Die Formel 1 steht kurz vor dem Start in die Saison 2017. Fans müssen sich nur noch eine Woche gedulden, bis in Melbourne das erste Rennen des Jahres stattfindet. Die Teams stehen natürlich bereits voll im Saft und haben alle Hände voll zu tun. Bei den ausgiebigen Tests in Barcelona sind die ersten Vorzeichen gemalt worden und ermöglichen Spekulationen um die Ausgangslage der neuen Autos. Aber auch abseits der Strecke sind die Teams gefordert. Ferrari war zuletzt mit den Aufhängungen der Mercedes-Fahrzeuge im Clinch. Ist das "Wunderfahrwerk" legal?

Ferrari hat bereits Anfang des Jahres bei der FIA eine Anfrage gestellt, wie es um die Legalität der Aufhängungen von Mercedes und Red Bull bestellt ist. Nachdem man beim Grand Prix von Abu Dhabi 2016 im Funkkontakt zwischen Daniel Ricciardo und dem Kommandostand von Red Bull gehört hatte, dass das Fahrwerk auf die Leistung der Aerodynamik Einfluss nimmt, kamen bei mehreren Teams Bedenken auf.

  • Ferrari sieht Aufhängung von Mercedes als nicht regelkonform an
  • Mercedes ist sich sicher, im Rahmen des Reglements zu agieren
  • Zum Start in Melbourne wird es keine Veränderung geben

Nun kam es vor dieser Saison erneut zu Diskussionen um das Fahrwerk. Vor allem Mercedes hat die technische Entwicklung des Fahrwerks vorangetrieben und könnte damit einen nicht zu vernachlässigenden Vorteil erfahren. Mercedes ist sich aber sicher, im Rahmen des Reglements zu agieren. So sagte Sportchef Toto Wolff: "Ich bin sehr zuversichtlich, weil wir wissen, was die Regeln besagen, was man tun darf und was nicht."

Bis zum Start in Melbourne wird sich vorerst nichts ändern und Mercedes sowie Red Bull gehen mit ihren Systemen ins Rennen. Aber nicht allein wegen des "Wunderfahrwerks" ist Mercedes ohnehin Favorit. Die Dominanz der letzten Jahre mit drei Weltmeistertiteln für das Formel-1-Team der Daimler AG macht den Rennstall bei Fans als auch bei Sportwettenanbietern zum ersten Anwärter auf neue Erfolge.

Dieses Kapitel ist vorerst abgeschlossen, da Ferrari bei einem Treffen der Technikchefs zu wenig Mitstreiter gefunden hat. Die FIA wird momentan keine weiteren Informationen zu dem System herausgeben und das Fahrwerk wird zu Saisonbeginn eingesetzt. "Wir haben nun einen Konsens gefunden mit der FIA, der besagt, es bei den aktuellen Regularien zu belassen und der FIA dann mehr Details zukommen zu lassen, um es zu interpretieren", sagte McLaren-Teamchef Eric Boullier und hält sich somit lieber aus der Diskussion heraus und wartet ab, was die "lauten" Konkurrenten aus Italien und Deutschland erneut für Scharmützel starten.

Was kann das System von Mercedes?

Was kann das System von Mercedes?, Foto: Sutton
Was kann das System von Mercedes?, Foto: Sutton

Im Allgemeinen handelt es sich bei der Aufhängung um eine Weiterentwicklung der FRIC-Systeme (Front-to-Rear-InterConnected). Diese Technik ermöglichte eine hydraulische Verbindung von Front und Heck, wodurch aerodynamische Vorteile erzielt werden konnten. Nach dem Grand Prix in Ungarn 2014 wurde FRIC verboten, Mercedes arbeitete daraufhin an einer ähnlichen, aber nicht verbotenen Lösung, um entsprechende Leistungsverbesserungen zu erzielen.

  • Entwicklung aus den Erkenntnissen des FRIC-Systems
  • Hub und Energiespeicherung verbessern Aerodynamik und Kurvenverhalten
  • Laut Renndirektor Whiting wahrscheinlich illegal
  • Diskussion noch nicht beendet

Verboten ist die hydraulische Verbindung von Front und Heck, die anderen Möglichkeiten wollte man sich aber nicht entgehen lassen. Vor allem eine Energiespeicherung und eine Hubfunktion, die den Bodenabstand reguliert und damit entscheidend die Aerodynamik beeinflusst, sind Kernpunkte dieser Technik.

