bestand zu Beginn ein freundschaftliches Verhältnis, das mit der Zeit vereiste.

Der dreimalige Champion braucht sich jedoch nicht darauf zu verlassen, dass Bottas ihm bereitwillig die Tür öffnet. "Es ist mein einziges Ziel", antwortete Bottas auf die Frage, ob er wie bei seiner letzten Pole 2011 - damals in der GP3 - einen Tag später den Sieg einfahren kann. Eine Zielsetzung, die Toto Wolff begrüßt - trotz des größeren Stressfaktors am Kommandostand. "Es ist klar, wenn man zwei Fahrer hat, die an der Spitze kämpfen, dass es stressiger ist. Aber das ist es, was die Formel 1 braucht, was man sehen will und was auch wir sehen wollen", stellt er klar.

'Racing Intent' löst 'Rules of Engagement' ab

Und so ist man schnell wieder bei den "Rules of Engagement", die Mercedes in den letzten Jahren verfasste und die den Umgang der beiden Fahrer auf der Strecke regeln sollen. Diese wurden nach dem Rosberg-Rücktritt nicht etwa in den Aktenvernichter gesteckt, sondern in die Saison 2017 übernommen.

Auf der Strecke gelten weiterhin die teaminternen Regeln, Foto: Sutton
Auf der Strecke gelten weiterhin die teaminternen Regeln, Foto: Sutton

"Wir haben uns zusammengesetzt, haben es übernommen und an Stellen angepasst, wo wir einen besseren Job hätten machen können, wie zum Beispiel in Abu Dhabi. Und wir sind mit ihnen durch das Dokument gegangen zu Beginn der Saison. Es ist also ziemlich dieselbe Vorgehensweise", berichtet Wolff. Wobei: eine Änderung habe es dann doch gegeben. "Wir haben den Namen des Dokuments geändert. Es heißt nicht mehr 'Rules of Engagement', sondern 'Racing Intent'. Das hört sich positiver an."

Durchbruch a la Häkkinen?

Bottas ist der fünfte Finne in der Formel 1, der eine Pole einsammelte. Abgesehen von Heikki Kovalainen wurden alle seine Vorgänger Siegfahrer und Weltmeister. Gerade für Mika Häkkinen, der 1997 am Nürburgring erstmals Startplatz eins erreichte, war dieser Moment der Durchbruch, es folgten zwei WM-Titel in den folgenden zwei Jahren. Wolff aber wiegelt ab und verweist auf die teaminterne Konkurrenz, die Bottas zu meistern hat.

"Sein Teamkollege und Hauptgegner morgen ist ein dreifacher Champion, der wie viele Rennen gewonnen hat? 50, 60?", so Wolff. Da könne David Coulthard - Häkkinens Teamkollege Ende der 90er - nicht mithalten. "Mit allem Respekt vor David, aber Lewis ist ein erbitterter Gegner", stellt er klar.

Diese Verbissenheit könnte der 27-Jährige im direkten Zweikampf in Bahrain erstmals spüren. Im vergangenen Jahr kollidierten Bottas - damals noch in Williams-Diensten - und Hamilton in Bahrain gleich in Kurve eins. "Ich denke, wir können hart, aber fair miteinander kämpfen und vermeiden, was vergangenes Jahr in Kurve eins passiert ist", sagte Bottas.