McLaren Honda: Wege aus der Krise: (36:39 Min.)

Die neue Formel-1-Saison ist gerade mal ein Rennen alt, schon brennt es lichterloh bei McLaren-Honda. Unschöne Gerüchte begleiteten das Team auf der Rückreise von Australien. Fernando Alonso könnte während der Saison hinschmeißen, unkte Mark Webber. Und McLaren selbst noch 2017 zu Mercedes-Motoren zurückkehren, wurde spekuliert. Da müsste das nächste Rennen doch gerade rechtzeitig kommen, um ein wenig von den Nebenkriegsschauplätzen abzulenken, oder?

In der Woche vor dem China-Rennen wirkt McLaren alles andere als zuversichtlich. Zwar sollen neue Teile den Weg an die orangenen Autos finden, doch das Grundproblem wird damit nicht behoben: fehlende Power. In Melbourne sollen Alonso und Stoffel Vandoorne im Sparmodus gefahren sein, damit der Motor zumindest die komplette Renndistanz übersteht. Auf dem Shanghai International Circuit könnte das ganz bitter enden.

Schwächen werden noch mehr offengelegt

Grund: die längste Gerade im gesamten Rennkalender. Aus Kurve 13 heraus geht es für schier unendliche 1,17 Kilometer geradeaus, bevor die Piloten auf dem Weg in die Haarnadel auf rund 50 km/h runterbremsen. Hier sollten sich - auch dank DRS - die meisten Überholmöglichkeiten ergeben. Und mittendrin: Der McLaren-Bolide, der sowohl mit Zuverlässigkeit als auch der Leistung zu kämpfen hat.

"Die Charakteristiken des Shanghai International Circuit unterscheiden sich stark von denen in Melbourne", sagte McLarens Renndirektor Eric Boullier. "Die schnellen, langen Geraden werden die Schwächen unseres Pakets wahrscheinlich noch mehr offenlegen als es im Albert Park der Fall war." Das Team hat sich offenbar schon darauf eingestellt, dass Alonso und Vandoorne mit stumpfen Waffen kämpfen müssen.

McLaren MCL32: Technik-Check im Schnelldurchlauf (02:56 Min.)

Performance? Was für Performance?

Nicht umsonst setzte Boullier die Ziele des gebeutelten Teams vor dem China Grand Prix möglichst niedrig an: "Das Wichtigste wird es sein, Zuverlässigkeit an beiden Autos sicherzustellen. Erst dann fokussieren wir uns auf die Performance." Seit den Testfahrten hinkt McLaren der Konkurrenz hinterher, wegen der fehlenden Kilometer stehen nur begrenzt Daten zur Verfügung. Dass Honda nicht einfach die Datensätze eines anderen Kundenteams heranziehen kann, hilft ebenso wenig.

Die Freitage während der Grand-Prix-Wochenenden muss McLaren-Honda deshalb nutzen, um den Rückstand aufzuholen. Reine Performance-Arbeit scheint in diesem Moment kaum denkbar zu sein. Dabei war Alonso in Melbourne überraschend stark unterwegs, ohne Ausfall hätte er vermutlich sogar einen Punkt im Rennen mitgenommen. Wo McLaren aber steht, wenn das Auto mit voller Power fährt, weiß niemand. Boullier vor China: "Ich erwarte, dass unsere Pace im Vergleich zu unseren Rivalen nicht so unvorhersehbar sein wird wie noch in Melbourne."

Bild mit Symbolcharakter: Yusuke Hasegawa und Fernando Alonso, Foto: Sutton
Bild mit Symbolcharakter: Yusuke Hasegawa und Fernando Alonso, Foto: Sutton

Luft nach oben

Unterdessen sprach Hondas Motorenchef Yusuke Hasegawa von einer noch größeren Herausforderung beim Rennen in Shanghai. Das Ziel sei nach wie vor, bei jedem Rennen einen Fortschritt zu erzielen. Ob die direkt aufeinanderfolgenden Rennen in China und Bahrain dabei helfen? Hasegawa: "Zuletzt konnten wir gewisse Zuverlässigkeiten unserer Power Unit bestätigen. Aber wir wissen auch, dass wir in Sachen Performance noch Luft nach oben haben."

Alonso, der laut eigener Aussage keine Lust hat, nur um Punkte zu kämpfen, dämpfte die Erwartungen vor dem zweiten Rennen des Jahres. Australien sei eine Überraschung gewesen - doch am Ende hätten die Ergebnisse die Wahrheit gezeigt. "Ich hoffe, dass wir jetzt zumindest ein problemfreies Rennen haben werden", sagte der Spanier. "Dann sehen wir, wo wir stehen, wenn die Zielflagge fällt. Trotz der Übersee-Rennen zum Saisonbeginn, erwarte ich Updates bei jedem Rennen - auch in China."

Auf den neuen Teilen scheint bei den Fahrern eine gewisse Hoffnung zu beruhen. Rookie Stoffel Vandoorne schaffte es in Australien zumindest bis ins Ziel, wurde nach einem ungeplanten Boxenstopp samt Technikproblemen aber Letzter. "Man will nie Letzter werden", sagte der Belgier. "China wird jetzt ähnlich schwierig für uns. Ich weiß aber, dass wir an diesem Wochenende ein paar neue Teile haben. Wir geben Gas, um das Maximum aus diesem Paket herauszuholen."