Die ersten beiden Trainings der neuen Formel-1-Saison waren so etwas wie Balsam auf die zuletzt geschundenen Seelen von McLaren und vor allem Honda. Zwar blieben die Probleme erneut nicht komplett aus, doch Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne gelang es immerhin, das geplante Programm abzuspulen. Dies war nach den verheerenden Testfahrten von Barcelona alles andere als absehbar. Gleich mehrere Motoren sollen im Laufe der dortigen zwei Wochen ihren Dienst quittiert haben. Was folgte war beinahe schon eine Erniedrigung für die Japaner, die sich Kritik und Spott von McLaren ausgesetzt sahen.

Nun versuchte Zak Brown, seit 2016 Executive Director des Rennstalls und damit mehr oder weniger Nachfolger von Ron Dennis, die Wogen zu glätten. Er nimmt alle Beteiligten in die Pflicht, an einer Lösung der Probleme zu arbeiten. Wenngleich die Verantwortung für die Gestaltung der Power Unit natürlich bei Honda liegt. Die Japaner entschieden sich, ein komplett neues Aggregat zu bauen, weil der Motor des Vorjahres seinen Entwicklungszenit erreicht hatte.

"Wir wussten, dass sie mit der Neugestaltung des Motors ein Risiko eingehen. Die Testfahrten waren nicht erfreulich. Wir haben sehr hart daran gearbeitet. Wenn jemand glaubt, wir wären untätig gewesen, liegt er falsch", so Brown. Er betont, dass Teamchef Eric Boullier, seines Zeichens in Barcelona einer der härtesten Kritiker Hondas, seither jede Woche im Firmensitz in Sakura weilte, um sie zu unterstützen.

McLaren nur als Werksteam

Zuletzt kamen Gerüchte auf, McLaren plane eine Rückkehr zu Mercedes-Aggregaten. Die Verpflichtung von Mika Häkkinen, der gute Kontakte nach Stuttgart pflegt, als Markenbotschafter galt als Indikator. Doch Brown wiegelt ab: McLaren sieht sich als Werksteam, nicht als Kunde. "Ich denke, man kann mit einem Kundenmotor durchaus Rennen gewinnen. Aber man kann nicht dominieren, was jedoch unser Ziel ist. Dazu muss man ein Werksteam sein. Daher war die Entscheidung, zu Honda zu gehen, die absolut richtige", stellt er klar.

Als Mercedes-Werksteam feierte McLaren die größten Erfolge der jüngeren Vergangenheit, Foto: Sutton
Als Mercedes-Werksteam feierte McLaren die größten Erfolge der jüngeren Vergangenheit, Foto: Sutton

Doch aktuell ist man sowohl von Dominanz, als auch von Rennsiegen weit entfernt. Im dritten Jahr der neu-aufgelegten Beziehung ist ein Vorstoß in vordere Gefilde nicht in Sicht. An der Motivation im Team gebe es - zumindest in Woking - keine Zweifel, wie Brown erklärt. "Ich bin glücklich, wie das Team reagiert hat. Wenn es schwierige Situationen in einem Geschäft gibt, kann es die Belegschaft beeinträchtigen. Was wir bei McLaren sehen, ist, dass sie diese Situation gemeinsam überstehen wollen, dass sie zusammenarbeiten und Courage zeigen", lobt er.

Enge Zusammenarbeit zwischen Woking und Sakura

Doch auch in Japan gab es Veränderungen, die Zusammenarbeit mit McLaren sei nun deutlich ausgeprägter. "Sie arbeiten enger mit uns zusammen, was uns auch so deutlich näher zusammengebracht hat", stellt Brown klar. Doch kann McLaren als reiner Chassis-Bauer keine technischen Kompetenzen für einen Motorenhersteller liefern. Hierfür müsste sich Honda vielleicht auch bei erfahrenen Leuten bedienen, merkt Brown an.

Bislang vertrauten sie fast ausschließlich auf einheimische und damit in der Formel 1 unerfahrene Kräfte, was sich auch in der Kommunikation nicht immer als hilfreich erwies. "Ich denke, in jedem Business ist es wichtig, relevante Erfahrungen einzubringen. Das ist ihnen mit Sicherheit auch bewusst. Wie genau das umgesetzt wird, wird die Zeit zeigen. Aber ich denke, mehr Erfahrung aus der Formel 1 könnte in der Situation helfen", spielt Brown den Ball in Richtung Sakura.

Ron Dennis versagte Honda die Belieferung eines zweiten Teams, Foto: Sutton
Ron Dennis versagte Honda die Belieferung eines zweiten Teams, Foto: Sutton

Ebenfalls hilfreich wäre natürlich, wenn McLaren es Honda gestatten würde, ein zweites Team mit Motoren auszurüsten, um mehr Daten zu sammeln. Unter Ron Dennis war dies unmöglich. Somit blieb Honda nur die Arbeit an zwei Autos, während beispielsweise Renault seit der Einführung der Power Units 2014 jährlich mindestens vier Autos belieferte. Zak Brown ist einer Ausweitung dagegen nicht abgeneigt. "Erfahrungsgemäß wäre ein zweites Team wohl besser. Ich wäre offen dafür, aber es ist nicht meine Entscheidung", erklärt Brown, der nicht wie Dennis Vorstandsvorsitzender ist, sondern sich die Leitung mit Jonathan Neale und Eric Boullier teilt.

Doch was spricht überhaupt gegen einen selbstgebauten Motor aus dem Hause McLaren? Die Firma McLaren Automotive ist bekannt für ihre Supersportwagen. Doch mit der Formel 1 habe das nichts zu tun, wiegelt Brown ab. "Wir sind Anteilseigner und arbeiten eng mit ihnen, sie haben auch ihren eigenen Motor. Aber das Formel-1-Team ist ein anderes Geschäft, hier geht es nur um Rennsport. Entsprechend gab es da keine Gespräche", stellt er klar.

Nach 2020: Brown will günstigere Motoren

Damit bleibt also nur die Hoffnung auf rasche Besserung bei Honda. Zumindest bis 2020 gilt das aktuelle Motorenreglement. Brown hofft, dass es danach vor allem eines wird: günstiger. "Ich habe keine detaillierte Vorstellung, wie viele Zylinder es werden sollen oder so etwas. Aber ich denke, aktuell ist es zu teuer. Wenn man sich die IndyCar ansieht, dort stemmt man ein Motorenprogramm für 1,2 Millionen Dollar pro Jahr", zieht er den Vergleich.

Dabei setzt er nicht unbedingt darauf, durch niedrigere Kosten mehr reinrassige Hersteller anlocken zu können. Vielmehr sollen Firmen wie Ilmor, die bekannt für ihre Motorenkunst sind, wieder ihren Platz in der Formel 1 finden. "Das würde der Formel 1 sicher helfen. Und das würde auch passieren", ist sich Brown sicher.