Daher hat Ferrari eine Anfrage bei der FIA gestellt, ob ein derartiges System regelkonform ist. Anfragen bei der FIA sind nicht ungewöhnlich. Die Teams der Formel 1 nutzen diesen Weg häufig, um zu klären, ob ihre Ideen den Regeln entsprechen oder nicht. Sind die geprüften Techniken illegal, übermittelt die FIA die Ergebnisse auch an die anderen Teams, so dass diese Abstand vom Anwenden gleicher Systeme nehmen. Daher werden solche Anfragen auch dazu genutzt, um herauszufinden, ob die Technik der Konkurrenz legal ist.

Ferrari-Ingenieur Simone Resta bat die FIA zur Aufklärung, ob eine Aufhängung mit den zwei Eigenschaften von Hub und Energiespeicherung erlaubt sei. Die Aussage von Renndirektor Charly Whiting zu dieser Anfrage war eigentlich unmissverständlich: "In unseren Augen würde jede Aufhängung, die die Reaktion des Autos so verändern kann, wie sie es in Paragraph 1 (Hub) und 2 (Energiespeicherung) beschrieben haben, wahrscheinlich Artikel 3.15 des technischen Reglements der Formel 1 widersprechen."

Whitings Meinung nicht bindend

In der Formel 1 gibt es stetig neue Entwicklungen, Foto: Sutton
In der Formel 1 gibt es stetig neue Entwicklungen, Foto: Sutton

Ob diese Einschätzung allerdings auch die Technik von Mercedes sowie von Red Bull betrifft, ist nicht klar. Es scheint, als befänden sich die Teams in einer rechtlichen Grauzone. Als bindend wird die Meinung von Whiting ohnehin nicht angesehen, eher als eine Art Empfehlung. Die FIA verschärfte die Regeln allerdings.

Letztlich können die Regeln nur von den Rennkommissaren bei einem Grand Prix oder vor dem internationalen Berufungsgericht der FIA durchgesetzt werden. Ferrari hat also noch die Möglichkeit, nach dem Rennen von Melbourne Beschwerde einzulegen. Bis dahin bleibt es auch abseits der Rennstrecke spannend.

Mercedes und Red Bull haben die Möglichkeit, zum Saisonauftakt eine andere, konservativere Technik zu nutzen, um auf der sicheren Seite zu sein. Jedoch will man auf die Performance-Verbesserungen ungern verzichten. Die Teams sind sich aber sicher, dass sie wissen, was erlaubt ist und was nicht. Solche Störfeuer werden auch weiterhin über die Saison zu beobachten sein. Welche Konsequenzen daraus entstehen, wird sich noch zeigen.

Renault muss Heckflügel umbauen

Renault geht als Werksteam an den Start, Foto: Sutton
Renault geht als Werksteam an den Start, Foto: Sutton

Dass die Anfragen und Beschwerden bei der FIA auch zu Änderungen führen, hat zuletzt der Heckflügel von Renault gezeigt. Einige Teams haben Beschwerde eingelegt, weil die Heckflügelaufhängung nicht wie üblich am Hauptflügelelement ansetzt. Beim Renault RS17 sitzt die Aufhängung an dem beweglichen Teil des Heckflügels, der bei Nutzen der DRS-Funktion flachgestellt wird.

Dadurch könnte Renault den DRS-Effekt erhöhen und einen unfairen Vorteil erlangen. Die FIA hat dem französischem Rennstall mitgeteilt, dass sie die Heckflügelaufhängung bis zum Rennen in Melbourne umbauen müssten, um einer Strafe zu entgehen.

Viel Zeit bis zum Saisonstart am nächsten Wochenende bleibt ohnehin nicht mehr, der Rennkalender 2017 beginnt am 24. März. Bis dahin haben die Teams viel getestet, allen voran Mercedes und Ferrari, die in Barcelona um die 1000 Rennrunden absolviert haben. Dabei zeigte sich, dass Ferrari auch in diesem Jahr bessere Testzeiten gefahren ist als die Konkurrenz. Ohne Wunderfahrwerk. Aber offensichtlich mit einem sehr schnellem.