Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen haben seit dem Freien Training zum Bahrain GP 2017 beide einen neuen Zweit-Job. Der Deutsche mutiert in der Wüste zum Elektriker, Kimi Räikkönen darf sich neuerdings Sheriff nennen. Grund dafür sind zwei kuriose Momente, welche die Ferrari-Kollegen im Freitagstraining erleben.

Los geht es bereits am Nachmittag im FP1. Während Sebastian Vettel eine saubere Session erwischt und die ersten 90 Minuten Freies Training mit der Bestzeit beendet, steht Kimi Räikkönen nach seiner Installationsrunde erst lange Zeit in der Garage. Nur um dann - nach gerade einmal sechs Runden und ohne wirklich ernstzunehmende Zeit - mit qualmendem Heck auszurollen.

Der Iceman taut auch in der Wüste nicht auf, Foto: Sutton
Der Iceman taut auch in der Wüste nicht auf, Foto: Sutton

Motorschaden am Ferrari von Kimi Räikkönen

Ein rauchender Ferrari in Bahrain? Kein gutes Zeichen. Erst im Vorjahr war Vettel in der Einführungsrunde mit einem kapitalen Motorschaden stehengeblieben. Ähnlich ergeht es nun seinem finnischen Teamkollegen. Ferrari meldet zunächst nur einen überhitzten Turbolader als Ursache, muss dann jedoch zwischen FP1 und FP2 nicht nur den Turbo, sondern auch MGU-H und Verbrennungsmotor im Iceman-Boliden wechseln. Alles andere als ein gutes Zeichen.

Kult-Kimi: Wüstenmarsch mit Sheriff Räikkönen

Apropos Iceman. Der macht seinem Namen nach dem Defekt alle Ehre, wandert mangels Mitfahrgelegenheit in voller Rennfahrermontur querfeldein durch die Wüste. Selbst den Helm nimmt Kimi nicht ab. Erst nach langem Marsch rauscht schließlich ein Scooter heran, um den herum stapfenden Kimster von der Anstrengung zu erlösen. Kult-Potential. Die Sozialen Netzwerke laufen bereits über vor Montagen und Begeisterung.

Räikkönen dagegen ist einfach nur happy, dass er im zweiten Training - anders als Stoffel Vandoorne, der nach eigenem Defekt erst lange zusehen muss - sofort wieder loslegen kann. "Nach dem Problem im ersten Training haben die Jungs da einen sehr guten Job gemacht, das Auto rechtzeitig zum zweiten Training zu reparieren", lobt Räikkönen seine Mechaniker.

Ferrari: Hoffen, Kimis Power Unit noch zu retten

Trotzdem insgesamt ein herber Rückschlag für den Finnen, wollte Räikkönen in Bahrain doch endlich sein Setup in den Griff bekommen. In den beiden ersten Saisonläufen hatte der Iceman noch ziemlich mit der Balance seines SF70H gehadert.

Noch dazu die Sorge um die getauschten Teile. Sind alle drei für den Finnen verloren? Ferraris Technikdirektor Mattia Binotto beruhigt: "Wir hatten ein Power-Unit-Problem mit Kimi - das war ziemlich offensichtlich. Wir haben es zum Nachmittag nur als Vorsichtsmaßnahme getauscht, denn es war wichtig für uns, dass Kimi am Nachmittag ohne Probleme fahren kann." Eben um benannte Setup-Arbeit zu verrichten. "Was passiert ist, müssen wir noch genauer verstehen. Wir haben alle Teile analysiert und hoffentlich können alle Teile der Power Unit noch einmal benutzt werden, wenn wir es uns angesehen haben."

Trotz der verpassten Fahrzeit im FP1 kommt Räikkönen im FP2 aber gleich gut in Tritt, beendet die Session mit 0,168 Sekunden Rückstand auf Vettel, der erneut Bestzeit fährt, als Vierter. Vielleicht, weil Räikkönen Bahrain einfach richtig gut liegt? Acht Mal stand er dort bereits auf dem Podium. Warum das so ist? "Weiß ich doch nicht. Geh' und frag den Kurs", beantwortet Räikkönen Nachfragen ganz lässig. Für den diesjährigen GP wagt der Finne nach seinem Pannen geplagten Freitag jedoch noch keine Prognose. Dazu sei es einfach zu sehr drunter und drüber gegangen: "Es hätte echt besser laufen können ..."

