Wow, was für Kracher für und von Sebastian Vettel in Shanghai! Den China GP gewinnt der Australien-Sieger zwar nicht, doch erlebt der Ferrari-Star ein extrem spektakuläres Rennen mit jeder Menge Action. Spaß? "Hatte ich!", frohlockt Vettel nach Fallen der Zielflagge an nahezu jedem Mikro, das man dem Deutschen vor die Lausbub-Nase hält.

Hauptverantwortlich dafür ist jedoch ausgerechnet jener Moment, der Sebastian Vettel die Siegchance kostet. Dass am Ende Lewis Hamilton relativ souverän vor dem zweitplatzierten Vettel zum Shanghai-Sieg cruisen kann, liegt vor allem an unglaublichem Pech aufseiten Vettels gleich zu Rennbeginn: Weil sich Ferrari bereits extrem früh dazu entschließt, mit Vettel von Intermediates - das Rennen war auf leicht nasser Fahrbahn gestartet worden - auf Slicks zu wechseln, doch unmittelbar darauf ein Safety Car auf die Strecke kommt, verliert Vettel viel Zeit, fällt zurück auf Rang sechs.

"Da war ich ein bisschen verärgert als das Safety Car rauskam, um ehrlich zu sein", beschreibt Vettel seine Emotionen im Cockpit. Der verpassten Chance trauert der Ferrari-Star noch immer nach. "Das war unsere Gelegenheit! Ich hatte gerade Temperatur in den Reifen, aber konnte den Satz dann nicht wirklich nutzen, weil das Rennen eingefroren war als ich Gas geben wollte", hadert Vettel. "Danach war nicht mehr viel drin. Es war klar, dass die Luft ein bisschen raus und der Sieg weg ist. Ich denke deshalb war das heute das Optimum."

Alles in allem sei es danach jedoch noch immer ein gutes Rennen gewesen. Ein Rennen, in dem sich Vettel dank einiger starker Manöver wieder aus eigener Kraft zurück nach vorne kämpft und nach dem SC-Pech immerhin einer Strafe wegen einer unkonventionell gewählten Position in seiner Grid-Box engeht. Zunächst hängt Vettel jedoch lange im DRS-Zug hinter Daniel Ricciardo und Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen. "Da bin bin ich ein bisschen im Zug stecken geblieben. Das war etwas tricky, weil ich dachte, dass ich etwas schneller kann", berichtet Vettel. "Aber das ist schwierig mit zwei Autos. Wenn du den Bremspunkt da nicht ganz erwischst, kannst du in den Daniel crashen. Das war also keine Option."

Vettels Wheelbanging mit dem Honeybadger

Also heißt es zunächst abwarten, dass sich der Zug zumindest etwas lockert. In Runde 20 ist es soweit: Vettel sticht innen in Kurve sechs hinein, vorbei am Finnen. Nur zwei Umläufe danach ist auch der Australier fällig - und wie! Mit dem Manöver des Rennens geht Vettel an Ricciardo vorbei. Wieder sucht sich der Heppenheimer dazu Kurve sechs aus. Diesmal jedoch über die Außenbahn. "Ich wusste, ich musste da etwas riskieren", sagt Vettel. Beim Herausbeschleunigen Richtung Kurve sieben ist Vettel somit innen, doch dann passiert es: Wheelbanging mit dem Honigdachs!

"Da habe ich mich erschreckt! Ich wusste gar nicht, wo er hin will. Ist natürlich klar, dass er versucht, mich ein bisschen auf der dreckigen Spur zu halten. Aber auf einmal haben wir uns berührt und ich habe Rauch gesehen!", berichtet Vettel. Am Ende sei die Berührung der Reifen jedoch wohl eher von Vorteil für ihn gewesen. "Er hatte den besseren Ausgang, weil ich auf der etwas dreckigeren Seite war", erklärt Vettel. "Aber Grip und Traktion hatte ich auch ganz gut", ergänzt er. "Gott sei Dank ist da nicht passiert. Ich musste die Ellbogen ganz schön ausfahren; er hat mich echt eingequetscht. Aber das hat schon richtig Spaß gemacht, ein tolles Battle mit Daniel. Und es war ja wichtig, dass wir da vorbei kommen."

Vettels Hamilton-Hatz bleibt unbelohnt

Denn nun beginnt für Vettel die Aufholjagd Richtung Verstappen und Hamilton erst richtig. Der Niederländer kann sich nicht lange wehren, verbremst sich in der Spitzkehre, Vettel fährt einfach vorbei, ist wieder zurück auf P2. "Dann habe ich angefangen, Lewis zu jagen. Ich habe versucht, die Lücke zu schließen. Aber bei dem Rückstand war mir klar, dass es schwierig werden würde. Jedes Mal als ich es versucht habe hat er geantwortet. Ich denke wir lagen sehr eng zusammen. Manchmal war ich schneller, manchmal er", beschreibt Vettel.

Bis zum Rennende habe er weitergepusht. "Man weiß ja nie, ob Lewis einen Fehler macht oder Probleme mit dem Auto bekommt. Ich wollte den Druck aufrecht erhalten. Ja, hat nicht funktoniert. Trotzdem: wichtige Punkte und ein unterhaltsames Rennen. Jetzt freue ich mich auf das nächste", resümiert Vettel.

Ohne das Safety-Car-Pech hätte es sich mit dem Sieg ausgehen können, glaubt der der Deutsche "Ich dachte schon, ja. Aber von da an wäre es schon noch ein langes Rennen gewesen", sagt Vettel. Nach Bahrain reise Ferrari jetzt ohne große Erwartungen, blickt Vettel voraus - ganz der zurückhaltenden Ferrari-Linie folgend. "Aber unser Auto funktioniert. Deshalb wirds schon schiefgehen. Mercedes war heute sehr schnell, aber wir waren nicht weit weg - auf einer Strecke, die uns vielleicht auf dem Papier nicht ganz so sehr entgegen kommt", sagt Vettel. "Einmal waren wir jetzt davor, einmal dahinter. Ich versuche, die Dinge nicht zu verkomplizieren. Schauen wir einfach, was nächste Woche passiert."