Sebastian Vettel rollte in Bahrain mit Software-Problemen aus, Foto: Sutton
Sebastian Vettel rollte in Bahrain mit Software-Problemen aus, Foto: Sutton

Vettel mit doppelter Bahrain-Bestzeit und Glück im Unglück

Und Vettel? Auch der ist gut aufgelegt nach seiner doppelten Bestzeit in Bahrain. Aber noch nicht 100 Prozent zufrieden. "Heute war nicht der beste Tag für uns. Wir müssen das Auto schon noch verbessern, aber es fühlt sich gut an - auf eine Runde war es ziemlich okay - und so, als sei noch mehr drin. Unsere Aufgabe ist, das jetzt noch herauszukitzeln", sagt Vettel. "Im Longrun könnten wir aber vielleicht ein bisschen hinten dran sein. Aber wir hatten auch ein bisschen Verkehr. das war nicht ideal", ergänzt der Deutsche.

Noch dazu erwischt es im zweiten Training auch Vettel. Der Defektteufel schlägt abermals bei Ferrari zu. Kurz nach Sessionmitte rollt das rote Auto im dritten Sektor aus. An der Airbox blinkt eine Warnleuchte - ein Indiz dafür, dass der Ferrari unter Spannung stehen könnte. "Auf einmal war alles schwarz. Wir wissen noch nicht, was da genau los war: Ich denke, es war so was in der Art wie ein Kurzer - auf einmal waren die Lichter und das Auto aus", sagt Hobby-Elektriker Vettel.

Recht hat er damit: Ferrari-Technikchef Binotto bestätigte inzwischen, dass es sich um ein geringfügiges Elektronik-Problem gehandelt habe, über das Ferrari nicht allzu besorgt sei. Kurios: Ausgerechnet das Steuergerät hatte die Scuderia vor dem zweiten Training erst neu in Vettels Boliden eingebaut.

Ferrari: Zwischen Titelkampf & Medien-Boykott: (02:16 Min.)

Trotz Bestzeiten-Doppel: Vettel fordert Verbesserungen

Letztlich jedoch ohnehin halb so wild. Weil Vettel ganz am Ende der Runde ausrollt, schieben ihn ein paar mutige Streckenposten kurzerhand zurück in die Boxengasse, wenig später geht es für Vettel schon wieder weiter. "Da haben wir Glück gehabt, dass es zum Ende der Runde passiert ist und ich das Auto an die Box retten konnte", sagt Vettel. "Danach haben wir gesehen, dass es keinen Schaden gab. Glück gehabt. Ich bin sicher, dass wir es beheben können. Die Autos heute sind nicht einfach Autos, da ist auch viel Software drin. Ich denke, da lief etwas falsch."

Ganz und gar nicht falsch läuft es dagegen in Sachen Performance. Mancher Konkurrent sieht Ferrari mit seinem umfangreichen Upgrade-Paket - bestehend aus neuem Frontflügel, neuen Lufteinlässen und Änderungen am Unterboden - in Bahrain gar als haushohen Favoriten. Vettel will davon nichts wissen. "Da muss ich den Helmut (Marko; d. Red.) mal fragen, wie er zu diesem Schluss kommt", sagt Vettel. "Wir müssen uns schon noch steigern. Das Auto war noch nicht perfekt." Außerdem habe speziell Red Bull schon in der ersten Session viel stärker ausgesehen als zuletzt, meint Vettel. Die Scuderia-Euphoriebremse ist also weiter voll durchgetreten. Muss man sich 2017 bei Ferrari wohl langsam dran gewöhnen.

Bahrain 2017: Vorschau mit Ferrari: (01:30 Min.)